Kapitel 18

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Sicht: Legolas

Ich dachte kurz nach.
«Du kennst meine Heimat wahrscheinlich unter dem Namen Düsterwald, oder?», fragte ich Estel und er nickte, «Ada (* Papa) sagt, da ist es sehr gefährlich, wegen den ganzen Riesenspinnen.»
«Da hat dein Adar (* Vater) recht. Kennst du auch Mithrandir?», stellte ich meine zweite Frage. Ich wollte wissen, was ich ihm erklären musste und was nicht. Wieder nickte er, «Ada hat mir von ihm erzählt. Er meinte, dass er ein Istar ist, doch das habe ich nicht verstanden, also sagte Ada, dass man ihn auch einen Zauberer nennen kann.»
Ich nickte.
«Gut, dann kann ich anfangen zu erzählen.», sagte ich und fing an:
«Als ich noch ganz klein war, starb meine Mutter. Ich weiß nicht genau, wie alt ich war, denn mit ihrem Tod verschwanden auch meine Erinnerungen an sie. Eigentlich hatte ich nur vergessen wollen, wie sie starb, denn ich hatte zugesehen, doch ich hatte alles vergessen. Wie sie war, ihr Aussehen und ihren Namen. Erst vor kurzem konnte ich mich wieder erinnern, aber nur an ihren Tod.», ich stockte und atmete tief durch, dann sprach ich weiter, «Die einzige Erinnerung an sie, ist das Bild eines Drachen, die Hitze des Drachenfeuers und der Name meiner Mutter, geschrien von meinem Vater. Ich weiß nicht, wie sie gestorben ist, obwohl ich zusah. Ich weiß auch immer noch nicht, wie sie aussah. Ich weiß nur, dass sie starb, um mich vor den Flammen, des Drachen zu schützen.», ich machte eine Pause. Das Bild des Drachens kam mir wieder in den Kopf. Ich spürte die Hitze seines Feuers und hörte den Schrei meines Vaters. Ich fing an zu zittern, doch schüttelte schnell den Kopf um mich zu sammeln. Estel schwieg und ließ mir Zeit.
Ich schloss kurz die Augen und redete weiter:
«Nach dem Tod meiner Mutter bekam ich keine Liebe mehr zu spüren. Ich weiß nicht, ob mein Vater schon immer distanziert von mir war und ich früher nur die Wärme und Liebe meiner Mutter hatte, oder ob mein Vater sich erst nach dem Tod meiner Mutter distanzierte, doch es machte keinen Unterschied für mich. Die Welt um mich wurde lieblos und kalt. Nur die Freundschaft mit Télas, der beste Freund meines Vaters und mein ehemaliger Lehrer, hat mich wahrscheinlich davor bewahrt an der Einsamkeit zu verkümmern, doch meinen Vater konnte er nie ersetzen, auch wenn ich es mir oft einredete. Er war immer sehr freundlich und liebevoll zu mir, doch die Einsamkeit und die lieblose Kälte blieb.
Oft hatte ich versucht ihm nah zu sein, doch er wies mich immer ab und ich verstand es nicht.
Irgendwann gab ich es auf.

Mein Alltag bestand aus Lernen.
Während mir der Unterricht bei Télas Spaß gemacht hatte, da er mit Liebe, Spaß und Spiel unterrichtet hatte, war der Unterricht bei allen anderen Lehrer leblos. Auch sie waren distanziert von mir und führte so ihre Befehle aus. Und mit der Zeit wurde ich genauso. Sie lehrten mich unbewusst, Befehle zu befolgen, zwar nicht blind, aber so, dass Gefühle die Ausführung nicht beeinflussten.
Ich merkte langsam, wie ich leblos wurde, doch lernte es vor Bediensteten zu verstecken. Ich lernte zu schauspielern. Ich konnte froh sein, wenn ich es wollte, wütend oder so wie mein Vater, distanziert und ohne eine Regung im Gesicht.
Meinen Vater machte ich in dem Sinne oft nach, denn das wurde von mir verlangt.
Ein König darf sich von Emotionen nicht beeinflussen lassen und ein Prinz auch nicht.

Für Télas spielte ich oft den Glücklichen, doch bald konnte er hinter meine Maske schauen. Er kannte mich einfach so gut, dass ich ihm nichts vormachen konnte... zumindest noch nicht.
Was Télas tat, war fantastisch. Er fragte nicht was los sei, er beschloss einfach was zu ändern und das tat er.
Er sorgte dafür, dass er mehr Zeit mit mir verbringen konnte. So übernahm er fast meinen ganzen Unterricht und in der Zeit in der ich keinen Unterricht hatte und früher einfach in meinem Bett saß und die Wand anstarrte, kam er zu mir und spielte mit mir.
Endlich kehrte ein Licht in meine einsame und dunkle Welt, auch wenn es nicht alles aufleuchtete und ich das Gelernte von meinen anderen Lehrern behielt, hatte ich doch endlich wieder ein richtiges Lächeln auf den Lippen und Spaß.
Und so bestand mein Leben während ich Zeit mit Télas verfrachtete mit Spaß und Licht, doch wenn ich allein war, kehrte die Dunkelheit, Einsamkeit und die Lieblosigkeit zurück.
Natürlich nicht sofort, aber wenn Télas mal länger keine Zeit für mich hatte, und das war nicht selten, dann kehrten die unschönen Dinge zurück. Dann kauerte ich in meinem Bett starrte die Wand an oder versuchte meine Schluchzer beim Weinen zu unterdrücken, da mich niemand hören sollte. In diesen Zeiten schlief ich kaum bis gar nicht.

Seit dem Télas mehr Zeit mit mir verbraucht hatte und den Großteil meines Unterrichts übernommen hatte, lernte ich noch fleißiger. Ich wollte, dass mein Vater stolz auf mich war, wenn er mir schon keine Liebe gab.
Es war der verzweifelte Wunsch nach Aufmerksamkeit. Das mindestens, was er mir geben konnte. Doch die meiste Zeit wenn ich mein Gelerntes unter Beweis stellte, sah er mich nur schweigend an und ging irgendwann. Er sah mich noch nicht mal richtig an. Er sah durch mich hindurch.
Wenn er mal den Mund aufmachte sprach er oft mit Télas über die Sachen, die man verbessern könnte. Ich stand dabei genau vor ihm und hörte zu während er über mich redete als währe ich nicht da gewesen.
Dies Riss meine innere Wunde der Einsamkeit, Dunkelheit und Lieblosigkeit weiter auf.
Wenn er was zu mir sagte, war es auch nur Kritik, gerne auch Tadel und Ermahnungen und auch Rügen.
Auch das riss meine Wunde weiter auf, doch in diesem Fall blutete ich mit Freuden. Dann lächelte ich und nickte heftig. Auch verneigte ich mich dann immer freudig. Natürlich verneigte ich mich auch in den anderen Fällen, aber nicht freudig.
Télas fragte mich dann oft, warum ich lächelte und ich sagte dann: «Er hat mit mir gesprochen.»

Man Le? (Legolas Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt