Kapitel 27

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Sicht: Legolas

Als Estel geendet hatte, schwieg ich erstmal und dachte nach. «Es scheint wichtig zu sein. Wahrscheinlich sind sie schon weg.», überlegte ich und sah in die Ferne. «Dann müssen wir hinterher.», stieß der Junge aus und sprang auf. «Was heißt hier wir? Ich gehe alleine. Das ist gefährlich.», beschloss ich und erhob mich ebenfalls. «Dann kannst du mich aber nicht beschützen. Was soll ich machen, wenn Gûl mich findet und mich holen kommt? Lass mich mitkommen. Dan und Ro haben mich schon verlassen. Ich bin auch ganz brav.», bat Estel. Ich sah die Angst in seinen Augen und wie Tränen darin aufstiegen. Ich zögerte. Kurz hörte ich mein Unterbewusstsein. 
Hier ist es sicher! Ich darf ihn nicht zum Feind bringen!
«Legolas?», fragte Estel und sah mich besorgt an. Mein Unterbewusstsein war verstummt. Der Schatten hatte wieder die Oberhand. «Es ist nichts. Gehen wir.», antwortete ich und reichte ihm meine Hand. Estels Augen weiteten sich erstaunt, dann grinste er und freute sich auf ein Abenteuer. Ich nahm Estel hoch und sprang in den Baum und vom Baum zum Boden. Estel war ganz brav, wie er gesagt hatte. 

Im Stall musste ich erkennen, dass Hamish weg war. Wut, die nicht meine war, schwappte in mir hoch, doch ebbte gleich wieder ab. «Warum ist dein Pferd nicht da?», fragte Estel und sah sich verwundert um. «Beren wird ihn mitgenommen haben. Anor besitzt ja kein Pferd und sie dachten wohl, dass ich es heute nicht mehr brauchen würde.», erklärte ich und sah mich nach einem passendem Ersatz um. Ich wählte eine unscheinbare Stute und machte sie schnell fertig. Ich setzte Estel auf ihren Rücken und schwang mich hinter ihm drauf, dann trieb ich die Stute an.
Trotz der Tatsache, dass Estel sich eng an mich schmiegte, schien er zu frieren. Ich nahm meinen Umhang und wickelte Estel darin ein. Der Junge sah dankbar zu mir und lehnte sich dann wieder an. Er schlief schnell ein.


Gûl rief seinen Schatten und somit mich. So fand ich Gûl noch vor Anor und Beren. Das Wesen hatte ein Dorf niedergebrannt und sich mit Orks dort niedergelassen. Die Orks tummelten sich um Lagerfeuer, grölten und zogen ihre Waffen, als sie uns näher kommen sahen. Estel wachte davon auf. Er sah sich verschlafen um und zuckte zusammen, als er die Orks erblickte. Sofort krallte er sich an meinen Arm fest, den ich um ihn gelegt hatte. «Ganz ruhig.», flüsterte ich ihm zu und stieg ab und hob ihn runter. Ich stellte ihn am Boden ab und er klammerte sich sofort an mein Bein. «Wo sind Beren und Anor?», krächzte er und sah mich Angst erfüllt an. "Gib mir den Jungen, Prinzlein.", sprach Gûl mit seiner kalten Stimme. Der Befehl durchdrang mich. Ich nahm Estels Hand und ging mechanisch los. Estel sah mich entsetzt an. «Baw! (*Nein)», schrie er, wehrte sich, versuchte seine Hand aus der meinen zu befreien, doch mein Griff war zu stark.«Leggy!», schrie er mich an und ich stockte. Sein Ruf hatte mein Bewusstsein erreicht und geweckt. 
Was tat ich nur hier?
Wie konnte es so weit kommen?
Ich war verwirrt, taumelte zurück.
Nein! Gehorche mir!, Schrie etwas in mir und endlich erkannte ich den Schatten der von mir Besitz ergriffen hatte. «Baw!», knurrte ich. "Du wagst es dich zu wehren, Wicht!", kreischte Gûl außer sich. Er hob die Hand und die Orks machten sich bereit zum Angriff. Ich merkte, wie der Schatten wieder stärker wurde. Ich kniete mich zu Estel. Seine Augen waren voller Angst und kurz davor zu weinen. «Du musst zurück reiten und Hilfe holen. Halte dich gut am Pferd fest. Es kennt den Weg. Ich halte sie solange auf.», erklärte ich ihm und sah sofort, dass er widersprechen wollte. Was für ein mutiger Junge. Trotzdem kam ich ihm zuvor: «Du musst dir keine Sorgen machen. Wenn du Hilfe holst, rettest du somit uns beide, Ará. Jetzt müssen wir zusammenarbeiten. Bereit?» Estel nickte leicht. Seine Miene jedoch sagte etwas anderes. Leider fehlte uns die Zeit. Die Orks rannten auf uns zu. Ich hob Estel hoch und setzte ihn aufs Pferd. Ich versicherte mich, dass Estel sich gut festhielt, dann ließ ich es angaloppieren. Meinen Dolch ziehend, drehte ich mich um. Andere Waffen hatte ich nicht. Die Tatsache hielt mich jedoch nicht auf und ich kämpfte verbissen und tötete auch einige Orks. Wie lange ich kämpfte und wie viele ich tötete, wusste ich nicht. Auch nicht welche Verletzungen ich davon trug, denn ich kämpfte in zwei Schlachten. Und die, die meine Aufmerksamkeit auf sich zog, war die in meinem Kopf. Denn der Schatten bekämpfte mein Bewusstsein und zog mich weg von der Realität, bis ich im Dunkeln stand, ohne Körper. Ich war gefangen in meinem Unterbewusstsein. Ich hatte verloren.

Man Le? (Legolas Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt