23 - Beerdigung

10.7K 541 81
                                    

So, diesmal am Anfang.
Bei diesem Kapitel musste ich aus persönlichen Gründen selber heulen ohne Ende. Ich hoffe, dass es überhaupt etwas geworden ist.
Lost_hope17❤

Ich öffne die Augen und weiß, dass heute ein scheiß Tag wird.
Die letzten Tage habe ich fast nur bei meinen Eltern verbracht, um die Beerdigung zu planen.
Naja, ich saß nur dabei und habe mir vorgestellt, wie meine Oma bei uns gesessen hätte. Wie sie über die Schusseligkeit meiner Mutter gelacht hätte und wie sie uns mit irgendetwas aufgezogen hätte.
Mit Ben habe ich immer am Abend telefoniert, da er im Moment auch sehr viel mit der geplanten Tour zu tun hat. Er hat sich jedoch für heute 'frei' genommen und auch der Rest der Band meinte, dass sie vielleicht vorbei kommen würden. Das Café haben wir für heute auch geschlossen.

Als es klingelt, gehe ich hinunter, wo Ben und Sophie schon stehen und mich mitleidig ansehen.
Ben im Anzug und Sophie trägt einen schwarzen Blazer zu einer schwarzen Jeans. Ich wiederum trage ein schwarzes Spitzenkleid.
Ich nicke beiden müde zu und ziehe langsam meine Schuhe an.
Bevor ich aus der Wohnung trete, berühre ich noch einmal die goldene Halskette, die Oma immer getragen hat. Ben nimmt meine Hand, sagt aber genau wie Sophie nichts. Ich bin gefangen in meinen Gedanken.

Als wir auf dem Parkplatz zum stehen kommen, klopft mein Herz schmerzhaft gegen meine Brust. Und je näher ich dem Ganzen komme, desto schlimmer wird es. Ich will da nicht rein!

Sophie umarmt mich noch einmal und setzt sich zu Nathan. Ben und ich nehmen neben meinem Bruder platz. Ein kleiner Blick nach hinten zeigt mir dass die kleine Kapelle bis hinten gefüllt ist und auch draußen noch traurige und neugierige Menschen stehen. Alle sind in schwarz/grau gekleidet und es zerbricht mir das Herz. Wir sind alle am trauern.
Vorne steht in mitten der ganzen Blumen ein schwarzer Sarg.
Ich erinnere mich wie Oma geweint hat, als mein Opa beerdigt wurde. Als sie den Anblick des Sarges einfach nicht mehr ertragen konnte.
Mein Herz zieht sich immer schmerzhafter zusammen und mir laufen schon jetzt die Tränen über meine Wangen. Bens Hand in meiner ist nur ein kleiner Trost, der jedoch nicht die aufkommenden Gefühle zurück drängen kann. Als dann die Messe beginnt, werden sämtliche Mauern nieder gerissen. Ich fange an fürchterlich zu weinen und ich höre immer wieder meine eigenen Schluchzer. Zu meiner Linken nehme ich zitternd die Hand von meinem Bruder. Auch er ist am weinen und ich kann den Schmerz in seinen Augen sehen.

***

„Marry Summer hatte eine wundervolle Familie. Zusammen mit Freunden und Bekannten hat sie jeden noch so schweren Schritt gemeistert, weshalb wir jetzt auch alle mit ihr, ihren letzten Weg gehen sollten."
Das Lied, das wir ausgesucht hatten, setzt ein und als wir alle aufstehen, muss Ben mich halten, damit ich mein Gleichgewicht nicht verliere. Bekannte von uns gehen auf den Sarg zu, um diesen zu tragen und aus meiner Kehle dringt ein noch lauterer Schluchzer. Ich bin jedoch nicht die Einzige, denn auch Lena kann sich kaum zurückhalten. Wir gehen hinter den Männern und Oma her. Wir gehen zusammen ihren letzten Weg, denke ich mir.
Mein ganzer Körper ist am zittern und ich kralle mich in Bens Oberarm. Vor uns sehe ich das bereits geschaufelte Loch. Als wir stehen bleiben, wird der Sarg langsam an Seilen herunter gelassen. Es wird noch etwas gesagt und dann dürfen wir uns verabschieden.
Meine Eltern fangen an, werfen Rosenblätter hinunter und gehen an uns mit gesenktem Blick vorbei.
Jetzt bin ich dran. Ich nehme mir eine Handvoll Blütenblätter, lasse sie hinunter rieseln und knie mich kurz hin. Ich nehme mir das Bild aus meiner Jackentasche, schaue es noch einmal an, küsse es und lass es ebenfalls zu dem Sarg gleiten. „Grüße Opa von mir!" sage ich zitternd und mir laufen immer mehr Tränen hinunter, bis auf den Boden. Auf dem Bild war ein kleines Mädchen, das in den Armen ihrer geliebten Großeltern lag. Ich war auf dem Foto so glücklich. Und jetzt habe ich sie beide verloren. Ben hilft mir aufzustehen und dann gehen wir zusammen zurück. An den anderen Menschen, die sich von meiner Oma verabschieden wollen und wie ich, am weinen sind, vorbei. Meine Mutter fällt mir in die Arme und flüstert immer wieder, dass es Oma mit Sicherheit gefallen hätte.

Wir beeilen uns, nachdem Tom und Lena gekommen sind, ins Auto zu steigen, denn wir haben uns geeinigt schnell zu fahren, da wir die Mitleidsverkündungen nicht hören wollen. Da wir, das heißt ich, das nicht verkraftet hätten. Und sie wollen Rücksichtauf mich nehmen, obwohl ich Papa angesehen habe, dass er es auch besser findet.
***

Wir haben nach der eigentlichen Beerdigung alle näheren Freunde unserer Großmutter und natürlich die Familie zum Kaffee eingeladen.
Wir sitzen alle zusammen am Tisch. Gegenüber von Ben und mir sitzen meine Cousinen. Nicht ohne Grund, denn sie fragen ihn gerade über alles Mögliche aus. Erst habe ich hingehört und geschmunzelt, denn ich habe ihn gewarnt, doch als Louise mich anspricht, habe ich mich auf sie konzentriert. Louise war in Omas Nähclub, meine ich mich zu erinnern. „Weißt du Mila, Marry war total stolz auf dich, als sie uns von deinem Freund erzählt hat. Und er scheint wirklich ihre Ansprüche erfüllt zu haben." Ich nicke traurig, da ich mich gerade daran erinnere wie sie und Ben sich zum ersten Mal gesehen haben. Dass Oma mal wieder ihre beste Seite zu Tage gebracht hat
„Sie hat deinen Opa entsetzlich vermisst." sagt sie ebenso traurig. „Ich weiß!" mir rollt langsam eine kleine Träne herunter, als ich an die schönen Stunden mit Oma und Opa denke. Als ich noch klein war.
„Oh je. Ich wollte dich nicht zum Weinen bringen" sagt Louise geschockt. „Ach was. Hast du gar nicht!" meine ich und wische schnell die einzelne Träne weg. Ben schaut mich kurz besorgt an und nimmt meine Hand um sie wieder einmal aufmunternd zu drücken.

***

Am Abend, als alle schon weg waren, sind Ben und ich auch nach Hause. Wir machen gerade einen kleinen Spaziergang durch den Park, in der Nähe meiner Wohnung, weil ich ein wenig frische Luft notwendig hatte. „Waren meine Cousinen sehr nervig?" frage ich ihn schmunzelnd.
„Ach was!" tut er es ab „die Jungs sind manchmal viel schlimmer!" „Ach echt?" frage ich erstaunt. Er muss nur lachend nicken. Er hat seinen Arm um meine Schultern liegen und wärmt mich ein wenig.
„Ich mochte deine Oma! Auch wenn ich sie nur kurz kennenlernen durfte" spricht er plötzlich in die Stille. „Meine Oma mochte dich auch" schmunzle ich und denke an mein Versprechen, weshalb ich meine Arme um Bens Mitte schlinge. Er gibt mir einen kurzen Kuss auf den Haaransatz, ehe wir schon wieder vor meiner Haustür stehen und er sich dann mit einem langen Kuss auf dem Mund von mir verabschiedet.

Im Bett falle ich fast sofort in einen traumlosen Schlaf. Mein letzter Gedanke beinhaltet, dass Oma und Opa endlich wieder vereint und glücklich sind.

Mehr als mein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt