Als ich schließlich in dem mir nur zu bekannten Wartezimmer des St. Barnabas saß und darauf wartete, dass Dr. Edwards kam, um mir von Bens Zustand zu berichten, waren meine Tränen versiegt. Doch es lag keinesfalls daran, dass ich mich beruhigt hatte, viel mehr glaubte ich, dass meine Tränenflüssigkeit aufgebraucht war. Nachdem ich gestern Abend überhaupt nicht mehr hatte aufhören können zu weinen und dann auch noch der Wasserfall an Tränen am heutigen Morgen. Kein Wunder, dass meine Augen irgendwann ausgetrocknet waren.
Ich hasste das Wartezimmer. Ich hatte hier schon unzählige Stunden in Ungewissheit und Angst verbracht, während Familienmitglieder anderer Patienten gekommen und gegangen waren.
Schon oft hatte ich mir in der quälenden Zeit des Wartens vorgestellt, wie es wäre, wenn es dieses Mal schlechte Nachrichten geben würde. Ich kannte den Gesichtsausdruck der Ärzte, wenn etwas schiefgelaufen war. Mitleid, Trauer und eine Spur von Reserviertheit. Ich hatte schon unzählige Male gesehen, wie sie die Angehörigen in einen Nebenraum gebeten hatten, um ihnen die schlechten Nachrichten zu überbringen, um ihnen einen Ort zu geben, um zu trauern.
Jedes Mal hatte ich stumm gefleht, nicht den gleichen Weg gehen zu müssen. Bisher hatte es funktioniert. Ich konnte nur hoffen, dass es dieses Mal nicht anders sein würde.
Mit zitternden Knien stand ich auf, lief zwischen den Stuhlreihen hin und her, versuchte die anderen Wartenden zu ignorieren. Ich fühlte mich nicht sicher auf den Beinen, doch ich konnte auch nicht einfach sitzen bleiben.
Mein Blick wanderte zu der laut tickenden Uhr, die über der Flügeltür hing. Ihr Ticken machte mich verrückt, schien mich beinahe schon zu verhöhnen.
Ich wartete bereits seit mehreren Stunden. Es fühlte sich an, als wären es Tage gewesen.
„Miss Parker?"
Ruckartig riss ich meinen Blick von dem vergilbten Ziffernblatt. Das Klicken des Sekundenzeigers hatte sich allerdings vehement in mein Gehirn gebrannt.
Es war Schwester Kelly. Besorgt legte sie mir eine Hand auf die Schulter, dirigierte mich beinahe schon zurück auf meinen Stuhl. Als ich mich hinsetzte schmerzte mein Hintern, zu lange hatte ich in meiner versteiften Position auf dem unbequemen Ding verharrt.
„Sie sollten etwas trinken."
Mit diesen Worten drückte sie mir einen kleinen weißen Plastikbecher in die Hand. Ich gehorchte einfach und führte den Becher an meine Lippen, trank den kompletten Inhalt in einem Zug aus. Den Becher zerdrückte ich lautstark in meiner Hand. Wassertropfen rannen über meine Finger, tropften laut platschend auf den Fliesenboden. Jedes Geräusch schien mir zu laut, viel zu laut. Es schmerzte mir in den Ohren.
Sie operierten schon viel zu lange!
Als ich im Krankenhaus angekommen war, hatte man mich nur rasch auf den aktuellen Stand gebracht. Viel hatte ich von den medizinischen Ausdrücken nicht verstanden, doch was ich registriert hatte war die Besorgnis der Assistenzärztin gewesen, die mich unterrichtet hatte, während Dr. Edward mit zwei weiteren Chirurgen bereits mitten in der Operation gesteckt hatte. Schon ihre Stimmlage hatte mir offenbart, dass es sich keinesfalls um einen leichten Eingriff handelte.
Sie hatten ihn ohne meine Erlaubnis in den OP gebracht, weil sie mich nicht hatten erreichen können. Der Gedanke spukte immer wieder in meinem Kopf herum. Wäre ich eine Stunde eher an mein Handy gegangen, hätten sie mich schon viel früher ins Krankenhaus bestellt und man hätte Ben früher operieren könne.
Ohne meine Zustimmung hatten die Ärzte warten müssen, bis es schon beinahe zu spät für den Kleinen gewesen war.
Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Wenn Ben heute sterben würde, wäre es alleine meine Schuld. Ich hatte mich vergnügt, während man hier um sein Leben gekämpft hatte!
„Cathrin!"
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Alles, was ich geben kann
Romance"Das war gut." Er machte eine kleine Pause, kam mir einen Schritt näher und ich konnte spüren, wie mein Körper sofort begann zu kribbeln. Plötzlich war diese erregte Spannung wieder zwischen uns, die ich am Abend zuvor gespürt hatte. "Das mit u...