PLAYING PRETEND

43rd - Die nackte Wahrheit

ERIN

Das mit dem Verdrängen stellte sich als erstaunlich schwierig heraus, da meine Gedanken sich mehr oder weniger im Kreis drehten. Es war wie wenn dir jemand sagt, du sollst nicht an Pinguine denken - natürlich denkst du dann an Pinguine. Oder eben Hunter, in meinem Fall. Wollte ich, dass es mehr war? Wollte er das? Wir hatten ja eigentlich geklärt, was wir beide uns unter unserer "Beziehung" vorstellten, aber so fühlte es sich einfach nicht an. Ich wusste nicht, ob ich mehr wollte, aber es fühlte sich definitiv nach mehr an. Nach verdammt viel mehr an. So wie er mich küsste und so wie er mich berührte. Wir schliefen zwar erst seit gestern wirklich miteinander, aber wir waren davor schon nicht wirklich platonisch gewesen.

"Hörst du mir überhaupt zu? Ich erkläre dir gerade meinen brillanten Racheplan." Lucia sah mich vorwurfsvoll an und ich zog scharf Luft ein.

"Was wenn ich mich in ihn verliebe?", fragte ich und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Schon beim Gedanken daran, stieg Panik in mir auf.

"In Traver? Erin, ich glaube wir können diese Möglichkeit getrost ausschließen." Meine beste Freundin sah wieder auf ihren Notizblock, auf dem sie kleine Männchen zeichnete und malte munter weiter.

"Nein, Lu." Sie hob verwirrt den Kopf.

"In Hunter", schob ich leise nach. Ihre Augen weiteten sich etwas und sie wandte überrascht den Blick ab.

"Oh oh", murmelte sie, während sie vom Boden aufstand und sich neben mich auf ihr Bett setzte.

"Denkst du denn, dass du es könntest?", fragte sie vorsichtig. Ich ließ mich auf ihre Matratze zurück fallen und starrte die Decke an.

"Ich weiß absolut gar nichts. Ich hab nur ein paar Vielleichts", presste ich frustriert hervor und schloss meine Augen.

"Aber wenn du darüber nachdenkst-"

"Lucia, ich bin emotional verkrüppelt. Ich weiß nicht, ob ich jemals irgendjemand richtig lieben kann. Zumindest nicht so, wie die Person es verdient. Vielleicht haben meine Eltern mich für immer kaputt gemacht, mit ihrer Ehe. Vielleicht will ich ihn gar nicht erst lieben, um uns beiden die Enttäuschung zu ersparen." Da war es. Die unverfälschte Wahrheit. Meine letzten beiden Beziehungen waren aus genau diesem Grund in die Brüche gegangen. Sie hatten mich geliebt oder zumindest angefangen und ich wusste nicht mal wirklich, ob ich jemals an diesem Punkt ankommen würde. Der bloße Gedanke an eine ernsthafte Beziehung brachte mich schon fast wieder dazu, davon zu rennen. Ich rannte immer.

"Erin..." Lucia sah besorgt auf mich herunter.

"Ich weiß", flüsterte ich und atmete tief aus. Ich hatte Angst. Ich mochte Hunter. Ich mochte ihn wirklich, aber wenn ich ihm nicht geben konnte, was er wollte, dann würde ich gehen, damit er sich jemand suchen würde, der es konnte. Das verdiente er und das war bloß fair. Für uns beide.

"Ich dachte er will auch keine Beziehung, sonst würdet ihr das ganze hier nicht machen oder?", meinte Lucia vorsichtig.

"Ja schon-"

"Red mit ihm. Ihr schlaft erst seit Montag wieder miteinander, wenn du länger wartest, gibt es mehr was du zerstören kannst."

"Wann bist du so schlau geworden?" Lucia grinste breit und warf ihre Haare zurück.

"Ich hab einen ziemlich hohen IQ, Miss Erin. Höher als deiner, ganz sicher." Ich boxte sie leicht in die Seite und sie schüttelte den Kopf.