22.Kapitel. entführt und verzweifelt

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Erst ein plötzlicher Schrei ließ ihn innehalten. Das war Avina.
Er schrie ihren Namen.
Panisch sah er sich um, doch konnte Rose und Hunter nicht mehr entdecken.
Wie vom Blitz getroffen, rannte er auf das Loch zu und sprang hindurch. Allerdings war alles was er noch sah, eine Tür die gerade ins Schloss fiel.
Nathaniel rannte hin und wollte hinaus, doch sie war verschlossen. Aufhalten konnte ihn das allerdings nicht. Mit einem Tritt riss er sie aus den Angeln und stürzte in die Nacht. Der Regen hatte aufgehört und im Schatten des Mondes, sah er Rose auf ihrem Panther sitzen, der eine weitere Person in den Klauen hielt. Hunter hingegen ritt auf dem Hisch und Nathaniel handelte ohne Rücksicht auf Verluste. Er ließ ein Gebäude einstürzen, das Hunter unter sich begrub und rannte auf sie zu. Den Schuthaufen flog er schon fast hinauf und versuchte Avina zu erwischen, doch verfehlte sie Haarscharf und landete grob auf den Stein. Er sah hinterher, bis sie in der Dunkelheit verschwand und Tränen bahnten sich einen Weg über seine Wangen. Das war alles allein seine Schuld.
Wie versteinert saß er auf dem Schutt, bis sich unter ihm plötzlich etwas regte. Da fiel ihm Hunter wieder ein und er ließ einige Steine zur Seite fliegen.
Hunter hatte noch Glück. Er lag in einen Loch gebildet von zwei Steinen die sich irgendwie verkeilt hatten. Nur ein Balken lag quer über seiner Hüfte und er konnte nicht aufstehen.
Nathaniel sprang zu ihm nach unten und riss ihm die Kapuze vom Kopf. In dem Moment wollte er seinen Augen nicht trauen.
"Chris."
Erst dann verstand er und fragte: "Wie lange?"
Der Junge grinste:
"Schon eine ganze Weile. Du bemerkst es reichlich spät. Bist wohl eingerostet. Selbst die Gestaltwandlerin hat etwas bemerkt und hat mir einen ihrer Wölfe hinterher geschickt. Einer der Dämonen hat kurzen Prozess gemacht. Ich bin enttäuscht von dir."
Nathaniel rammte sein Schwert neben seinen Kopf und sah ihn kalt an.
"Dein Geschwafel interessiert mich nicht. Wohin bringen sie Avina?"
"Na, was glaubst du?", grinste Hunter und nahm seine eigentliche Gestalt an. Seine Haare wurden dunkler und seine Gesichtszüge härter.
Soweit Nathaniel es wusste, war er der Einzige der seine Gestalt so verändern konnte.
Plötzlich wurde er von hinten angesprungen und vom Schutt des Hauses geschmissen.
Der Dämon hatte sich befreit und befreite nun auch Hunter.
Nathaniel wollte sie noch aufhalten, doch die beiden waren zu schnell. Der Hirsch rannte blitzschnell durch die leeren Straßen und folgte Rose auf dem Boden Richtung Westen.
Er ließ sich auf den Schutthaufen sinken und vergrub das Gesicht un seinen Händen. Er hatte keine Ahnung wie lange er so da saß. Die Sonne stand schon am Himmel und die Stadt erwachte langsam zum Leben. Er lief zurück zum Brunnen und wusch sich das Blut aus den Gesicht und von den Händen. Er versuchte die Blicke der Menschen, die an ihm vorbei liefen zu ignorieren. Er machte sich auf den Weg zurück ins Lager. Immer mehr Menschen starrten ihn an. Er wurde wütend. Nathaniel ließ eine Sturmböe durch die Straße wehen, die sämtliche Stadtbewohner zu Boden drückte. Er stapfte weiter auf die Stadttore zu. Niemand hielt ihn auf. Niemand wagte es. Nicht einmal die Stadtwachen.

Selina starrte auf die Zeltwand. Irgendetwas stimmte hier nicht. William war wieder eingeschlafen und bemerkte ihre Unruhe nicht, die sich langsam aber sicher immer weiter in ihrem Körper ausbreitete.
Energische Schritte waren von draußen zu hören und kamen immer näher. Als Nathaniel die Zeltplane zurückschlug, zuckte sie zusammen und starrte in seine Augen. Wut, Hass und unterdrückter Schmerz lagen in seinem Blick.
"Was ist passiert? Wo ist Avina?", fragte sie alarmiert und setzte sich auf. Sie weckte William und Raphael auf und bat den kleinen Jungen zu Flo zu gehen und mit ihm und seiner kleinen Schwester zu spielen. Wiederstandslos verließ er das Zelt.
Nathaniel hatte sich in der Zwischenzeit auf eine der Decken gesetzt und starrte nun schmerzerfüllt auf den Boden. Jetzt war sie sich sicher, dass es etwas mit Avina zu tun hatte. Nur sie schaffte es, solche Gefühlsregungen in ihm hervor zu rufen.
Als Raphael weg war, fragte auch William, was los sei.
"Avina und ich waren in der Stadt. Wir wurden von Rose und Hunter überrascht und sie haben sie mitgenommen. Ich konnte nichts tun, um sie aufzuhalten.", er wurde immer leiser, bis gerade noch ein Hauch über seine Lippen kam.
Panik machte sich in Selina breit und spürte, dass es William nicht anders ging.
"Wohin bringen sie sie?", fragte William mit rauer Stimme.
"Als Rose mit Avina weggeflogen ist, habe ich ein Haus einstürzen lassen, welches Hunter eingeklemmt hatte. Aber es war nicht Hunters Aussehen. Er hatte Christians Gestalt angenommen. Erst hat er gelallt, wie dumm ich doch bin und es nicht gemerkt hatte und selbst die Gestaltwandlerin", er sah zu Selina," bemerkt hatte, dass etwas nicht stimmt. Du hast Chris einen Wolf hinterher geschickt, um ihn zu bespitzeln."
"Ja aber den habe ich noch nicht wieder gesehen."
"Das liegt daran, dass ein Dämon ihn entdeckt und umgebracht hat."
Sie fluchte. Das durfte doch nicht wahr sein.
"Und was machen sie mit ihr?"
Nathaniel seufzte. Die tiefe Verzweiflung war schwer zu überhören.
"Sie bringen sie zu Daron. Und wenn wir Riesenpech haben, zu Jack."
"Dem Folterknecht?", fragte Selina zögerlich.
"Ja. Wenn wir Pech haben wird Jack dort sein und seinen Spaß mit ihr haben. Und wenn das vorbei ist ...", seine Stimme versagte. Die Worte standen im Raum.
Und wenn das vorbei ist, wird Avina nur noch eine leere Hülle sein. Innerlich tot.
Will stand auf.
"Wo willst du hin?", fragte sie leise.
"Ich muss raus. Mir überlegen, wie wir jetzt weitermachen."
Sie nickte. Er verließ das Zelt.
Wenig später kam Laniel herein.
"Ehm, kann mir jemand erklären was los ist? Ich bin gerade an Will vorbeigegangen und wollte ihm sagen, dass die Armee in zwei Tagen hier sein wird, aber er ist weitermarschiert, ohne irgendeine Reaktion."
Als er die Gesichter von Nathaniel und Selina sah, verstummte er.
"Was ist passiert?"
"Avina ist verschleppt worden. Von Darons Handlangern.", antwortete Selina leise. Laniel erstarrte und sah sie schockiert an.
"Ich werde Marcus Bescheid geben, damit er mit Aiden eine Nachicht an den General der Armee verschickt. Sie sollen den Pferden die Sporen geben."
Nathaniel nickte.
Und damit verschwand der Elf aus dem Zelt.
Die Stimmung war erdrückend und Selina entschuldigte sich bei Nathaniel und ging an den Waldrand. Dort verwandelte sie sich, versteckte ihre Kleidung und rief ihr Rudel zu sich. Zu ihrer Überraschung sah sie ein paar neue Wölfe in der Runde und Amber kam auf sie zu.
"Ich habe die Rudel zusammengeführt. Sie stehen jetzt allesamt unter unserem Kommando. Ich hoffe, es macht dir nichts aus.", sagte die junge Wölfin fröhlich.
Sie antwortete nicht. Luna kam auf sie zu und leckte ihr tröstlich die Schnauze. Sie wusste einfach immer, wenn etwas nicht stimmte. Sie spürte es. Aber sie war die einzige, die es sich traute, ihr so nah zu kommen. Alle anderen Wölfe hielten Abstand.
"Lass uns jagen gehen. Ich muss den Kopf frei bekommen."
"Was ist passiert?"
"Avina wurde von Darons Handlangern entführt.", wiederholte sie.
"Oh."
Mehr sagte sie nicht dazu, sondern rannte in den Wald hinein. Selina trabte hinterher und die Wölfe folgten ihnen.

Larwenia 4 - Son Of Fear And ElementsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt