Kapitel 35

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Am nächsten Morgen wachte ich für meine Verhältnisse erst sehr spät auf. Die Sonne war bereits aufgegangen und erhellte meine kleine Wohnung. Liv hingegen schlief noch immer tief und fest neben mir und ich ließ sie gewähren.

Leise stieg ich aus meinem Bett und schlich in die Küche, wo ich erst einmal eine Kanne Kaffee aufsetzte. Da ich auf jeden Fall warten wollte, bis Liv von alleine aufwachte, und noch ein bisschen mit ihr reden wollte, bevor ich zur Arbeit ging, nahm ich an meinem Schreibtisch platz und öffnete meinen Laptop.

Ich musste noch einige E-Mails verfassen und wegschicken, eine Arbeit, die ich auch gut von zuhause aus erledigen konnte.

Nach der ersten Mail war auch endlich meine schwarze Droge fertig und ich goss mir eine Tasse ein, bevor ich mich erneut vor meinen Laptop setzte.

Als Liv einige Stunden später aufwachte, hatte ich meinen Laptop bereits wieder geschlossen, geduscht und meine Wohnung auf Vordermann gebracht.

„Rieche ich da etwa Kaffee?", murmelte sie noch völlig verschlafen und rieb sich die Augen.

Irgendwie sah sie niedlich aus, wenn sie gerade aufgewacht war.

„Den besten Kaffee der Welt!", korrigierte ich sie und ging grinsend in die Küche, um auch ihr eine Tasse voll einzugießen.

Liv kam zu mir und nahm diese dankend entgegen.

Als ich ihr ins Gesicht schaute, erschrak ich etwas. Ihre Wange war blau angelaufen von dem Schlag, den sie in der Nacht hatte einstecken müssen und auch ihre Augen waren verquollen vom ganzen Weinen. Die dunklen Augenringe komplementierten das ganze Bild.

„Wie geht es dir?", fragte ich vorsichtig.

Ich wollte auf keinen Fall fünf Minuten, nachdem sie aufgestanden war, die frischen Wunden aufreißen, aber zurückhalten konnte ich mich andererseits auch nicht.

Liv nickte langsam, während sie einen Schluck ihres Kaffees nahm, der mittlerweile nicht mehr wirklich heiß sein konnte.

„Ich denke, den Umständen entsprechen ganz gut.", antwortete sie.

Liv warf einen Blick auf meine Küchenuhr und runzelte verwirrt die Stirn. Es war bereits halb Eins.

„Musst du nicht zur Arbeit?"

„Erst später, Jayden hat mir den Morgen freigegeben, damit ich mich um dich kümmern kann."
Das Lächeln, welches sich auf den Lippen meiner besten Freundin bildete, gefiel mir ganz und gar nicht. Ich wusste genau, was sie gerade dachte.

„Kannst du ihm bitte meinen Dank ausrichten?"
Ich konnte in Livs Stimme hören, wie unendlich dankbar sie Jayden war und auch ich teilte dieses Gefühl. Allein die Vorstellung in der gestrigen Nacht noch von der U-Bahn abhängig gewesen zu wären, ließ mich schaudern.

„Natürlich mach ich das."
„Nur schade, dass ich die komplette Autofahrt verschlafen habe. Ich meine, der Wagen ist mindestens genauso scharf, wie sein Besitzer!", kicherte sie.

Ich fiel in ihr Lachen mit ein.

Es fühlte sich verdammt gut an, meine lebensfrohe Liv wieder zu haben. Kaum hatten wir uns von unserem kleinen Lachanfall beruhigt, wurde sie wieder ernster.

„Kassia? Ich will wirklich nicht, dass du dir für das die Schuld gibst, was gestern passiert ist. Mir ist klar, dass die Polizei auf keinen Fall erfahren darf, dass Logan dahintersteckt, um Ben nicht in Gefahr zu bringen und das ist für mich vollkommen in Ordnung. Der Kleine geht vor Kassia! Also mach dir bitte keine Vorwürfe!"
Bei ihren eindringlichen Worten schossen mir sofort Tränen in die Augen. Ich hatte eine dermaßen verständnisvolle Freundin einfach nicht verdient. Ständig kam ich mit neuen Problemen zu ihr, während wir meinetwegen kaum mehr Zeit außerhalb des 24/7 Diners zusammen verbrachten.

Alles, was ich geben kannWo Geschichten leben. Entdecke jetzt