Kapitel 9

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Sicht: Legolas

Ich schien bei der Sache kein Mitspracherecht zu haben, aber mir sollte es recht sein. Es war eh unumgänglich, dass er mit kam.
«Hannon le», sagte Tark zu Beren, neigte kurz sein Haupt und ging dann zu Angola. Sie beschnupperte ihn und ließ ihn dann aufsteigen.
Ich stieg hinter Beren auf.
Da sie als erstes aufgestiegen war, nahm ich an, dass sie Hamish lenken wollte.
«Dann los.», sagte Elrohir und ritt los. Die Anderen folgten ihm, doch Beren nahm nicht die Zügel in die Hand und ließ Hamish auch nicht loslaufen.
Sie nahm meine Hände, führte sie um sich und legte sie an den Hals von Hamish. «Du führst ihn.», sagte sie und ich hörte ihr Grinsen, dann lehnte sie sich zurück. Sie kuschelte sich förmlich an mich. Ihr Kopf lag auf meiner Brust.
Sie sah mich an. Ein Lächeln zierte ihr, trotz den wilden Ausdruck in den Augen, feines Gesicht.
Ich muss unwirkürlich lächeln.
Ihres verzauberte mich. Es war so sanft. Es strahlte Ruhe und Glückseligkeit aus. Es war wunderschön.
Ich kam langsam ihrem Gesicht näher.
Ihre kleine Stupsnase, die glatten Wangen, ihre feinen, zierlichen Lippen.
Das Alles war mir früher nie richtig aufgefallen. Es war mir nie bewusst gewesen, wie schön sie war. Ich wusste nicht, wie mir das entgehen konnte.
Noch etwas näher.
Meine Lippen berührten die ihren. Ich küsste sie und sie erwiederte den Kuss.
Es war nur ein kurzer Kuss. Ein paar Sekunden, doch es waren die besten Sekunden, die ich bis jetzt in meinem Leben hatte.
Es fühlte sich fantastisch an. Ihre weichen Lippen auf meinen zu spüren war unglaublich.
Ein Gefühl, das ich noch nie gefühlt hatte, bekam ich jetzt zu spüren. Ich liebte es. Kein Gefühl konnte besser sein. Kein Gefühl intensiver. Kein Gefühl konnte sich so sehr in einem ausbreiten, wie dieses.
Ein Glücksgefühl stieg in mir hoch und breitete sich auch in meinem ganzen Körper aus. Mein Bauch fing an zu kribbeln.
Ich vergaß die Welt um mich. Ich war voll und ganz in diesem Moment. Alle Sorgen waren vergessen. Einzig allein sie war wichtig.
Nach den besten Sekunden, die ich je erlebt hatte, löste ich mich langsam. Ich wollte ihr in die Augen sehen.
Ich hatte noch den Geschmack von ihren Lippen auf meinen. Auch diesen liebte ich. Er war süß und fein, aber auch intensiv und kraftvoll.
Ihre Augen strahlten mich an. Liebevoll und sanft. Sie lächelte glückselig.

«Ihr könnt knutschen, wenn wir wieder zurück sind, aber jetzt kommt.», rief Elladan. Die Anderen hatten sich zu uns gedreht. Die meisten grinsten. Estel machte große Augen und sah uns erstaunt an. Er sah abwechselnd zu mir und Beren, dann grinste er quitschte kurz  und rief: «Beren und Leggy! Beren und Leggy!»
Beren grinste mich an. Ich war rot geworden, doch musste dann auch grinsen. «Dann mal los.», flüsterte ich, legte einen Arm um sie und küsste sie auf die Stirn.
«Was habe ich gerade eben zum Thema knutschen gesagt?», fragte Elladan grinsend. «Ja ja.», rief ich grinsend zurück und trieb Hamish an. Er galoppierte zu den Anderen, die sich auch wieder in Bewegung setzten. Als wir bei ihnen waren, ging es im Schritt weiter.
Beren hatte es sich bequem gemacht, sich an mich gekuschelt und die Augen geschlossen.
Mal wieder lagen alle Blicke auf uns, doch uns war es egal.

Wir kamen in Imladris an.
Estel sah sich entgeistert die zerstörten Gebäude an. Tränen sammelten sich in seinen Augen.
Der einzige Ort den er kannte.
Der einzige Ort, an dem er sich geborgen fühlte.
Der Ort an dem seine Familie und er lebte.
Sein Zuhause.
Dieser Ort war zerstört.
Stumm liefen Tränen an seinen Wangen hinab. Er konnte nicht begreifen, was er da sah.
Wie auch?
Er war einfach zu jung.
«Ada!», schluchzte er und vergrub sein Gesicht ind Elronds Schulter.
Dieser strich ihm sanft über den Rücken. «Alles ist gut.», sprach er sanft auf den weinenden Jungen ein. «Mach es ganz. Mach es wieder ganz.», verlangte Estel schluchzend. «Bald wird es wieder so sein, als wäre nie was gewesen. Bald ist es wieder ganz.», versprach der Lord.
«Jetzt!», schrie Estel und versuchte mit Gewalt weiter zu kommen, indem er auf Elronds Brust einschlug. Doch er bemerkte schnell, dass das überhaupt nichts brachte und hörte auf. Elrond drückte ihn nur etwas fester an sich und strich weiter über Estels kleinen Rücken. «Bald ist es wieder ganz, wie es immer war, als ob nichts gewesen wäre.», versprach Elrond wieder. «Avo nallo. (* Weine nicht)», fügte er sanft hinzu.
Während der Lord seinen Sohn beruhigte, brachten wir unsere Pferde in den Stall.
Ich stupste Beren, die noch immer an mich gelehnt auf Hamish saß, an. «Aufwachen, Schlafmütze.», flüsterte ich in ihr Ohr. Beren brummte nur und wollte sich anders hinsetzen, doch fiel vom Pferd.
Ich konnte sie noch festhalten und vor einem Aufprall bewahren.
Beren sah mich erschrocken an. Ich grinste, doch es wich kurz einem erstaunten Gesichtsausdruck.
Beren errötete.
Doch es brachte mich wieder zu grinsen. «Aufpassen, Flinc.», sagte ich mit einem tadelten Unterton.
Sie sah sich verwundert um und ich zog sie hoch.
Sie wollte was sagen, da blieb ihr Blick auf Estel liegen. «Hab ich was verpasst?», fragte sie mich leise.
«Du weist, wie er sich fühlt.», sagte ich genauso leise und nickte zum zerstörten Imladris.
Berens Blick trübte sich und sie nickte leicht.
Ich wusste an was sie dachte.
Thal.
Ihre eigentliche Heimat.
Doch die gab es nicht mehr. Sie war zerstört.
«Komm, wir bringen Hamish rein. Er hat Hunger.», sagte ich leise. Beren nickte und stieg ab. Ich tat es ihr gleich, dann führten wir Hamish in den Stall.

Die Meisten waren schon fertig.
Auch Tark, doch er stand noch an Angolas Box und kraulte sie etwas geistesabwesend.
Als wir eintraten, sah er zu uns. Besser gesagt, zu Beren.
Er kam auf uns zu. Beren lächelte. Tark auch. Ich nicht.
Ich konnte nicht verstehen, wie man die dunkle Aura, die von ihm ausging, nicht spüren konnte.
Gut, ich musste zugeben, dass die Aura nicht sehr stark war, aber sie war da.
Auch die Pferde schienen sie nicht zu spüren.
Ich sah Tark nachdenklich und misstrauisch an. Wieder fragte ich mich, was er vor hatte und ob er die Gestalt wirklich besiegt hatte, um seine eigenen Pläne umzusetzen oder ob sie gar nicht besiegt war und sie immer noch zusammen arbeiteten.
Hamish schien mein Misstrauen gegenüber dem angeblichen Waldläufer zu spüren. Er wieherte laut, scharte mit den Hufen und legte die Ohren an. Sein drohender Blick galt Tark, der erst Hamish und dann mich irritiert ansah. Hamish schwang seinen Kopf hin und her, tänzelte ganz leicht und wieherte nochmal.
Es schien, als wolle er auf Tark losgehen. Tark wich ein Schritt zurück. Beren sah Hamish verwundert an. Sie strich über seinen Hals und versuchte ihn zu beruhigen, indem sie auf ihn einredete. Ich machte nichts und auch Berens Beruhigungsversuche funktionierten nicht. Hamish schüttelte nur ihre Hand ab und wieherte nochmal.
«Was hat er?», fragte mich Beren, doch ich zuckte nur mit den Schultern.
Nun wollte Hamish wirklich auf Tark losgehen, doch Beren hielt ihn zurück. «Bring ihn in seine Box. Und pass auf, dass er Saetmadron nicht zu nah kommt.», befahl sie mir. «Gut.», war meine knappe Antwort und ich führte Hamish zu seiner Box, nicht auf Tark achtend, was Hamish nutze und nach ihm schnappte, doch Tark wich rechtzeitig zurück.
«Legolas! Du solltest doch aufpassen, dass er Saetmadron nicht zu nah kommt.», sagte Beren laut und etwas wütend und verblüfft. Ich zuckte nur mit den Schultern. «Es ist ja nichts passiert.», sagte ich mit einem gelangweilten Unterton, führte Hamish in seine Box und konnte den fragenden Blick von Beren im Rücken spüren.
Ich strich Hamish über die Stirn. Er sah mich ruhig aus seinen dunklen Augen an.
Draußen hörte ich die Beiden reden.
«Tut mir leid. Normal ist Hamish nicht so.», entschuldigte Beren das Verhalten von Hamish. «Meinst du der Elb hat es ihm eingeredet?», fragte Tark unsicher, doch ich meinte heraus zuhören, dass die Unsicherheit nur gespielt war.
«Legolas? Nein. Der tut sowas nicht.», sagte Beren sofort. Sicher hörte es sich nicht an. «Wahrscheinlich riechst du noch nach Troll und Hamich hielt dich für einen zu kurz geratenen Troll.»
Ich konnte sie grinsen hören.
Tark lachte.
Ich ballte meine Faust, sodass man das Weiß meiner Knöchel sehen konnte. Hamish stupste mich an und schnaupte sanft. Seine Nüstern waren mir so nahe, dass der warme Lufthauch mir direkt ins Gesicht wehte, ich die Augen schließen musste und ein paar Strähnen meines Haare etwas im Hauch flatterten.
Ich musste lächeln, lehnte meine Stirn an seine und streichelte sein Hals.
«Was würde ich nur ohne dich tun, Mellon nin?», fragte ich ihn. Er schnaupte sanft als Antwort.

«Du bist also Waldläufer, Saetmadron.», hörte ich dann Beren sagen. «Das bin ich. Ich bin bei ihnen aufgewachsen, warum?», fragte Tark. «Ich bin auch eine Waldläuferin und habe dich noch nie gesehen.», antwortete sie.
«Ich bin die letzten Jahre allein gewesen und habe Mordor beobachtet. Dabei sollte man nicht in großen Gruppen sein und meine Kameraden sind leider bei einem Orkangriff gestorben. Ich habe als einziger überlebt, doch wollte den Auftrag zu Ende bringen. Als ich dann fertig, besser gesagt, lange genug Mordor beobachtet hatte, wollte ich nach Bree.»
«Achso. Und auf dem Weg hast du dann Estel gerettet.», führte Beren die Geschichte, mehr war das für mich auch nicht, weiter.
«Genau. In Bree und in Brees Umgebung wollte ich ein wenig ausruhen, aber wenn Lord Elrond es erlaubt, würde ich es gerne hier machen. Dann könnte ich dich auch etwas...»
Ich trat aus der Box. Beren und Tark sahen zu mir. «Besser kennen lernen.», beendete Tark seinen Satz leise.
Ich beachtete die Beiden nicht, schloss die Boxtür und verließ dann den Stall.

Man Le? (Legolas Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt