37th - 911

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ERIN

Langsam rutschte ich von der Küchentheke herunter und hielt mich an der Ablage fest, weil meine Beine noch etwas wacklig waren. Vergleichbar mit Pudding, ungefähr. Mein Handy lag auf dem Küchentisch ein paar Schritte entfernt. Ich nahm es und schrieb Lucia.

Ich: 911

Sie las es sofort, also gab ich ihr um die 20 Sekunden, bis sie in meine Wohnung stürmte. Ich ließ ich mich auf den Boden fallen und legte mich auf den kühlen Fließenboden. Vom Gang kamen Stimmen, Lucia rief etwas auf Spanisch, das Übliche eben. Ich atmete laut auf und schloss meine Augen. Jemand begann die Wohnungstür zu öffnen.

"Und du bist ein Arschloch." Lucia kam durch die Tür und sah sich um. Von hier unten konnte ich sie leicht sehen, aber da ich normalerweise nicht am Küchenboden lag, entdeckte sie mich nicht sofort.

"Hier", sagte ich in einem kläglichen Ton und streckte meinen linken Arm in die Luft. Lucia zog amüsiert die Augenbrauen hoch und schloss die Tür hinter sich. 

"Du hast Einiges zu erklären, junges Flittchen." Ich ließ meinen Arm wieder fallen und legte ihn mir übers Gesicht. Ich hörte Lucia näher kommen und machte ein Geräusch, das man etwa mit dem eines sterbenden Dinosauriers vergleichen konnte. Meine Freundin ließ sich neben mich auf den Boden fallen und ich nahm langsam meinen Arm von meinem Gesicht. Wir starrten beide die Decke an.

"Ich warte", stichelte Lucia ungeduldig. Frustriert holte ich Luft und räusperte mich.

"Alsooooo-", fing ich an. Lucia setzte sich auf und sah mich genervt an. 

"Okay, okay. Wir sind jetzt "Freunde mit gewissen Vorzügen"." Ich machte sogar die Anführungszeichen mit den Fingern, weil ich es irgendwie für nötig hielt. Meine beste Freundin sah mich anerkennend an.

"Ich seh schon. Dein neues Motto ist "go big or go home". Gefällt mir." Sie ließ sich wieder zurück auf den Boden neben mich fallen.

"Wieso schmeißt du den Armen ohne ihm einen Gefallen zu tun raus? Das ist sehr kalt von dir", spottete sie und fing an mich in die Hüfte zu pieken. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und sah sie fragend an. 

"Ich hab ihn grad auf dem Gang getroffen. Er hat sich nicht mal wirklich Mühe gegeben, seinen Ständer zu verstecken, du musst ihn sehr aufgewühlt haben", antwortete sie auf meine unausgesprochene Frage, jedoch nicht ohne ihrer Antwort besonderen Ausdruck zu verleihen, indem sie provozierend mit den Augenbrauen wackelte. Ich boxte ihr leicht in den Bauch.

"Willst du, dass ich sterbe?", stieß sie laut hervor und hielt sich den Bauch.

"Du musst ja nicht gleich übertreiben", erwiderte ich und rollte mit den Augen.

"Ich verblute hier schon seit 2 Tagen und du willst, dass ich nicht übertreibe." Oh.

"Dann bist du wenigstens nicht schwanger." Ich zuckte mit den Schultern und kassierte dafür einen Killerblick von ihr.

"Zurück zu deinem Stecher." Ich verzog das Gesicht und kniff die Augen zu. Lucia grinste.

"Wieso hast du ihn weg geschickt?" 

"Weil-" Ich hörte wie sich Elliotts Zimmertür öffnete und mein Bruder den Gang entlang schlurfte. Er kam um die Ecke, blieb kurz stehen, sah irritiert Lucia und mich auf dem Küchenboden an und ging dann weiter zum Kühlschrank, ohne uns weiter zu beachten.

"Hallo, Mr. R", flötete Lucia in einem ironischen Tonfall. Mein Bruder sah über seine Schulter zurück und hob eine Augenbraue.

"Find ich super, dass ihr beide euch dazu bereit erklärt, den Boden zu putzen, dann hab ich weniger zu tun." Er grinste sarkastisch und nahm sich die Milch aus dem Kühlschrank. Lucia breitete ihre Arme aus und bewegte ihre Arme auf und ab, wischte mit ihren Ärmeln über die Fließen. Meine Besorgnis galt nicht meiner offensichtlich gestörten Freundin, sondern meinem Bruder, der sich nicht wie jeder zivilisierte Mensch ein Glas aus dem Wandschrank holte. Der Widerling trank immer aus den Flaschen, die wir alle benutzen und stellte sie zurück in den Kühlschrank. Es machte mich verrückt. 

PLAYING PRETENDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt