41 - Lieber Ben...

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Lieber Ben,

jetzt wird wohl der Zeitpunkt gekommen sein, an dem ich dir mein wahres Ich vorstellen muss.

Ich war enttäuscht und wütend auf dich, als ich bemerkt habe, dass du mich angelogen hast. Aber um ehrlich zu sein, war ich es die, die dich angelogen hat. Immer und immer wieder habe ich gelogen. Ich war und bin eine Lügnerin. Kaum jemand hat meine schlechte Seite gekannt. Ich wollte es dir sagen, doch ich hatte Angst vor deiner Reaktion. Angst davor, dass du mich dann anders siehst. Ich wollte nie Mitleid oder anders behandelt werden. Ich wusste schon vor unserem Urlaub, dass du mich irgendwann so sehen wirst. Mir ging es immer schlechter und schlechter und ich wollte das alles nicht mehr. Immer wieder wurden mir neue Hoffnungen gemacht und doch kam es immer aufs Gleiche hinaus. Mit achtzehn Jahren wurde bei mir ein Herzfehler entdeckt und ab da ging alles abwärts. John wurde handgreiflich, sein bester Freund rammte mir ein Messer in die Magengegend, ich erlitt immer mehr Schwächeanfälle und schließlich hat John mich betrogen. Ihm erzählte ich auch nichts, denn er hätte mich links liegen gelassen und ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch Hoffnungen, doch er hatte sich verändert. Zum Negativen. Ich habe Schluss gemacht und musste danach Monate in Angst leben, denn er hatte mir gedroht.
Doch ich lernte damit umzugehen. Lernte, wie ich mich vor anderen verstellen musste. Lernte nicht mehr ich zu sein.
Selbst meine Eltern wussten nichts. Sie haben es entweder von Tom erfahren oder sie lesen es gerade in ihrem Brief. Es hat mich unendlich viel Kraft gekostet, all die Briefe zu schreiben, doch ich wusste, dass ich nicht mehr lange zu leben habe. Ich habe den Urlaub mit dir fast als Abschied gesehen, doch es kam so einiges dazwischen. Ich merkte wie ich überall und rund um die Uhr überwacht wurde. John hatte seine Freunde auf mich angesetzt und ab da hatte ich wieder Angst. Manche von ihnen kannte ich und wusste, dass sie mir nichts tun würden. Doch bei mir unbekannten wusste ich nicht, wie ich mich am besten verhalten sollte. Ich habe damals mit gutem Grund den Personenschutz abgelehnt. Ich wusste, dass man sie bemerken würde, dass man sie überprüfen würde. Dass John davon mit bekommen würde und er hatte mir gedroht. Hatte mir gedroht, dass er all die Menschen, die ich liebe, umbringen würde. Ich hatte verdammt noch einmal Angst. In dieser Zeit ging meine Gesundheit besonders Berg ab und ich ahnte schon, was jetzt eingetreten ist. Ich dachte, wenn ich mit dir fliege, haben wir noch einmal Zeit für uns, doch auch dort wurde ich verfolgt. Sie waren immer in unserer Nähe und ich konnte mich kaum entspannen. John fing an mir Zettel zu zustecken und ich hatte keine Ahnung wie er in meine Nähe kommen konnte. Beim ersten Mal stand dort eine drei, beim zweiten Mal eine zwei und auf dem letzten eine eins. Und dann bekam ich den Anruf von Sophie. Es war ein Countdown, er hat mein Café abgefackelt und vorher wollte er sogar Sophie dort einsperren. Ich habe mir immer eingeredet, dass es mein Kampf sei, dass ich ihn selber austragen muss. Ich konnte es einfach niemandem sagen. Doch als er mir sagte, dass er eigentlich auch Sophie umbringen wollte, bemerkte ich, dass ich die Polizei einschalten musste und ich hoffe, dass wir ihn morgen oder übermorgen finden können, damit sie ihn endlich verhaften. Er gehört einfach hinter Gitter und ich habe es einfach nicht kapiert. Habe nicht kapiert, wie wertvoll das Leben ist.
Ich habe mir lange Gedanken gemacht. Wirklich, und es fällt mir so schwer es jetzt auf zu schreiben. Wenn du mich jemals, von den Geräten abhängig, vorfinden solltest, bitte ich dich, lass mich gehen. Dreißig Tage kann mein Körper selber versuchen aus diesem Zustand zu kommen, aber dann... Ich möchte, dass nach dreißig Tagen die Geräte abgestellt werden, dass ich nach dreißig Tagen von dieser Welt verschwinden kann. Es ist mein vorletzter Wunsch. Mein letzter ist speziell an dich gerichtet. Wenn die Geräte abgestellt werden sollten, wenn ich sterben sollte, sollst du mich gehen lassen. Ich möchte nicht, dass du mich vergisst, aber ich möchte, dass du glücklich bist. In deiner Gegenwart war ich immer der glücklichste Mensch. Klar auch wir hatten unsere Höhen und Tiefen und ich war damals so blöd, als ich dir nicht zu gehört habe, aber ich war so froh, als wir endlich wieder vereint waren. Ich habe mit dir meine schönste Zeit im Leben verbracht, jede einzelne Minute habe ich ausgekostet und am liebsten würde ich viel mehr davon haben wollen. Ich würde so gerne mit dir alt werden, aber ich denke, dass ich dafür nicht bestimmt bin. Ich hätte mich am liebsten von dir verabschiedet, doch dann hättest du nachgehakt und ich hätte es dir einfach nicht sagen können. Es tut mir so wahnsinnig leid. Du musst wissen, ich habe dich geliebt, mehr als mein eigenes Leben und ich werde diese Liebe, egal wie es hier ausgeht mit in mein Grab nehmen.

Und was ich dir jetzt sage, hätte ich dir auch lieber persönlich gesagt. Vielmehr hätte ich es dir gezeigt. Ich hätte dir eine Tasse gekauft. Mit der Aufschrift „Bester Papa der Welt". Ich hätte dir meinen positiven Schwangerschaftstest hineingelegt und hätte dir dann wahrscheinlich heulend erzählt, dass ich schwanger bin. Dass unser Kind in meinem Bauch aufwächst.
Doch es scheint so, als hätte mein Schicksal mal wieder andere Pläne gehabt. Ich kann es wahrscheinlich gar nicht oft genug sagen, aber es tut mir so leid, dir das alles jetzt so mitteilen zu müssen.

Ich bitte dich eins, vergiss mich nicht!

In Liebe

Deine Mila

Die letzen Zeilen, die Mila mir geschrieben hatte, lese ich immer und immer wieder. Sie hat uns allen einen Brief geschrieben und so wie sie auch gesagt hatte, scheint es ihr wirklich schwer gefallen zu sein, denn der Brief weist einzelne Tropfen auf, an denen auch die Tinte ein wenig verschmiert ist. Doch die Tropfen auf dem geschriebenen Blatt werden immer mehr, bis ich bemerke, dass ich vielleicht ihre letzten Worte an mich ruiniere, denn ich bin es der angefangen hat zu weinen.

Ich muss erst alles sacken lassen, bis mir nach und nach immer mehr Wörter in mein Bewusstsein dringen. Krank. Herzfehler. John. Verfolgt. Dreißig Tage. Schwanger.

Oh mein Gott, sie ist schwanger!
Sie kann jetzt nicht von mir verlangen, dass ich nach dreißig Tagen die Geräte abstellen lasse und damit sie und unser Kind sterben lasse. Das kann sie nicht. Ich kann das nicht! Ich sehe zu Mila, die in dem Krankenhausbett eingeschlossen von unzähligen Schläuchen liegt. Meine Mila, so komplett anders, als ich sie normalerweise kenne.

New Chapter!
Hope you enjoyed it!
❤Lost_hope17❤

Krass,krass,krass... Platz 20 in #chicklit und über 4,5 k 😍😍😍😍

Morgen kommt definitiv ein neues Kapitel, denn ich bin fast fertig mit dem nächsten*-*
Und soll ich euch mal was sagen. Es werden maximal nur noch 3 Kapitel. Sehr wahrscheinlich sogar eins weniger 😯😯😯😲
Das ist so krass!🙁😥

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