TWENTYFIVE

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Als ich wach wurde brummte mein Schädel, meine Augen schmerzten und mein Mund fühlte sich trocken an. Ich fühlte mich wie ein schlappes Handtuch und mir war warm. Ich sah mich um. Wo war ich? Ich lag auf einer Matratze mit meiner Bedecke über mir. Unter mir kein Bett sondern Fliesen. Hä?

"Servus, Süße." Ash?! Ich drehte mich nach ihrer Stimme um und entdeckte sie auf den Bauch liegend über eine Zeichnung gebeugt. Nachdenklich sah sie auf das Papier bevor sie den Block zuklappte und zur Seite schon. "Wie geht es dir?" Fragte Ash und setzte sich auf. "Ich hab Kopfschmerzen und meine Augen tun weh." Wieder blickte ich mich um und dann erkannte ich es. Wir waren in dem Haus, welches Logan mir gezeigt hatte. Im zukünftigen Wohnzimmer. Alles fiel mir wieder ein und ich schnappte panisch nach Luft. Nein. Oh nein. Schon wieder schnürte die Panik mir die Kehle zu. Dieses Haus. Ein Haus bedeutete Bindungen, Festlegungen, Erwartungen. Ich war noch nicht bereit mich so festzulegen, wie ein Haus es automatisch mit einem tat. Ich hatte Angst vor den Erwartungen, die damit einhergehen würden und die Zwänge die unweigerlich folgen würden. Was erwartete Logan von unserer Beziehung, dass er dieses Haus gekauft hatte? Ich war gerade einmal zwanzig, fast einundzwanzig. Ich wollte noch die ganze Welt bereisen. In guten vier Monaten würde ich für drei Monate in die Staaten gehen um dort zu arbeiten um Auslandserfahrungen zu sammeln. Würde Logan mich davon abhalten wollen? Es war nicht so, dass ich die Beziehung mit ihm nicht wollte. Ich wollte sie unbedingt, auch dann wenn wir uns in diesen drei Monaten wahrscheinlich nicht so oft sehen würden. Aber ich hatte das Gefühl, dass dieses Haus unsere Beziehung veränderte und auf eine andere Ebene stellte. Auf eine für die ich einfach noch nicht bereit war. Ich hatte meine Zukunft noch nicht verplant und sie möglichst offen gehalten. Bis vor kurzem hatte ich noch davon geträumt an verschiedenen Standorten unseres Unternehmens zu arbeiten und dabei die ganze Welt zu bereisen. Leute aus aller Welt kennenlernen, verschiedene Sprachen hören, andere Kulturen entdecken und seltsames Essen probieren, auf einen Elefanten reiten, auf einen Wüstenschiff die Sahara sehen, Skydiving von einem Hochhaus in Dubai aus starten. Es gab noch so viel was ich sehen und machen wollte, wovon ich träumte. Wie sollte ich das wenn wir hier das Haus hatten? Es erlaubte uns keine Flexibilität. Es würde uns einengen und die Freiheit nehmen. Zumindest hatte ich momentan das Gefühl als wäre es so. Da war es nicht drin einfach mal für ein oder zwei Jahre in Irland zu leben oder sich in Afrika für ein paar Monate sozial zu engagieren. Schließlich konnte man ein Haus nicht einfach so leer stehen lassen. Mit einer Beziehung würde das alles schon nicht leicht werden, aber es war machbar. Jedoch mit dem Haus...?
"Hier!" Ash drückte mir ein Glas in die Hand. Blind folgte ich ihren Befehl und stürzte es herunter. Orangensaft. Kühl. Beruhigend. Lecker.
"Danke." Murmelte ich.
"Nicht dafür."
"Wo ist Logan?" Fragte ich dann sofort nach. Zu gut erinnerte ich mich an seinen verzweifelten und verletzten Gesichtsausdruck. Was hatte ich nur angerichtet? Was ist, wenn er jetzt nichts mehr von mir wollte nachdem er mich so erlebt hatte?
"Ich hab ihn rausgeschmissen, aber keine Sorge er wollte dir nicht von der Seite weichen." Ihre Mundwinkel zuckten kurz dann wurde sie wieder ernst. "Aber ich bin der Meinung, dass du mal einen Mädelsabend brauchst." Ich nickte. Das brauchte ich wirklich. In meinem Kopf war das reinste Chaos. Gab es etwas Besseres als die beste Freundin, wenn man nicht mehr weiter wusste?

"Kann ich trotzdem kurz mit Logan telefonieren?" Fragte ich sie unsicher. Ich wusste momentan einfach nicht was richtig oder falsch war. Trotzdem wollte ich Logans Stimme hören einfach um mich zu vergewissern, dass doch noch irgendwie alles okay zwischen uns war. Trotz meines überdimensional mega dämmlichen Ausraster. "Wenn du noch zehn Minuten wartest. Deine Stimme ist noch ein wenig schwach, wenn er dich so hört rennt der uns die Bude doch noch ein." Kurz zuckten nun auch meine Mundwinkel. Sie hatte recht. Wahrscheinlich würde Logan das wirklich tun.
"Okay, dann klär mich erst mal auf was hier los ist." Forderte ich sie auf. Unruhig sah ich mich um. Das Wohnzimmer war relativ groß, mit deckenhohen Fenstern und einem Kamin.
"Naja, als du deine kleine oder größere Panikattacke hattest, hat Logan mich angerufen und nachdem ich herausgefunden habe was er verkackt hat -nimm's ihn nicht so übel, der Kerl würde dir den Mond vom Himmel holen, so sehr wie er dich liebt. Jedenfalls hab ich beschlossen das jeden Tag Mittagessen nicht ausreicht für wichtige Mädchen Gespräche und wir das jetzt nachholen. Im Kühlfach steht Eis bereit. Pizza können wir nachher bestellen. Für Unterhaltung ist auch gesorgt." An einer Steckdose entdeckte ich ihren Laptop mit einer Menge DVDs daneben.
"Wie übernachten hier?"
"Klar. Ich meine, wir müssen die Bude in der du bald hausen wirst doch kennenlernen."
"Ash, ich ... das geht mir zu schnell." Endlich hatte ich es ausgesprochen. Jetzt musste ich es nur noch schaffen das auch Logan zu sagen. "Ich weiß, Süße. Wenn du nicht hier übernachten willst, können wir auch zu mir oder dir fahren?" Schlug sie einen Kompromiss vor. "Nein." Wehrte ich ab. Das wollte ich auch nicht. Was zum Teufel wollte ich eigentlich? Vielleicht war das ja mein Problem.
Ash sah mich abwartend an. "Du bist blöd." Sagte ich zu ihr. Sie grinste zufrieden. Genau das hatte sie erreichen wollen. Miststück. "Wenn du darüber reden willst, ich bin da." Erklärte sie und widmete sich wieder ihrer Zeichnung. Verdammt. Ich ließ mich wieder zurück fallen als mir ein Gedanke kam. "Ohhh nein!!! Das Labor?!" Rief ich entsetzt. "Verdammt!" Schimpfte und jammerte Ash zu gleich. "Jetzt hab ich mich vermalt." Erklärte sie mir mit grimmigem Blick. "Ich hätte jetzt ein Labor und bin nicht anwesend." Rief ich aufgebracht und sprang aus dem provisorischen Bett. "Scheiße, scheiße, scheiße." Fluchte ich. Wegen diesem blöden Labor könnte ich durchfallen.
"Sarah, ich hab vorhin mit deinem Laborpartner geschrieben. Ihr macht das Labor morgen. Er hat das mit eurem Dozenten geklärt." Beruhigte mich Ash während sie den Fehler in ihrer Zeichnung zu korrigieren versuchte.
"Was?"
"Das heißt ‚Wie bitte?'." Zog sie mich auf.
"Ash! Noch mal für kleine auf den schlauchstehende Sarahs bitte." Verlangte ich.
"Du. Morgen. Labor. Kein Problem." Langsam, jedes einzelne Wort betonend, fasste sie das Ganze kurz.
"Du bist ein Engel."
Ash winkte ab. "Verrats nur keinem." Bat die mich mit einem frechen Grinsen.
Ich verdrehte die Augen. "Ist das Fußbodenheizung?" Fragte ich auf einmal, als ich bemerkte, dass es unter meinen Füßen, trotz der Fliesen, angenehm warm war. Ash grinste mich von unten an. "Willst du erst noch eine Runde jammern oder soll ich dir 'ne Führung durch dein geniales Haus geben?"
"Es ist nicht meine." Stritt ich sofort ab, setzte mich im Schneidersitz neben Ash und lehnte mich an der Wand an. Konnte es sein, dass ich Stimmungsschwankungen hatte? Momentan fand ich mich selbst furchtbar.
"Das geht so schnell, Ash. Ich kenne ihn doch erst seit Silvester." Erzählte ich. Ash legte die Stifte beiseite und drehte sich auf den Rücken, die Arme unter ihren Kopf verschränkt. Aufmerksam sah sie zu mir. Eine Stimme Aufforderung weiter zu reden. "Jetzt haben wir Mitte Februar und er hat ein Haus gekauft. Ein gottverdammmtes Haus!" Aufgebracht fuchtelte ich mit meinen Händen herum. "Und ein Auto hat er auch gekauft. Verdammt. Er will sein ganzes Leben wegen mir ändern."
"Das ist ja nicht unbedingt was schlechtes." Warf Ash ein.

[02] SilvesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt