Kapitel 10

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Sicht: Legolas

Da mich wieder der Husten befallen hatte, ging ich zu den Heilerräumen und holte mir die Medizin.
Eigentlich wollte ich endlich beim Aufbauen helfen, doch ein Heiler, der wusste was ich hatte, hielt mich davon ab und meinte ich solle mich schonen.
Ich seufzte und lief durch die Gänge. Ein eiliger Diener, der voll beladen mit Speisen und Getränke war, lief mir entgegen, doch stolperte und fiel. Zwei Karaffen aus Glas flogen ihm aus der Hand.
Ich schnellte nach vorne und fing die Karaffen, dann schnappte ich nach der Tunika des Dieners und konnte so seinen Fall stoppen, kurz bevor er den Boden berührte.
Ich stellte die Karaffen ab und half ihn hoch. Der Schock stand ihm noch ins Gesicht geschrieben. «H Hannon le.», stotterte er. Ich lächelte und nahm die Karaffen wieder. «Nichts zu danken. Soll ich euch helfen?», fragte ich.
Der Diener sah mich überrascht an. Wahrscheinlich verwunderte es ihn, dass ich, der Prinz des Waldlandreiches und Sohn Thranduils, einem einfachen Diener beim Tragen helfen wollte.
Viele, besser gesagt, alle, die mich nicht kannten, aber meinen Vater oder zumindest von meinem Vater gehört hatten und das waren natürlich so ziemlich alle, dachten, dass ich so sei wie er.
Dieser Gedanke trübte mein Gemüt.
Mein Vater.
Er tauchte überall in meinem Leben auf, bewusst, gewollt, unbewusst und ungewollt.
Und er veränderte es.
Ob er mein Leben leichter oder schwerer machte, darüber ließ sich streiten.
«Ihr müsst nicht. Das ist doch keine Aufgabe für einen Prinzen.», sagte der Diener schnell und stotterte leicht. Ich lächelte leicht. «Das ist doch nebensächlich. Ich kann keine sehr anstrengende Arbeit übernehmen, da ich noch genesen muss, aber ich kann euch ein wenig zur Hand gehen, dann seid ihr schneller.», sagte ich und nahm dem Diener ein paar Sachen aus der Hand. «Hannon le.», sagte er noch etwas ungläubig, dann lief er los und ich lief neben ihm.
Wir gingen zu den Arbeitern und brachten ihnen die Speisen und Getränke. Die meisten waren in Gruppen, aber manche arbeiteten auch alleine. Es waren Krieger, Diener, Berater. Einfach alle packten mit an. Eigentlich wollte ich mir anpacken, da fiel mir auf, dass ich das schon tat. Die Arbeiter brauchten Speisen und Getränke, ohne den Dienern, die herum gingen und die Sachen verteilten und mich, der half, müssten sich die Arbeiter die Sachen selbst holen und das würde den Neuaufbau stark in die Länge ziehen.
Alle freuten sich, als wir ihnen die Sachen brachten, trotzdem wurden mir verwunderte Blicke zugeworfen.
Man sieht auch selten einen Prinzen, der Laufbursche spielt.
Manchmal wurden wir, besser gesagt der Diener, in kurze Gespräche verwickelt, doch dann mussten wir auch weiter.

Es wurde langsam Abend.
Wir liefen immer noch umher. Schon paar mal mussten wir neue Speisen und Getränke aus der Küche, die auch in Dauer Betrieb war, holen.
Abends brachte wir auch den Heiler und ihren Patienten ihr Abendmahl.
«Ach, was mir ganz entfallen war, mein Name ist Tendir.», sagte der Diener und neigte sein Haupt. Ich tat es ihm gleich und sagte: "Freut mich euch kennen zu lernen, Tendir. Meine Name ist, wie ihr sicher wisst, Lego...», bevor ich aussprechen konnte, musste ich husten. «...las», beendete ich dann hustend meinen Satz. «Gehts euch gut?», fragte Tendir. Ich nickte und meinte: «Ich muss nur meine Medizin wieder nehmen.» Diesmal nickte Tendir. «Dann mach ich die Runde alleine fertig, danach ist mein Dienst für heute sowieso zu Ende.», sagte er, doch ich schüttelte den Kopf. «Die Runde mach ich mit fertig, ist ja nicht mehr lange.», sagte ich bestimmt und lief weiter. Durch meinen Husten waren wir stehen geblieben.
Tendir zögerte erst doch eilte mir dann nach. «Es ist eure Entscheidung, aber darf ich fragen, warum ihr Husten habt?», fragte er, als er neben mir lief. Ich nickte. Ich würde es auch interessant finden, man sieht ja nicht so häufig einen Elben mit Husten, da wir uns keine Krankheiten einfangen, außer vielleicht Wundfieber, aber das zählt nicht.
Krank war ich eigentlich auch nicht.
«Beim Angriff der Orks wurde ich, durch herunter fallende Trümmer in meinem Zimmer eingesperrt. Der Rauch konnte rein, aber nicht raus, sodurch habe ich sehr viel Rauch eingeatmet, bis ich es schaffte mich zu befreien.», erklärte ich und Tendir nickte. «Deswegen konntet ihr Estel nicht retten, weil ihr nicht mehr so gut atmen konntet, oder?», stellte er dann fest. Ich nickte leicht. «Zum Glück war dieser Sae... Ehm... Saetmadron! Zum Glück war der zufällig im Wald.», meinte der Diener erfreut. Meine Miene verfinsterte sich ungewollt bei der Erwähnung von diesem Tark.
Tendir sah mich überrascht an. «Ist was? Hab ich was falsches gesagt?», fragte er verwirrt. «Nein, nein.», sagte ich kopfschüttelnd, «Ich habe nur... Nur an was anderes, was nicht sehr schönes gedacht.» Tendir nickte leicht. Ich merkte, dass er mit der Antwort nicht zufrieden war, aber nicht er sagte nichts weiter.
Wir gingen schweigend weiter.

«Was sehen wir denn da?», hörten wir zwei laute und uns bekannte Stimmen hinter uns.
Wir drehten uns um.
Elladan und Elrohir kamen feixend auf uns zu. Ihre Blicke waren im speziellen auf mich gerichtet.
Ich seufzte leise.
«Der edle Prinz des Waldlandreiches spielt Laufbursche.», sagte Elrohir überheblich und grinste. Beide grinsten und feixten mich an.
Tendir machte eine Schritt zur Seite. Er wollte damit nichts zu tun zu haben.
«Wenn dein Vater das erfährt.», meinte Elladan und schüttelte mit gespielter Enttäuschung seinen Kopf, «Dein Vater wird enttäuscht sein.»
«Genau. Du wirst nicht mehr unters Volk treten können.», stimmte ihm Elrohir zu. Ich seufzte. «Komm Tendir, wir haben besseres zu tun.», sagte ich zu Tendir, drehte mich um und ging. Tendir folgte mir. Er grinste leicht. Wir vier wussten, dass nichts davon ernst gemeint war und ich nahm es ihnen auch nicht übel.
Die Zwillinge kamen uns nach. Elrohir quetschte sich zwischen Tendir und mich und Elladan lief auf der anderen Seite von mir. «Ach stimmt, ihr müsst ja arbeiten. Lasst euch nicht von uns stören.», meinten Beide und kamen mir sehr nahe. Unsere Schultern berührten sich und sie quetschten mich etwas ein.
Ich sah zu Tendir. Er sah zu mir. Ich zwinkerte leicht und er nickte.
In der nächsten Sekunde drehten wir uns schnell und synchron zu je einem Zwilling.
Tendir zu Elrohir und ich zu Elladan.
Wir drückten dem uns gegenüber stehenden Zwillinge gleichzeitig die Sachen in die Hand und sagten: «Helft doch mal.»
Wir grinsten die Zwillinge an. Sie sahen uns perplex an und rührten sich nicht, aber hielten die Sachen in ihren Händen.
So ließen wir sie stehen.
Tendir und ich entfernten uns immer weiter, bis die Zwilling sich endlich gefangen hatten und sich zu uns drehten.
«Hey!», riefen sie.
«Renn.», murmelte ich Tendir zu, welcher nickte und wir verschwanden rennend hinter einer Ecke.
Eine Weile rannten uns die Zwillinge nach und riefen: «Bleibt stehen!» Die Elben die durch die Gänge liefen sahen Tendir und mich verwirrt an, doch als ich mal nach hinten sah, konnte ich sehen, wie sich ihr verwirrter Gesichtsausdruck zu einem wissenden verwandelte, als sie die Zwillinge hinter uns her rennen sahen. Sie schafften es nicht uns einzuholen, da sie vollbeladen waren, also gaben es dann auf. «Das wird Folgen haben!», riefen sie uns nach, drehten sich um und gingen dann.
Wir blieben vor dem Garten stehen und sahen uns grinsend an.
Stille.
Dann mussten wir lachen.
«Das haben sie verdient.», sagte Tendir dann. Ich nickte. «Das haben sie, aber seid auf der Hut, ihre Drohung war keine leere.», sagte ich. «Ihr sprecht aus Erfahrung.», stellte Tendir fest. «Ihr habt doch bestimmt auch Erfahrung oder habt viel von deren Streichen gehört.», meinte ich. Der Diener nickte bestätigend. «Sehr viel.», sagte er grinsend. «Gut. Treffen wir uns morgen wieder?», fragte ich. «Ah, der edle Prinz will weiter Laufbursche spielen.», neckte mich Tendir. «Natürlich. Ich bin am überlegen den Beruf zu wechseln. Ich meine, immer ein warmes Bad, die edelste Kleidung, die besten Speisen und der beste Wein. Das ist doch kein Leben.», sagte ich und schaffte es tot ernst zu sprechen. Tendir musste lachen. Ich musste grinsen. «Dann bis morgen, Laufbursche.», sagte Tendir grinsend und ging.

Man Le? (Legolas Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt