8.Kapitel. noch mehr gestaltwandler

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William und Selina lösten sich nur widerwillig voneinander und Avina drängte sie zum weitergehen.
"Eigentlich sollten wir weiter und ihr wieder umkehren", meckerte Nathaniel aber daran dachten die beiden Mädchen gar nicht. Er hatte allerdings auch keine Lust weiter zu diskutieren, denn er wusste wie stur sie sein konnten, also liefen sie zusammen weiter.
Als die Sonne dann langsam unterging, wandelte sich der Wald langsam. Immer mehr Laubbäume standen zwischen den Tannen und Fichten.
Als sie an einer besonders großen Birke vorbei kamen beschloss Nathaniel:
"Wir übernachten hier."
Die anderen waren damit einverstanden und legten sich auf die Decken aus ihren Rucksäcken. Wirklich Hunger hatte keiner, weshalb es erneut nur Brot gab und alle früh schliefen. Das lag eindeutig an der Stimmung. Selina würdigte Nathaniel kaum eines Blickes. Sie konnte wirklich eingeschnappt sein.
William übernahm die erste Wache, doch als Avina am Morgen aufwachte, löschte Nathaniel gerade das Feuer. Sie stand gähnend auf und ging zu ihm hinüber.
"Kein Frühstück?"
"Nein wir müssen los. Ich will heute Abend die Stadt am Fluss erreichen und das ist noch ein ganzes Stück entfernt."
"Nagut", gab sich Avina geschlagen und weckte die anderen.
Sie packten ihre Decken wieder ein und liefen weiter.
Die Nadelbäume verschwanden nach kurzer Zeit völlig und zumindest die Stimmung von Will, Avina und Amber schien mit dem Himmel aufzuklaren. Selina und Nathaniel guckten aber immer noch wie drei Tage Regenwetter. Doch zumindest machte Nathaniel das Wetter nicht viel aus. Will hingegen öffnete sein Hemd und krempelte beide Ärmel hoch.
Sie überquerten viele Lichtungen und die Sonne strahlte gnadenlos auf sie herab. Will fühlte sich als würde sein Hirn gebraten werden. Das Schloss lag nah an den Bergen und war damit immer recht kühl. Kälte war ihm um einiges lieber als Hitze. Avina konnte ihn verstehen. Sie hatten wirklich einen der heißesten Herbsttage erwischt. Noch waren die meisten Bäume grün und dann kam es schon mal vor das der Sommer sich noch einmal blicken ließ.
Nathaniel trieb sie den ganzen Tag zum laufen an. Erst als es dämmerte und die Stadt noch nicht in Sicht war, beschloss er etwas vom Weg abzuweichen und führte sie zu einen kleinen Dorf. Es war klein, aber die gepflegten Wege und ordentlichen Holtzhütten wirkten recht einladend. Die Herberge die sie fanden war recht groß für so ein kleines Dorf, doch sie befanden sich mittlerweile an der Straße und hier kamen sicher öfter Reisende vorbei.
Der Name der Herberge lautete:
'Das Gelbe vom Ei'
Und passend dazu picken vor ihr fleißig Hühner in der Erde.
Da man diese schon von Weiten sah, bat Nathaniel die zwei Wölfinnen ihre Gestalt zu wechseln, da sie sonst wohl vor einen Wirt mitsamt Mistgabel davon laufen müssten.
Selina verschwand knurrend hinter einem der Häuser. Es missfiel ihr eindeutig einer Aufforderung von Nathaniel nachzukommen. Amber folgte ihr und zurück kam Selina gefolgt von einem jungen hübschen Mädchen mit langem braunen Haar. Ihre Augen waren genau so Golden wie als Wolf, sie funkelten fast wie zwei Bernsteine in ihrem Gesicht und Will konnte eine gewisse Zuneigung nicht verbergen. Das begeisterte Selina gar nicht. Sie schnappte ihm am Handgelenk und zog ihn mit sich in die Herberge.
"Was hat sie?", fragte Amber und Avina lächelte aufmunternd.
"Nichts, nur schlechte Laune", sie sah Nathaniel etwas vorwurfsvoll an. Dieser lediglich wies mit einen Blick jede Schuld von sich.
"Es ist wohl eher Eifersucht."
"Wieso denn das?", fragte Amber und Nathaniel schüttelte nur den Kopf. Die Gestaltwandlerin war seiner Meinung nach ziemlich naiv.
"Na kommt, folgen wir ihnen lieber." meinte Avina und ging den beiden nach. Sie fand sie an einem bereits gedeckten Tisch. Genau wie erwartet, gab es hier viele Reisende und wenig Dorfbewohner. Das war unschwer an den sehr unterschiedlichen Aussehen der Menschen und ihrer Kleidung zu erkennen. Einige mit dicken Mänteln, die offensichtlich aus den Bergen kamen. Andere in dünnen Leinenhemd und eine Frau, offenbar die Wirtin, sogar mit dunkler Haut und langem schwarzen Haar, das zu einem Zopf geflochten war. Als die drei sich zu Selina und Will setzten kam sie zu ihnen gelaufen und nahm ihre Bestellung auf. Dabei bemerkte Avina ihre Katzenartigen Pupillen. Noch ein Gestaltwandler!
Die Wirtin verschwand wieder und kehrte dann mit gebratenen Hühnchen zurück.
"Ich bin übrigens Sora."
Sie lächelte Selina und Amber an. Offensichtlich erkannten sich Gestaltwandler untereinander.
Selina lächelte zurück. Ihre Laune war nun sichtlich besser. Sie war noch nie in ihrem Leben so vielen Gestaltwandlern begegnet.
"Freut mich. Ich bin Selina."
Sie unterhielten sich eine Weile und Nathaniel ging Müdigkeit vorschützend ins Bett.
Als er am Morgen aufwachte, fand er neben sich Avina und im anderen Bett jedoch Will alleine vor.
Amber schlief in Wolfsgestalt auf den Boden, blickte ihn jedoch an, sobald er einen Fuß aus dem Bett setzte. "Schläfst du gerne so hart? Hier ist doch noch ein Bett", fragte er und sie nickte.
"Ich bin Waldboden gewohnt. Im Bett habe ich kein Auge zugetan."
Er wollte gerade fragen, wo Selina war, als das Jaulen eines Wolfes zum Fenster herein drang. Gleich darauf folgte das verängstigte Gegacker der Hühner und Nathaniel musste nicht aus dem Fenster sehen, um zu ahnen was da vor sich ging.
"Wo willst du hin?", rief Amber ihm noch hinterher als er aus der Tür stürzte, doch sie erhielt keine Antwort.
Nathaniel stampfte wütend auf den Hof, wo er Selina mit einem Huhn im Maul vorfand.
"Bist du von allen guten Geistern verlassen?!", fuhr er sie an und Selina knurrte nur verächtlich.
"Du kannst doch nicht einfach jemandes Hühner jagen und fressen!"
Als Nathaniel plötzlich eine gschwarze Katze um die Beine streifte, zuckte er zusammen.
"Schon gut, ich habe es ihr erlaubt."
Nathaniel starrte einen Moment verwirrt nach unten, denn das Tier, das ihm um die Beine gestreift war, war eine Raubkatze und keinesfalls ein Stubentieger. Ein schwarzer Gepard um genau zu sein.
Geparde waren selten. Hier gab es sie gar nicht, nur in Kastilien und ganz nah an der Grenze, auch in Xadrien. Er hatte gehört, die schwarzen Geparde waren am seltensten, doch dass es sogar einen Gestaltwandler gab, der sich in solchen verwandeln konnte, erstaunte ihn.
In nächsten Moment erwischte er sich bei dem Gedanken, was für einen Eindruck, er mit ihr in Xadrien hätte schinden können und biss sich auf die Zunge. Er hätte solche Gedanken gerne abgeschaltet. Ständig fühlte er sich schuldig, obwohl er es nie tun würde, aber er war nunmal so erzogen worden.
Amber kam in Menschengestallt aus dem Haus.
"Ach hier bist du hin."
"Ja. Er dachte, ich jage unerlaubt Hühner.", bellte Selina nachdem sie das Huhn fallen gelassen hatte und Nathaniel rollte mit den Augen. "Konnte ich doch nicht ahnen."
"Doch du wüsstest es, wenn du gestern Abend nicht abgehauen wärst."
"Ich war eben müde.", schnaubte Nathaniel und stampfte ins Haus zurück, um dem Streit aus dem Weg zu gehen.

Larwenia 4 - Son Of Fear And ElementsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt