"Sobald Sie den Wagen versichert haben und die Kennzeichen besitzen, können Sie ihn abholen." Erklärte mir soeben der Verkäufer. Deutsche Bürokratie, dachte ich ärgerlich. "Kai rufst du deinen Liebling an?" Natürlich wusste Kai sofort, dass ich Louisa meinte. Irgendwer musste uns schließlich wieder fahren. "Betrachte es als erledigt."
Zufrieden nickend wandte ich mich wieder Herrn Mayer, den Verkäufer, zu. "Können wir den Papierkram dann jetzt schon regeln?" Fragte ich ihn.
"Selbstverständlich." Bestätigte er. Während er mit meiner Hilfe die Formulare ausfüllte, erhellte sich der Bildschirm meines neuen Handys. Ich hatte es vor mir auf den Tisch gelegt und wippte nun mit den Stuhl nach vorn. Die schlechte Angewohnheit mit dem Kippeln hatte ich nie ablegen können. Mit einer Hand hielt ich mich am Tisch fest, da ich nun auch wieder nur auf einem Stuhlbein balancierte, mit der anderen griff ich mein Handy. Bis jetzt hatten nur die wenigsten meine neue Nummer. "Herr McNau..." begann der Verkäufer.
"Einen Moment bitte." Unterbrach ich ihn abgelenkt. Das war nicht besonders höflich, aber die Nachricht war von Sarah. Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen als ich ihren Namen sah. Doch es wich auch genauso schnell wieder, als ich die Nachricht las. Mein ganzer Körper spannte sich an. Es gab ein warnendes Knacken, dass ich in diesen Moment ebensowenig realisierte wie die besorgten Blicke von Kai und Rio oder den ungläubigen von dem Mayer. Noch einmal überflogen meine Augen die vier Zeilen, die sie mir geschickt hatte. NEIN. Ein Krachen ertönte. Der Verkäufer zuckte zusammen. Wut geladen sprang ich auf. Der Stuhl fiel mit einem Knall zu Boden. Rio beobachte mich abwartend während Kai, das Handy wegsteckend, auf mich zueilte. Mit einer unwirschen Gesten wies ich ihn an zu warten. Das musste ich jetzt erst mal mit Sarah klären. Während ich darauf wartete, dass sie meinen Anruf entgegen nahm, lief ich zum Fenster und sah auf die vom Schnee schmutzigen Straßen. Angespannt fuhr ich mir durch die Haare. Grobe Holzsplitter rieselten über mein Gesicht und blieben in meinen Haaren hängen. Verwirrt blickte ich zu meiner Hand. Sie war staubig, kleine Holzsplitter steckten in meiner Handfläche. Kai versuchte sein Lachen hinter einem Husten zu verbergen, während Rios Mundwinkel zuckten. Der Verkäufer fand das nicht halb so witzig wie die zwei Lykae. Tatsächlich sah er so aus als sollte ich mir Sorgen machen, dass er gleich ohnmächtig werden könnte. Entsetzt starrte er auf die Ecke seines Massivholzschreibtisches, den ich unbewusst zerstört hatte. Hoppla. Sein Blick wanderte ungläubig zu mir und wieder zurück. Das wiederholte er ein paar Mal. Idiot. Die Situation würde sich deswegen nicht verändern. "Schreiben Sie den Schreibtisch mit auf die Rechnung!" Knurrte ich gereizt. Was interessierte mich der Schreibtisch? Ich sah kurz auf mein Handy. Sarah ging immer noch nicht ran. Kurz davor aufzulegen und einfach zu ihr in die Uni zu stürmen, hörte ich dann doch ihre zarte Stimme durchs Telefon. "Logan?" Fragte sie unsicher, zögerlich. Sie wusste genau weshalb ich anrief. "Warum?" Knurrte ich in das Handy rein. "Ich kann es nicht verschieben. Es sind doch nur ein oder zwei Stunden mehr." Versuchte sie mich zu beruhigen.
"Du bist doch schon mehr als acht Stunden in den Betonklotz." Protestierte ich laut. Der Betonklotz war ein zwei Jahre altes modernes Passivhaus, aber das interessierte mich momentan recht wenig. Mochte sein dass ich mich vielleicht kindisch verhielt, aber ich wollte bei meiner Gefährtin sein. Am liebsten rund um die Uhr. Es war doch nicht zu viel verlangt einfach nur Zeit mir ihr alleine verbringen zu wollen, oder? Und nach dem ich über einen Monat von ihr getrennt gewesen war, nachdem ich sie gerade erst gefunden hatte, war es doch sicherlich auch verständlich, wenn ich acht Stunden der Trennung schon als zu viel empfand. Und dann verlangte sie auch noch von mir mich zwei Stunden länger zu gedulden. Es war eine Qual.
"Du kannst ja am Freitag mit Ash und mir Mittagessen gehen. Ich hab mit großer Wahrscheinlichkeit auch schon früher Pause." schlug sie vor.
"Früher, wie nur du und ich?" Versicherte ich mich. "Ja." Bestätigte sie. Sie wusste, dass sie mich an der Angel hatte, ich hörte es an ihrer Stimme und sah sie vor mir, wie sie mit einem leichten Lächeln an ihrer Unterlippe kaute. Ich stimmte zu, wenn auch wiederwillig. Ich wusste das unser Leben, bloß weil wir uns gefunden hatten, nicht halt machte. Wir mussten beide erst einmal einen Weg zusammen finden und dafür auch Kompromisse eingehen. Ich glaube dieser war nicht ganz schlecht. Zwar waren wir dann immer noch nicht die ganze Zeit allein, aber es war ein wenig mehr Zeit mit ihr. Es konnte sich keiner vorstellen wie kostbar mir das war. Allein ihre Nähe beruhigte mich und ließ ein Gefühl von Zufriedenheit in meiner Brust aufsteigen.

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[02] Silvester
Lupi mannari- Unabhängig voneinander lesbar - Einmal Silvester in Sydney zu verbringen ist Sarahs größter Traum. Gemeinsam mit ihrem besten Freund verwirklicht sie diesen. Dabei lernt sie den charmanten Logan kennen und verbringt eine atemberaubende Nacht mit...