Es war etwas später geworden. Noch etwa 45 Minuten bis zum Feuerwerk. Bis Neujahr. Ich saß mit Miles auf dem Rodelberg und wir sahen auf die Menschen hinab, die sich langsam unten im Park sammelten. Es waren viele.
"Wo ist eigentlich Logan? Ich vermisse seine Zuneigung mir gegenüber schon so sehr." rief Miles sarkastisch und warf die Arme theatralisch in die Luft. Ich lachte etwas nervös. Sollte ich es ihm sagen? Die zwei verstanden sich nicht gut. Ich entschied mich dagegen.
"Er verbringt die Ferien bei unserem Onkel." log ich. Er runzelte die Stirn. "Unserem anderen Onkel!" fügte ich hinzu. Er nickte.
"Wie geht es deiner Mam?" fragte ich, um das Thema zu wechseln. Miles zog die Beine an sein Körper und legte sein Kopf auf die Knie. Dann sah er mich aus seinen grauen Augen an. Ich tat es ihm gleich.
"Der Arzt sagt wegen ihrem Herz brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, solange sie sich schont." er kaute auf seiner Unterlippe und fuhr dann fort: "Sie versucht öfter aus dem Bett zu kommen. Seit Luna da ist klappt es tatsächlich besser aber ich weiß nicht wie es ist, wenn sie wieder an der Uni ist. Ich hab Mam die letzten Nächte immer wieder weinen gehört. Heute morgen hat sie es abgestritten. Ich wünschte sie hätte die Reha zu ende machen können. Sie sagt es geht ihr besser aber ich weiß nicht ob ich ihr glauben kann."
Es wunderte mich noch immer, dass er mir so vertraute. Vielleicht lag es daran, dass wir das selbe durchgemacht haben und überhaupt. Jedenfalls hörte ich ihm gerne zu. Wir hörten uns gegenseitig zu. Und es half. Es half jemanden zum reden zu haben, der Verstand.
"Habt ihr nochmal über ihn geredet?"
Mit »ihm« war Noah gemeint. Wir sprachen seinen Namen nicht mehr oft aus. Meistens wussten wir wer gemeint war. Mittlerweile hatte ich gerafft, dass er keineswegs ein Freund gewesen war und dass ich ihm nicht hätte vertrauen dürfen. Dass er durchaus ein schlechter Mensch gewesen war und ich die Naivität in Person. Und dafür schämte ich mich. Ich schämte mich dafür, dass ich erst jetzt begriff und dafür, was er mit mir gemacht hatte. Auch wenn ich wusste, dass ich für zweiteres nichts konnte.
"Mit Luna. Sie kam an einem Abend und wollte mich sprechen. Naja, wir haben viel geweint. Sie macht sich Vorwürfe nie was gemerkt zu haben. Mit Mam hab ich nur einmal drüber gesprochen, als sie von der Reha kam. Das weißt du ja. Danach nicht mehr. Aber ich hab gehört wie sie sich mit Luna darüber unterhalten hat. Die zwei geben sich selbst die schuld. Es hat weh getan dieses Gespräch mitzuhören. Und bei dir? Hat dein Dad dich darauf angesprochen?" erwiderte er.
"Nein. Also, ich glaub sie haben es versucht, Dad und die anderen. Aber ich geh dem Thema aus dem Weg. Sie gucken mich immer noch so mitleidig an. Ich nehme es ihnen nicht übel aber ich hätte es lieber, wenn sie mich normal behandeln würden."
Er nickte. Er verstand. Wir schwiegen eine Weile.
"Ich schäme mich immer noch so für damals. Dass ich es zugelassen habe." murmelte ich. Schlagartig setzte Miles sich auf. Er sah mich ernst an. Wir hatten das Thema schon oft durchgekaut. Allein heute sieben mal.
"Wir hatten darüber doch schon gesprochen. Dich trifft keine Schuld. Du warst ein Kind." er wirkte verzweifelt. So wie immer wenn wir darüber sprachen.
"Tut mir leid. Ich hätte es nicht wieder ansprechen dürfen." ich senkte den Blick. "Danke, dass du für mich da bist." ich blickte wieder auf, dieses mal lächelte ich.
"Hey, wir sitzen immerhin wir im selben Boot." nun lächelte er auch. Aber es wirkte traurig. Klar, das Boot das er meinte war nicht gerade ein Partyschiff.
"Gehen wir runter? In fünfzehn Minuten geht es los." er stand auf und klopfte sich den Schnee von der Hose. Ich tat es ihm gleich. Gemeinsam stampften wir den Berg hinab. Die anderen warteten schon ganz vorne auf uns. Amanda umarmte mich als wir bei ihnen ankamen. Das tat sie öfter in letzter Zeit. Eigentlich immer wenn sie die Möglichkeit dazu hatte.
"Habt ihr geredet?" flüsterte sie, sodass nur ich es hörte. Ich nickte. Sie wusste, dass ich mit Miles darüber sprach.Wir lösten uns wieder. Im selben Moment legte mein Vater eine Hand auf meine Schulter. Ich lächelte ihn an und wollte fragen was los ist, als er mich schon in eine Umarmung zog. Warum umarmte mich denn auf ein mal jeder? Er zog mich etwas von den anderen weg.
"Hör mal, Aaron. Ich weiß, in letzter Zeit ist nicht alles so verlaufen, wie es hätte verlaufen sollen. Das was in den letzten Wochen alles passiert ist. Du... Du bist in gewisser Weise ziemlich erwachsen geworden, seit du hier bist. Ich bin stolz auf dich. Stolz darauf, dass du dich jetzt öffnen kannst." er blickte über seine Schulter zu Miles, der jetzt bei seiner Familie stand. Luna hatte einen Arm um ihn gelegt und Ty hielt seine Hand. Seine Mutter hatte eine Hand an seiner Wange. Alle vier lachten. "Du weißt ja, du kannst auch immer mit uns reden. Sobald du dazu bereit bist. Wir sind für dich da. Bei Miles fällt das bestimmt leichter, er hat ja gleiches durchgemacht... Jedenfalls, ich wollte dir sagen, dass wir für dich da sind, egal was noch kommt. Hoffen wir das nächste Jahr wird besser und vor allem ruhiger." er lächelte mir aufmunternd zu.
"Danke, Dad." ich blickte kurz über seine Schulter. "Wir sollten zurück. Der Countdown fängt gleich an."
Als wir bei den anderen ankamen, hatten sie sich bereits versammelt. Liah und Maik Hand in Hand. Maik mit Milla in der Tragetasche und Liah mit Amelie an der anderen Hand. Daneben stand Josie mit Ty an der Hand. Luna hatte ihren Arm um Dylan gelegt. Ich stellte mich zu ihnen. Amanda stand jetzt links von mir und griff nach meiner Hand. Neben Amanda Dad und Linda, ebenfalls Hand in Hand. Dann fing der Countdown an. Wir zählten alle mit.
"Zehn."
Ich sah unser Grüppchen an. Von Liah, Amelie, Milla und Maik bis Dad und Linda.
"Neun."
Ich sah nach links zu Amanda. Sie war eine tolle Schwester. Ich war froh sie zu haben.
"Acht."
Jetzt sah sie auch zu mir. Sie lächelte und drückte meine Hand.
"Sieben."
Ich sah nach rechts. Zu Miles.
"Sechs."
Er sah mich ebenfalls an.
"Fünf."
Er lächelte.
"Vier."
Ich lächelte zurück.
"Drei.
Jetzt sahen wir alle gen Himmel.
"Zwei."
Ich war glücklich.
"Eins."
Feuerwerk. Ein ein unglaubliches Zusammenspiel von Farben und Leuchten. Alle jubelten dem neuen Jahr entgegen. Maik hielt Milla die Ohren zu und küsste sie auf den Kopf. Amelie und Ty hielten sich ebenfalls kreischend die Ohren zu. Dieses mal sahen sie sich nicht böse an. Sie grinsten und hüpften auf und ab. Ich grinste auch. Irgendwie war gerade alles ganz schön okay. Es war nicht perfekt, bei weitem nicht. Aber ich stellte fest, ich wollte es gar nicht perfekt. Ich wollte es so wie es war. Meine Familie. Mein bester Freund. Das nächste Jahr würde verdammt noch mal das beste Jahr meines Lebens werden.
ENDE.
Nun, da ist es also, das Ende. Lasst hören wie ihr es findet! Wie ihr wisst,spiele ich mit dem Gedanken, einen zweiten Teil zu veröffentlichen. Haut doch mal ein paar Ideen raus, was darin passieren könnte. Kapitel mit euren Ideen, werden an euch gewidmet!
Und vielen Dank für die vielen Votes und Kommentare! c:
Schönes neues Jahr wünsche ich euch.

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My new Brother [boyxboy]
Teen FictionIn dieser Geschichte geht es um den 14 jährigen Aaron. Er ist sehr schüchtern und zurückhaltend. Nach vielen Jahren in den er im einem Waisenheim lebt, wurde er adoptiert. In seinem neuen zuhause erlebt er viel aufregende Dinge, lernt nette Leute ke...