-Sarah-
„Schei...." Und schon wieder lag er im Wasser. Lachend saß ich auf meinem Board und wartete darauf, dass mein bester Freund wieder aus dem kühlen Nass auftauchte. Die Sonne brannte mit unvergleichlicher Kraft auf mich nieder, sodass mein Oberkörper schon wieder trocken war. Das Wasser war nicht unbedingt warm, aber auch nicht kalt. Es war angenehm. Die Wellen ließen mich auf meinen Board hin und her schaukeln. Langsam wurde ich unruhig. Felix war noch immer nicht aufgetaucht. Wo blieb er? Ich paddelte näher zu seinem Board während ich aufmerksam in das Wasser um mich herum sah. Hoffentlich war ihm nichts passiert. Auf einmal umschloss etwas mein Fußgelenk. Ich stieß einen spitzen Schrei aus und schluckte daraufhin ordentlich Wasser als mich Felix, dieser Idiot, unter Wasser zog. Prustend und strampelnd kam ich an die Oberfläche. Blind schlug ich in das Wasser, um Felix, der vor Lachen fasst unterging, zu treffen.
Als ich wieder etwas sah und das Salzwasser ausgehustet hatte, stürzte ich mich auf ihn. Ich glaube es wunderte keinen, dass schlussendlich ich immer wieder getitscht wurde. Felix war einen Kopf größer als ich und trainierte mindesten viermal die Woche im Fitnessstudio. Dementsprechend sportlich sah er auch aus. Ich ging, mittlerweile, auch zwei bis dreimal die Woche in das Fitnessstudio. Sehen tat man davon meiner Meinung nicht unbedingt viel, aber das war okay. Ich mochte meine Figur, eigentlich. Ich war nicht sonderlich groß, wahrscheinlich das was man als kurvig bezeichnen würde. Mein Bauch könnte schmaler sein und die Beine etwas länger, aber so war ich nun mal. Jedenfalls hatte ich keine Chance gegen Felix. Nach Luft schnappend kam ich wieder hoch und bereitete mich darauf vor wieder abzutauchen, doch Felix schwamm ein Stück rückwärts und beobachtete mich wachsam.
„Das bekommst du sowas von zurück!" schwur ich Rache. Felix Mundwinkel zuckten und er strich sich seine blonden Haare aus dem Gesicht.
„DU wirst doch nicht etwa nachtragend sein?" spöttelte er.
„Ich?" fragte ich mit unschuldigen Gesichtsausdruck und schockierten Tonfall. „Nein!" meinte ich dann und schüttelte den Kopf, als hätte ich keine Ahnung wo von er sprach. „Aber sag mal, ist das da nicht dein Board?" fügte ich lässig hinten an. Dabei deutete ich weiter hinaus. Schadenfroh beobachtete ich seine Reaktion.
Felix folgte meinem Finger, riss entsetzt die Augen auf. „Verdammt!" fluchte er und schwamm eilig seinem Board hinterher. Lachend schwamm ich mit ruhigen Zügen zu meinen Board und zog mich wieder hinauf. Felix und ich waren seit fast zwei Wochen in Australien. Es war mein größter Traum einmal zu Silvester das Feuerwerk über der Sydney Harbour Bridge zu sehen. Meine Schwierigkeiten bei der Realisierung, zumindest nicht die größten, war dabei nicht einmal die Finanzierung. Obwohl es wirklich verdammt teuer war. Aber ich fand einfach niemand der mit mir kommen wollte beziehungsweise konnte. Meine kleine Schwester hatte Flugangst. Sie fand zwei Stunden im Flieger zu viel. Wie sollte ich sie dann zu mehr als zwanzig überreden?
Die meisten meiner Freunde, die ich gefragt hatte, war das Ganze einfach zu teuer. Meine beste Freundin und ich lebten uns momentan auseinander. Wahrscheinlich hatten wir das schon längst. Ich konnte mir nicht vorstellen mit ihr drei Wochen zu verreisen. Wir waren vor zwei Jahren mal zusammen zwei Wochen auf einer Sprachreise gewesen und hatten die ersten vier Tage kein Wort miteinander gesprochen, warum weiß ich schon gar nicht mehr. Ich konnte auf eine Wiederholung verzichten, deswegen hatte ich sie gar nicht erst gefragt. Ich wäre auch mit meiner Mom geflogen, wir hatten ein gutes Verhältnis zueinander. Aber sie meinte, ich solle mir dafür einen Freund suchen. Also einen festen. In dieser Hinsicht war ich wohl ein hoffnungsloser Fall. Mit fast einundzwanzig immer noch ungeküsst.
Es war nicht so, dass ich nicht genügend Auswahl hätte. Bei den männlichen Vertretern an unseren Campus waren einige Prachtexemplare dabei, aber da war einfach nichts. Ich fand sie nett, ich verstand mich mit ihnen gut. Ja, ich gab auch gerne zu, dass sie heiß aussahen. Aber sie interessierten mich nicht. Nicht so. Und nein, ich war auch nicht lesbisch.
Dann hatte ich die Idee Felix zu fragen. Er hatte sofort zugestimmt. Dafür liebte ich ihn. Rein freundschaftlich natürlich. Wahrscheinlich war das ohnehin die beste Lösung. Wir sahen uns viel zu selten, da seine Uni drei Stunden entfernt von meiner war. Mit einiger Mühe schafften wir es uns einmal im Monat zutreffen. Zu wenig für meinen Geschmack. Er telefonierte nicht gern und ich schrieb nicht gern Nachrichten. Deswegen waren diese Treffen umso wichtiger.
Jetzt hatten wir drei Wochen Zeit. Gemeinsam bereisten wir kreuz und quer den roten Kontinent und lernten andere Seiten von uns kennen. Verbrachten unheimlich viel Zeit miteinander. Wir teilten uns sogar immer ein Zimmer und waren uns dabei erstaunlicher Weise noch nicht einmal auf die Nerven gegangen. Es war cool.
„Hey." Riss Felix mich aus meinen Gedanken. Er war wieder da und saß nun auf seinen Board neben mir. „Alles klar?" fragte er.
„Aber Hallo." Erwiderte ich gut gelaunt. „Es ist warm. Wir sind in Australien. Morgen sehen wir das mega Feuerwerk." zählte ich grinsend auf. "Und ich kann besser Surfen als du." Fügte ich noch hinzu um ihn aufzuziehen.
Er verdrehte die Augen. „Warum sitzt du dann noch hier?"
Jetzt war es an mir die Augen zu verdrehen. Aber er hatte recht. Ich musste jede Sekunde auskosten. Drei Wochen waren zu kurz für diesen wundervollen Kontinent.
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[02] Silvester
Werewolf- Unabhängig voneinander lesbar - Einmal Silvester in Sydney zu verbringen ist Sarahs größter Traum. Gemeinsam mit ihrem besten Freund verwirklicht sie diesen. Dabei lernt sie den charmanten Logan kennen und verbringt eine atemberaubende Nacht mit...