Kapitel 22

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Sicht: Legolas

Mein Blick war starr auf Lord Elrond. Sekunden vergingen und wurden zu Minuten. Niemand rührte sich und der Lord erwiderte meinen Blick streng und entschlossen. Erst im Nachhinein erfuhr ich, dass ich meine Faust geballt hatte und mein Blick voller Hass war. Was ich nicht wusste, zumindest nicht in diesem Moment, dass der Schatten auf mir sehr deutlich zu erkennen war und sogar das Licht dimmte. Ich bekam nicht mit, wie Beren nach Anors Hand gegriffen hatte und er sich schützend vor sie stellte. Das einzige was ich mitbekam war, dass ich auf Lord Elrond losgehen wollte, auf ihn einschlagen wollte. Ich wollte zerstören, doch irgendwas hinderte mich daran und so senkte ich den Blick und fügte mich dem Lord. Die Dunkelheit schwand jedoch nicht.
Ich setzte mich auf das Bett. Beren und Tark, Anor, wie ihn die anderen nannten, saßen mir gegenüber. Lord Elrond schloss die Tür, nahm sich einen Stuhl und setzte sich. Ich war auf seiner rechten Seite und die beiden Menschen auf seiner linken. Langsam sah er uns drei an und musterte unsere Gesichtszüge. Erst nach kurzer Zeit fing er an zu sprechen: «Legolas, du hast guten Grund wütend zu sein, aber höre dir Anors Geschichte an. Sie hat nicht mit Berens Beziehung zu tun, doch sie sollen deine Vorurteile gegen ihn vernichten.»
Der Lord sprach langsam und bedacht. Ganz leicht nickte ich, ohne ihn anzusehen, denn mein Blick lag finster auf Tark. «Also Anor, bitte erzählen Legolas deine Geschichte. Legolas, hör einfach nur zu.», sagte Lord Elrond streng. Er schien die Geschichte schon zu kennen und mehr zu wissen, als ich es tat, doch mir war es egal... Oder besser gesagt, die Dunkelheit ließ es mir egal sein. Da ich nicht widersprach, fing Anor an zu erzählen und ich erfuhr von seinen Namen, die er im Laufe der Zeit bekommen hatte. Giliath von seinem Vater, Tark von Gûl, Saetmadron von sich selbst und dann Anor von Beren. Ich erfuhr von seinem Leben bei den Dunedain, bei Gûl, Saruman und bei den Ents. Von seinem Hass und seiner Reue. Doch nichts... Nichts von dem Gesagten vermochte die Dunkelheit in und auf mir vertreiben. Lügner, schrie sie in mir.
Verräter! Spion! Feind!
Die dröhnende Stimme der Dunkelheit in meinem Kopf lähmte meine anderen Gedanken und so hielt ich die Dunkelheit für meine Gedanken. Ich hinterfragte keinen einzigen der Gedanken.
Anor endete mit seiner Lebensgeschichte und ich wollte schon den Mund öffnen, um was zu sagen, doch der Lord kam mir zuvor: «Halte ein Legolas. Bevor du auch mir eine Beschuldigung der Lüge aussprichst, höre mir zu.» Ich schloss meinen Mund und presste die Lippen zusammen, doch gab kein Wiederwort. Lord Elrond sah mich durchdringend an und konnte scheinbar Ahnen, was in mir los war.
«Als mir die Geschichte von Anor erzählt wurde, tat ich sie zwar nicht sofort als Lüge ab, doch ich ließ sie überprüfen. Aus Gründen, die du kennst, habe ich guten Kontakt zu den Dunedain und konnte mich erkundigen. Anor ist ein Dùnedan und hat diese Verraten...», sprach der Lord, doch ich unterbrach ich schnell, «Also habe ich Recht! Die Dunedain beweisen mit ihrer Aussage meine angeblichen Vorwürfe.» Ich war aufgesprungen und sah nun vorwurfsvoll zum Lord. «Warum glaubt ihr mir dann immer noch nicht, Elrond?», fragte ich ihn zornig und ließ allen Respekt fahren. Ich hätte mich eigentlich nie getraut den Lord in so einer Situation ohne seinen Titel anzusprechen und den nötigen Respekt. «Legolas! Setz dich wieder hin, ich war noch nicht fertig.», befahl der Elebenlord streng. Mein Blick wurde kalt und gefühllos, doch ich folgte seinem Befehl und sah wieder zu dem Mann, an Berens Seite.
Anor... Ein anderer Name, aber kein anderer Mensch, sprach die Dunkelheit in mir. Anor hatte einen Arm um Beren gelegt. Sie sah zu Boden, nur kurz trafen sich unsere Blicke und ich sah Enttäuschung, Verwirrung und Trauer in ihm. Sofort wich sie meinem kalten Blick aus und griff nach Anors anderer Hand.
Ich kann nicht sagen, was ich in dem Moment gefühlt hatte...
«Glorfindel hat nochmal die Trollhöhlen untersucht. Die Höhle, in der Estel gefangen war ist von Trümmern versperrt.», sprach der Lord weiter, doch ich ließ ihn wieder nicht ausreden: «Das ist doch kein Beweis!» Diesmal blieb ich sitzen und stieß meine Worte nur zornig aus. «Legolas!», herrschte mich der Lord nun an, «Lass mich ausreden und benimm dich nicht, wie ein Elbling!» Der Lord war sauer. Natürlich behielt er Anstand, doch sein Tonfall mir gegenüber was schärfer als vorher. «Glorfindel ließ die Trümmer wegräumen und fand einen Leichnam. Der Leichnam sah aus, deine Beschreibung von Gûl.», sprach Lord Elrond nun zu Ende. Mein Blick lag starr auf ihm.
Langsam begann mein Unterbewusstsein, mein unbeeinflusstes Unterbewusstsein wieder nach vorne zu dringen.
Er sagt die Wahrheit... Die Wahrheit..., Schrie ee in mir. Mein Unterbewusstsein begann gegen die Schatten zu kämpfen.
Nein, er lügt. Alle... Sie wurden schon von Anor verführt. Anor ist der Feind, der Auslöser. Wir müssen ihn töten! Ihn vernichten! Wir müssen alle aus seinen Fängen retten!, flüsterte der Schatten eindringlich.
Wahrheit... Vertrauen..., Versuchte mein Unterbewusstsein sich Gehör von meinem Verstand zu beschaffen, Du musst ihnen Vertrauen. Den Elben von Imladris, Lord Elrond und Beren. Vertrau Beren.
Mein Blick wanderte zu Beren. Langsam... Alles schien sich, wie in Zeitlupe zu bewegen.
Nein!, brüllte der Schatten, Sie ist eine Verätterin, Betrügerin! Sie hat dir die Liebe versprochen und es sofort gebrochen!

Ich nahm wahr, wie irgendwas gesagt wurde und jemand meine Schulter berührte. Mein Kopf schmerzte schrecklich, durch den Kampf der Dunkelheit gegen mein Unterbewusstsein.
Viele Stimmen, viele Worte, viele Laute waren in meinem Kopf und schienen gegeneinander zu kämpfen. Die Dunkelheit, der Schatten, er kämpfte aktiv gegen mein Unterbewusstsein, welches versuchte ihn zu vertreiben und dann war da noch meine Umgebung. So viele Stimmen, die nicht nur in meinem Kopf waren ließen ihn dröhnen.
Ich krümmte mich unter den Schmerzen und schrie gepeinigt auf. Mit meinen Händen drückte ich auf meine Ohren. Ich wollte die Stimmen nicht mehr hören. Ich wollte dass der Schmerz verging und plötzlich war es...
Still...
Mein Blick wanderte nach oben und ich löste meine Hände von meinen Ohren. Vor mir standen der Lord, Anor und Beren, welche mich besorgt ansahen. «Leggy, was ist?», fragte Beren besorgt. Ich schwieg und stand langsam auf. Der Lord wollte mich stützen, doch ich wehrte seine Hilfe ab. Eine ganze Weile stand ich reglos da, dann wanderte mein Blick zu Anor. «Ich verstehe deine Wut und werde dir verzeihen, wenn du mir glauben kannst.», sagte er lächelnd und hielt mir seine Hand hin. Mein Blick wanderte zu ihr.
Meine Hand ergriff die seine und ich zog ihn zu mir. Im selben Moment zog meine andere Hand ihr mein Schwert.
Beren griff sofort ein. Sie stieß mich weg, entwaffnet mich und drückte mich zu Boden. Ich schrie auf. Der Schmerz in meinem Kopf war wieder da und die Stille verschwunden. Mein Verstand setzte aus und ich verlor das Bewusstsein.

Man Le? (Legolas Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt