10. Kapitel. Essenseinladung

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Dem König entging dieser Schutzversuch nicht.
"Habt ihr etwa den Mann eures Begehrens, dem Mann des Bündnisses vorgezogen?"
Der König wuchtete seinen fetten Körper aus dem Thron. Das Essen wurde in einem anderen Raum aufgetischt.
Er kam auf sie zu.
Nun stellte sich auch Selina neben Nathaniel um Avina vor dem König zu beschützen.
Ihr Bruder blickte sie finster an, aber sie sah ihm fest in die Augen.
Nur mit Mühe konnte sie ein Knurren unterdrücken, als er Nathaniel abwertend anstarrte. Er sollte nicht wissen, was sie war. William zog die Aufmerksamkeit des Königs wieder auf sich, indem er sich räusperte.
"Euer Hoheit, habt Ihr nicht eben etwas vom Mittagessen gesagt? Könnten wir diese unangenehme Diskussion auf den Nachmittag verlegen?"
Der König wandte sich ab.
"Natürlich. Jetzt speisen wir im großen Saal."
Der König führte sie in diesen Saal und Selina konnte nur mit Mühe, einen Würgereiz unterdrücken.
Dieser Saal war noch viel prunkvoller als alles, was sie bisher gesehen hatte. Überall verzierte Gold, silber und Mamor den Raum. Mitten im Raum stand ein sehr langer Holztisch. Auch dieser war mit Gold verziert. An der Stirnseite des Tisches stand ein Stuhl mit Silberverzierter Lehne. Aber die Krönung des Ganzen war hinter diesem Stuhl, an der Wand.
Dort war ihr Bruder aufgemalt. Riesig groß und mit einem goldenen Rahmen rundherum. Ihr wurde schlecht. Dieser Kerl war aber sehr von sich selbst überzeugt. Luke setzte sich an seinen Platz, die Stirnseite und Selina sollte rechts von ihm Platz nehmen. William setzte sich ihr gegenüber, Avina setzte sich neben ihn, also blieb Nathaniel nichts anderes übrig, als sich neben Selina zu setzten, was er auch etwas grummelnd tat.
Amber setzte sich neben Nathaniel und das Essen wurde aufgetischt.
Ein Keiler wurde auf einem Silbertablett serviert und in alle Kelche Wein eingeschenkt.
Selina roch unauffällig an dem Essen und dem Wein um sich zu vergewissern, dass er nicht vergiftet war. Sie bemerkte wie ihre Freunde sie anstarrten und sie nickte unauffällig. Daraufhin griffen sie zu und aßen, bis sie nicht mehr konnten.
Danach führten die Diener sie in ihre Zimmer und ließen sie bis zum Abendessen dort.

"Also", begann der König nach dem Abendessen und wischte sich das fettige Gesicht ab, "zu unserem Bündnis ..."
"Das Bündnis ist nicht mehr gültig, seitdem unsere Eltern getötet worden sind. Wir werden ein neues Bündnis ausmachen müssen.", sagte Will.
"Wieso wurden Eure Eltern getötet, wenn ich das fragten darf?"
"Sie wurden vom König von Xadrien umgebracht, seitdem residiert er in unserem Schloss."
"Aahh ich verstehe. Ihr wollt Euch Euer Geburtsrecht zurück ergattern und Krieg führen."
"So in etwa und dafür benötigen wir Soldaten."
"Und was bekomme ich dafür, wenn ich euch diese gebe?"
"Ein sicheres Leben. Wenn Daron uns erst ausgelöscht hat, wird er nicht lange fackeln und das nächste Land angreifen. Und dann seid Ihr sein naheliegenstes Opfer.", meinte William.
"Paperlapapp, warum sollte er mein Land angreifen, wenn es doppelt so groß ist, wie Larwenia. Dafür hat Larwenia nicht genug Soldaten."
Meine Güte war ihr Bruder dumm.
"Nein, Larwenia hat nicht genug Soldaten, aber Xadrien und nebenbei bemerkt, beschäftigt Daron noch viele Truppen von Dämonen. Er wird dich töten und Sondra übernehmen.", schaltete sich Selina ein. Ihr Bruder sah sie befremdet an.
"Seit wann kennt sich eine Frau in Sachen Politik aus?", fragte er kalt.
"Seitdem Frauen beobachten und logische Schlussfolgerungen ziehen können.", antwortete sie bissig.
Er verschluckte sich und hustete sich die Seele aus dem Leib, bevor er anfing in Gelächter auszubrechen.
Sie wollte aufspringen und ihm an die Gurgel gehen, aber irgendetwas verhinderte, dass sie aufstehen konnte. Sie drehte wütend den Kopf und sah in Nathaniels Gesicht. Der zuckte nur mit den Schultern und schien ein plötzliches Interesse an den Tischverzierungen entwickelt zu haben. William beobachtete das Ganze und beschloss, dass es das Beste war, diese Diskussion für heute zu beenden.
"Euer Hoheit?"
"Ja?", gluckste der fette König und seine Fettreifen schwabbelten auf der Tischkante auf und ab. Allein der Anblick ließ Selina würgen.
"Wir entschuldigen uns für heute und gehen nun zu Bett. Wir danken Euch für das wunderbare Essen, das ihr uns heute Mittag und jetzt gegeben habt."
"Jaja geht in eure Betten und schlaft. Bis morgen früh und dann reden wir allein."
Die fünf gingen aus dem Raum und Selina konnte ihren Ekel nicht länger verbergen, aber bevor sie anfangen konnte über ihren eigenen Bruder zu schimpfen, wurde sie von Nathaniel unterbrochen.
"Nicht hier. Nicht jetzt. Hier sind zu viele neugierige Ohren, die mehr über die Gäste erfahren möchten."
Sie nickte und sie liefen weiter, hinauf zu ihren Zimmern.
Sie traten alle in Wills Zimmer, da es das größte von allen war.
"Er ist so widerlich und ekelhaft. Avina ich bin froh, dass du abgehauen bist, wenn ich mir vorstelle, dass du diesen Typen geheiratet hättest, kommt es mir hoch.", fluchte und schimpfte sie los.
Avina lächelte sanft.
"Ich bin auch froh, weggegangen zu sein. Als ich ihn damals auf einen Ball gesehen habe, habe ich mir Gedanken gemacht, wie er hierher gekommen war. Ob er von seinen Dienern hergerollt wurde, weil jedes Pferd unter ihm zusammengebrochen ist."
Sie brachen in Gelächter aus und Avina gähnte. "Mal sehen was der morgige Tag bringen wird. Vielleicht kommt er zur Vernunft und überdenkt das alles noch einmal.", sagte sie müde.
"Lasst uns in unsere Zimmer gehen und etwas schlafen.", sagte Selina und ging aus dem Zimmer, bevor Will die Chance ergriff und sie bat, bei ihm zu schlafen. Schnell tapste sie in ihr Zimmer und schloss die Tür.

Auch am nächsten Tag brachten die Verhandlungen wenig bis gar keine Ergebnisse. William war kurz vor dem Verzweifen, da Luke sich so uneinsichtig zeigte und nicht verstand, dass es auch um sein Überleben ging. Es war als würde man gegen eine Wand reden. Selbst Lukes Berater, von denen der Großteil auf der Seite ihres Königs stand konnten ihn kaum überzeugen. Statt über den Krieg zu sprechen, wollte Luke lieber mehr über sie alle wissen. Wie Will auf seine Schwester gestoßen war. Wie Avina zu Nathaniel gekommen war.
Am Abend berichtete Will ihnen sein Leid. Er verstand einfach nicht wie diese Leute so blind sein konnten. Selina hatte sich schon gedacht, dass ihr, sie konnte esselbst noch nicht glauben, BRUDER sich so quer stelle würde, nachdem sie den ersten Eindruck über ihn gewonnen hatte. Beim Abendessen fasste sie einen Entschluss und da sie sich sowieso mit niemandem ein Zimmer teilte, würde sie auch niemand aufhalten. Will und sie waren sich darüber einig, dass sie ihre Beziehung lieber geheim halten wollten und es verdächtig gewesen wäre, sich mit ihm ein Zimmer zu teilen.

Sie wartete, bis die Nacht über sie hereinbrach und es im Schloss still wurde. Luke war bestimmt schon zu Bett gegangen und das wollte sie jetzt ausnutzen und ihm deutlich machen, wie ernst die Lage war.
Sie vergewisserte sich, dass ihr Dolch an ihrem Gürtel hing und öffnete die Tür. Vorsichtig sah sie sich um.
Niemand stand hier Wache, also schlüpfte sie aus dem Zimmer und schloss leise die Tür. Sie war froh, dass ihre Freunde nicht so ein empfindliches Gehör hatten wie sie. Amber könnte es vielleicht hören, aber Selina hoffte, dass die junge Wölfin tief und fest schlief und ihre Schritte nicht bemerkte. Sie huschte schnell und lautlos durch den Gang und die Treppen hinunter. Sie würde vom Speisesaal aus seinem Geruch folgen, der sie hoffentlich in sein Schlafzimmer führen würde. Ihr begegneten unterwegs keine Wachen, was sie misstrauisch machte. Er musste doch irgendwelche Verteidigungssysteme haben, um sich zu schützen. Es kam ihr so unreal vor, dass ein König ohne jegliche Sicherheitsmaßnamen lebte.
Im Speisesaal angekommen, schnüffelte sie und folgte seinem widerlich penetranten Geruch nach Schweiß. Er führte sie durch einen breiten Gang mit riesigen Fenstern, durch denen das Mondlicht schien. Sie lief den Gang entlang und achtete darauf, dass ihre Schritte nicht hallten. Der Geruch führte sie um die Ecke in einen weiteren Gang. Sie schrak zurück hinter die Ecke. Verdammt hoffentlich hatten sie sie nicht gesehen.
Vor einer breiten Tür, die reich verziert war, standen zwei Wachen und sie war sich sicher, dass ihr Bruder darin schlief. Jemand tippte ihr auf die Schulter und sie drehte sich erschrocken herum. Vor ihr stand Amber, die ihren Zeigefinger auf die Lippen legte. Ihre gelben Augen leuchteten selbst jetzt in der Dunkelheit. Sie ging um die Ecke herum und direkt auf die beiden Wachen zu. Diese beäugten sie misstrauisch.
"Was willst du hier?"
"Könnt ihr mir sagen, wo ich bin? Ich glaube ich habe mich verirrt. Ich wollte eigentlich in die Küche und mir noch einen kleinen Mitternachtssnack holen, aber ich glaube hier bin ich falsch." Sie kicherte unschuldig und griff sich mit einer Hand an den Hinterkopf, als könnte sie kein Wässerchen trügen.
"Du bist hier wirklich falsch."
"Könnt ihr mich zur Küche führen? Ich finde mich hier nicht zurrecht."
Sie hatte ihren Hundeblick aufgesetzt, den scheinbar jeder Wolfswandler perfekt beherrschte.
"Ich weiß nicht. Vielleicht sollte einer von uns hier bleiben."
"Oh bitte, der König läuft euch nicht davon, außerdem könntet ihr euch bestimmt noch einen Kelch Bier oder Wein abholen." Es war ein paar Augenblicke ruhig, in denen sie scheinbar überlegten, was sie nun tun sollten. Schließlich zuckten sie mit den Schultern und sagten:
"Na gut, wir bringen dich hin."
Und sie gingen. Alle beide, führten den Welpen weg und achteten keineswegs auf die Tür, hinter der ihr schlafender König lag.
Leise und schnell schlich Selina dort hinein.

Larwenia 4 - Son Of Fear And ElementsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt