-Teil 38-

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Silvester.
Wir acht stiegen gerade aus den zwei Autos, in denen wir zum Rodelberg gefahren waren. Mit  »wir acht« meinte ich, Dad, Linda, Maik, Liah, Amanda, Amelie, Milla und mich.

Mit Miles hatte ich ausgemacht, dass wir uns kurz vor Sonnenuntergang hier trafen. Es war nun schon fast dunkel, aber halt noch nicht ganz. Ich ließ meinen Blick über das Gelände schweifen, entdeckte ihn jedoch nicht sofort. Ich drehte mich wieder zu den anderen und sah, dass die Autos bereits abgesperrt waren und, dass Amanda zwei Schlitten in den Händen hielt.

Am Anfang des Winters waren wir bereits hier gewesen. Damals hatte ich mir Logan einen Schlitten geteilt. Ich erinnerte mich an das kribbeln, das mich bei der Nähe zu ihm durchfahren hatte und musste innerlich den Kopf über mich selbst schütteln. Ich war dumm gewesen mir einzubilden, es wäre eine gute Idee gewesen Gefühle für ihn zu entwickeln. Es hätte kein gutes Ende genommen, hätte ich mich meinen Gefühlen hingegeben. Er hatte mich mehr als einmal verletzt. Auch wenn mir es nie so bewusst gewesen war und ich es fast sofort wieder verdrängt hatte. Ich hatte für mich beschlossen, dass meine Gefühle für ihn, von meiner Bewunderung und Achtung für ihn herrührten. Ich hatte zu ihm aufgesehen. Für mich war er von Anfang an der gut erzogen, höfliche, talentierte und so unglaubliche freundliche Junge, der soviel mehr Erfahrung hatte, als ich sie hatte, gewesen. Er war schlichtweg perfekt gewesen. Natürlich hatten sich diese Ansichten mit der Zeit geändert. Ich hatte gesehen, dass das alles Fassade war. Somit war dann auch die Bewunderung und diese kleine kindliche Schwärmerei verschwunden. Womöglich waren Gefühle nichts womit man so leichtfertig umgehen sollte, vorallem wenn es sich um sowas wie Zuneigung handelte. Immerhin hatte mich Zuneigung schonmal dazu gebracht, Dinge zu tun, die ich vielleicht anders hätte machen sollen. Und die Zuneigung zu Logan, hatte fast dazu geführt, dass ich zu seinem Spielzeug wurde. Jemanden den er rumschubsen konnte, wie er lustig war. Er tat es nicht mit Absicht. Aber es fühlte sich so an, als würde er mich nur brauchen, wenn sonst niemand da war.
Versteht mich bitte nicht falsch, ich liebte ihn - wie einen Bruder eben. Er war trotz allem noch meinen Bruder. Ich hoffte nur, dass sich nach dem Entzug unser Verhältnis wieder bessern würde.

In dem Moment entdeckte ich ihn. Miles saß etwa abseits, am Fuße des Rodelbergs, unter einem Baum, der schon lange all seine Blätter verloren hatte und lass ein Buch. Er saß auf einer roten Decke mit Weihnachtsmann-Muster. Neben ihm standen zwei Handtasche. Wahrscheinlich von seiner Mutter und seiner Schwester. Er hatte erzählt, dass er und Luna seine Mutter hatten dazu überreden können, mitzukommen. Seit Luna da war, war sie auch öfter aufgestanden. Er hatte erzählt wie sehr ihn das erleichtert hatte, da er befürchtet hatte, dass sie abermals in eine tiefe Depression verfallen würde, als sie erfahren hatte was Noah, der immerhin einer uhrer früheren Schulkameraden und Freunde war, für ein Dreckskerl war.

Ich drehte mich zu meiner Familie um, sagte ich würde gleich zurück kommen und machte mich dann auf den Weg zu ihm. Während ich zu uhm lief, begann es zu schneien. Er bemerkte mich, bevor ich etwas sagen konnte. Nachdem er sein Buch beiseite gepackt hatte, sah er zu mir auf. Sein Atem malte weiße Wölkchen in die kalte Winterluft.

"Da bist du ja. Wo ist deine Familie?" erkundigte er sich. Ich drehte mich in Richtung des Berges und deutete auf die fünf Gestalten, die gerade den Berg hoch stampfen. Selbst aus der Entfernung stellte ich fest, dass Maik nicht dabei war. Dieser lief gerade auf uns zu.

"Dort. Und wo ist deine Familie?" fragte ich, als ich mich wieder umgedreht hatte.

"Ty musste mal für kleine Jungs. Sie sind ein Restaurant suchen gegangen, damit er auf Toilette kann. Ich bin hier geblieben um auf die Sachen aufzupassen und um auf euch zu warten."

Ich nickte nur als Antwort. Er schielte an mir vorbei. Zu Maik, der nun in Hörweite war. Milla trug er in einer Tragetasche vor seiner Brust. Sie war dicker angezogen, als alle anderen. Ich hatte zugesehen, als er sie angezogen hatte. Ein Body, eine Strumpfhose, eine Thermohose, eine Schneehose, ein paar dicke Socken, ihre kleinen Schühchen, ein dünnes Langarmshirt, noch ein Langarmshirt, ein dicker Pullover, eine noch dickere Jacke, Handschuhe und eine Mütze die beinahe größer war als ihr Kopf. Sie sah mehr aus wie ein Stoffball, als wie ein Baby. Und Maik hatte immer noch daran gezweifelt, ob ihr nicht vielleicht doch noch kalt war.

My new Brother [boyxboy] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt