31 - Gut und Böse

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In drei Tagen fliege ich mit Ben und den anderen Jungs nach Brasilien. Die letze Woche war relativ unspektakulär. Nach vier Tagen im Krankenhaus durfte ich wieder nach Hause und endlich wieder etwas Vernünftiges essen. Wenn ich jetzt noch an die Mahlzeiten im Krankenhaus denke, muss ich mich schütteln. In den Tagen besuchte mich meine Familie und Ben war zu jeder erdenklichen Zeit da, nur fürs Schlafen ist er nach Hause gefahren.

Vor der Zimmertür stand entweder Jonas oder ein anderer Bodyguard, da die Presse immer wieder versuchte in mein Zimmer zu kommen. Als ich den Bericht gesehen habe, den sie einen Tag nach dem Unfall veröffentlicht haben, wurde mir kurz schwarz vor Augen. Die vielen Fotos, wie ich noch im Auto eingeklemmt saß, wie ich auf der Liege bewusstlos lag, wie Ben versucht hatte ins Krankenhaus zu kommen, einfach schrecklich. Bei meiner Entlassung, waren sogar die Fotografen am Hintereingang platziert, nur um eine neue Schlagzeile drucken zu können.

Ich bin gerade auf dem Weg vom Café nach Hause, als ich wieder eine Person bemerke, die mich verfolgt. Es ist nicht das Erste Mal, dass ich sie bemerke. Jedoch versuchen sie sich auch nicht zu verstecken. In letzter Zeit ist es mit der Presse sowieso schlimmer geworden und dann habe ich sie noch im Nacken. Sie werden auch nicht weg gehen, wenn ich ihnen genau in die Augen schaue. Sie wissen, dass ich sie bemerke und trotzdem verschwinden sie nicht. Ich habe das Gefühl, dass er es genauso will.

Ben konnte ich gut überzeugen mir keinen Personenschutz an den Hals zu hängen, denn dann würde ich doppelt verfolgt werden. Obwohl wahrscheinlich der eine dann auf der guten und der andere auf der bösen Seite stehen würde. Toll, oder? Die einen wollen deinen Schutz und die anderen deinen Tod. Fast wäre ich an meiner Haustür vorbei gelaufen, da ich so tief in Gedanken war. Das passierte mir in letzter Zeit öfters. Genauso, wie meine Schwindelanfälle.

Der Unterschied zu vor ein paar Wochen ist der, dass Sophie und Tom wussten, wie es um mich stand. Ganz genau, ich verwende mit Absicht das Präteritum, denn ich habe ihnen nicht gesagt, dass ich bevor ich kein Spenderherz habe auch nicht operiert werde.

Wie soll ich den Personen, die ich liebe, denn bitte sagen, dass ich sterben werde und das niemand etwas machen kann außer er will mir sein Herz spenden?!
Aber selbst dann würde ich lieber sterben wollen.

Schon von Weitem sticht mir der weiße Briefumschlag auf unserer Fußmatte ins Auge. Ich beschleunige meine Schritte und hebe ihn auf, wobei ich mich im Treppenhaus vorsichtig umschaue. Ich muss hörbar schlucken und schaue dann wieder auf den Brief in meine Hände. Was wird diesmal drin stehen?
Ehrlich gesagt, habe ich nicht damit gerechnet, dass es jemals wahr wird. Zum Glück ist Sophie nicht zu Hause, denn ihr würde dieser, wenn auch schlichte Brief auffallen. Das einzige, was hinaus sticht, ist mein Name. In schwarzen Druckbuchstaben steht er mittig auf dem Umschlag. Als ich ein Geräusch von unten im Eingangsbereich höre, schließe ich schnell die Wohnungstür vor mir auf, um sie mindestens genauso schnell wieder zu knallen zu lassen.
Ich rutsche mit dem Rücken an der Tür hinunter und öffne schließlich zitternd den Gegenstand, der sich plötzlich viel zu schwer in meiner Hand anfühlt. Auf dem kleinen Zettel stehen nicht mehr als zwei Wörter, dreizehn Buchstaben, fünfzehn Zeichen. Schönen Urlaub!

An sich nichts schlimmes, aber man muss die Hintergründe sehen und erkennen. Kennt ihr diese typischen Drohbriefe, die immer in Filmen auftauchen? Wörter zusammen gesetzt aus Zeitungsschnipseln. Jeder Buchstabe aus einer anderen Zeitschrift. Genau so wie dieser in meinen Händen.

Würde ich sie nicht zu gut kennen, würde ich sagen, das ist alles ein blöder Scherz. Aber ich kenne jeden einzelnen, auch wenn nur vom Sehen. Man weiß schon, wenn man sie ansieht, dass sie nicht für den Himmel bestimmt sind. Jeder einzelne wurde vom Teufel höchst persönlich geschaffen.

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