12.Kapitel. Nathaniels Verdacht

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Als Nathaniel am nächsten Morgen aufwachte, lag Avina noch immer auf seiner Brust. Sie schlief so friedlich und Nathaniel beobachtete sie gern dabei. Für sie musste es schön sein, wieder in einen Palast zu schlafen. Als Prinzessin war sie das schließlich gewohnt. Aber um keinen Preis der Welt, würde er lange mit ihr hier bleiben. Bei der Vorstellung, dass dieser wiederliche König versuchen würde, sie wieder für sich zu beanspruchen, würde ihm übel.
Oh nein niemals!
Und wenn er ihm höchstpersönlich die Kehle durchschneiden musste.
Das wäre natürlich die radikalste Variante. Vorerst vertraute er Williams Verhandlungsgeschick. Der König würde heute sicher nochmal alleine mit ihm reden. Dann konnte keine Selina dazwischen reden, deren Meinung ihn offensichtlich eh nicht interessierte. Aber er selbst würde sich einmischen, so sehr vertraute er William dann doch nicht.
Vorsichtig schob er Avina zur Seite, ohne sie zu wecken und schlich aus seinem Zimmer ins Wills. Im Gegensatz zu Selina verursachte er dabei nicht das kleinste Geräusch. Manchmal war es eben praktisch ein Magier zu sein.
Leise stellte er sich neben das Bett und hielt Will vorsichtshalber eine Hand vor den Mund, eh er ihn weckte. Unnötig, denn der Prinz sah ihn lediglich verschlafen an, eh seine Miene einen fragenden Ausdruck annahm.
Nathaniel legte einen Finger an seine Lippen und deutete ihm so leise zu sein. Selina lag tief und fest schlafend neben ihm, während Will sich langsam aufsetzte und Nathaniel zur Tür folgte. Erst einige Meter vom Zimmer entfernt, fragte Will:
"Was ist denn los?"
"Ganz einfach, wir sollten mit dem König reden, solange die Mädchen noch schlafen. Er interessiert sich ganz eindeutig nicht für die Meinung einer Frau und wenn die beiden mitkriegen, dass wir alleine mit ihm reden wollen, gibt es nur wieder Streit."
"Na schön, dann hoffen wir mal, dass er schon wach ist."
"Sollte er auf jeden Fall, aber bei dem bin ich mir da auch nicht so sicher."
Die beiden machten sich auf die Suche und fanden schließlich das Arbeitszimmer des Königs. Nathaniel fragte sich kurz, ob er das jemals betrat, aber es standen vier Wachen vor der Tür.
"Etwas übervorsichtig oder?", fragte Will und Nathaniel nickte, zumal es gestern vor jeder Tür, die er gesehen hatte und vor der überhaupt mal Wachen standen, nur zwei waren.
Eine der besagten Wachen kündigte sie an und die beiden traten ins Zimmer.
Der König seufzte.
"Ich dachte, wir wollten uns unterhalten, braucht Ihr Rückendeckung?"
William blieb ganz ruhig.
"Er ist mein Berater und ich kann vielleicht einen gebrauchen."
Luke gab sich damit zufrieden und Nathaniel staunte über Wills Schlagfertigkeit. Die Lüge kam so unmittelbar, dass sogar er sie geglaubt hätte.
"Also, was unser Anliegen betrifft", begann Will, "Habt Ihr heute Nacht noch einmal darüber nachgedacht? "
"Oh ja, ich habe nichts anderes getan.", antwortete der König leicht gereizt und Nathaniel fielen seine Augenringe auf.
Will schien das nicht zu bemerken und antwortete:
"Das ist erfreulich, um ehrlich zu sein, dachte ich nicht, dass Ihr euch lange damit beschäftigt."
"Ich hatte einen bleibenden Eindruck von Euren Befürchtungen am gestrigen Tag erhalten."
"Und zu welchem Entschluss seid Ihr gelangt?", fragte Will der nicht wirklich verstand, worauf der König hinaus wollte.
"Ich werde euch unterstützten."
Sowohl Will als auch Nathaniel waren davon überrascht, neigten aber den Kopf.
"Vielen Dank Euer Majestät."
"Jaja schon gut und jetzt geht. Alles weitere besprechen wir nach dem Frühstück."
Das ließen sich die beiden Männer nicht zweimal sagen und verschwanden eilig aus dem Zimmer.
Auf dem Rückweg zu ihren eigenen fragte Will:
"Was ist dem denn heute Nacht für eine Laus über die Leber gelaufen."
"Vielleicht hat er ja geträumt, dass Daron ihn abmurkst.", meinte Nathaniel und zuckte mit den Schultern.
"Eigentlich auch egal, solange er uns unterstützt.", stellte Will fest und verschwand in seinen Zimmer.
Die beiden wecken die Mädchen zum Frühstück und gingen wieder in den großen Saal. Der Tisch war bereits gedeckt und die Fünf setzten sich und auch Luke kam herrein.
Er setzte sich mit einem knappen "Guten Morgen" und begann zu essen. Die anderen taten es ihm gleich.
Nur Selina fragte irgendwann:
"Gut geschlafen?"
Und der König lächelte aufgesetzt.
"Natürlich."
Nathaniel war der vernichtende Blick, den er ihr zuerst zugeworfen hatte, nicht entgangen. Überhaupt starrte er sie die ganze Zeit an und Nathaniel beschlich die üble Ahnung, wo sich Selina letzte Nacht herumgetrieben hatte.
Er wartete, bis das Essen vorbei war und der König alle, bis auf Will, weg schickte, um in Ruhe die Einzelheiten zu besprechen. Dann folgte er Selina auf ihr Zimmer.
"Was hast du dir dabei gedacht!?", sprach er sie ohne Umschweife auf die vergangene Nacht an, doch sie leugnete einfach alles und behauptete:
"Ich weiß nicht, wovon du redest."
"Lüg mich nicht an. Du hast dich letzte Nacht aus dem Zimmer geschlichen und heute ändert der König plötzlich seine Meinung und sieht dich an wie einen Geist.
Da kann ich eins und eins zusammen zählen."
"Ja und? Vielleicht hab ich ihn ein bisschen bedroht, aber es hat doch funktioniert. Er unterstützt uns!"
"Sag mal, spinnst du?! Du bedrohst einen König in seinem eigenen Schloss. Du hast Glück, dass er dich nicht in den Kerker wirft! Wie bescheuert kann man sein?", brüllte er sie an und Selina reichte es. Die angestaute Wut auf ihn brachte sie dazu. Sie scheuerte ihm eine und Nathaniel starrte sie an.
"Das hast du jetzt nicht getan."
"Oh doch, sowas liegt in meiner Natur, schon vergessen? Ich bin doch so ein 'kampfbessener Gestaltwandler' wie du meine Art immer wieder nennst!", zischte sie aufgebracht.
Nathaniel starrte sie zuerst wütend an, doch dann seufzte er.
"Bist du immer noch deshalb sauer?"
"Natürlich."
"Du bist echt nachtragend."
"Danke, ich schreibs auf die Liste!"
Nathaniel versuchte ruhig zu bleiben. "Okay. Okay. Ich habe überreagiert. Ich war nunmal sauer und ich hatte Angst, dass ihr verletzt werdet."
Selina sah ihn skeptisch an und Nathaniel wandte den Blick ab.
"Ich lass dich dann lieber in Ruhe.", mit diesen Worten verschwand er aus dem Zimmer und lies ihr keine Chance ihn aufzuhalten.
Er ging lieber zu Avina.

Larwenia 4 - Son Of Fear And ElementsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt