Kapitel 51

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Der Schlafmangel von letzter Nacht, sitzt mir immer noch in den Knochen als Bonnie meine Haare macht. Keiner von uns beiden sagt etwas. Das einzige was man hört, ist die Uhr an der Wand. So ein Schwachsinn. Ich sehe sowieso nicht, wie spät es ist.

Ich spüre Bonnies Atem auf meiner Nasenspitze als sie mir die Wimpern tuscht. Sie hält kurz inne und meint dann, "Fertig." Sie will sich gerade von mir abwenden als ich sie am Handgelenk packe. Ich stehe auf und ziehe sie zu mir.

"Danke." nuschel ich an ihre Haare. Ich drücke sie fest und genauso fest drückt sie mich zurück. Sie ist meine beste Freundin und sie brauche ich gerade am meisten. Sie ist immer da wenn ich sie brauche. Sie war damals im Krankenhaus da und hat mich bis jetzt begleitet. Ich wüsste nicht was ich ohne sie machen sollte.

"Ich bin immer für dich da." flüstert sie in mein Ohr und löst sich schließlich von mir. Sie nimmt meine Hand und zieht mich mit zur Tür.

"Happy Birthday Lou."

Die Party die meine Mum organisiert hat, ist im vollem Gange. Gefühlte hundert Leute haben mir gratuliert und mir alles Gute gewünscht. Wenn ich den Tisch mit den Geschenken sehen könnte, würde ich bestimmt an die zwanzig Geschenke zählen. All die Geschenke sind unwichtig. Das einzige was ich brauche ist ihn. Er fehlt mir so sehr, dass selbst die Freude darüber, endlich die Op durchführen zu können verblasst. Diese Leute, die alle auf meiner Party sind, können sich mein Leben nie vorstellen. Sie können sich nicht ausmalen wie es mir geht. Sie sehen mein Lächeln was ich ihnen zuwerfe, wenn ich das Geschenk und die Glückwünsche entgegen nehme, aber sie bemerken die auseinanderfallende Fassade dahinter nicht. Sie kommen hierher und betrinken sich, essen und feiern auf meinen Geburtstag. Das ist alles normal für sie und ich kann ihnen nichts vorwerfen, auch wenn ich es tue. Ich wäre auch so. Ich war so.

Ich suche David, lüge ihn an, dass ich die Wodkaflasche brauche da ein paar Leute, mehr Alkohol in ihrer Bowle haben wollen und verflüchtige mich auf meinen Balkon. Ich schließe die Türen und setzte mich an die Wand gelehnt auf den Boden. Wenn sie mich suchen, sehen sie mich nicht. Ich will die Flasche gerade an Lippen führen als mein Handy in der Hosentasche vibriert. Seufzend stelle ich die Flasche weg und krame das Handy hervor.

"Ja?" frage ich in den Hörer. Am anderem Ende ist es still, ich kann nur den Atem der Person hören.

"Verdammt. Verarschen kannst du, wer auch immer du bist, jemanden anderen." zische ich, schon etwas angetrunken von der Bowle von vorhin. Ich lege auf und lasse das Handy zu Boden sinken. Ich nehme einen großen Schluck aus der Flasche, der fürchterlich in meinen Hals brennt als das Telefon erneut vibriert.

"Was?" sage ich gereizt und nehme noch einen Schluck beidem sich alles in mir zusammenzieht.

Ich seufze genervt auf und will gerade meine Hand vom Ohr sinken lassen als ich seine Stimme höre.

"Lou." erneut zieht sich mein Körper zusammen. Ich halte die Luft an.

"Alles Gute zum 18." gratuliert er mir. Seine Stimme klingt angeschlagen und schwach.

"Leg bitte nicht auf!" setzt er schnell hinzu.

"Du hast noch nicht aufgelegt" stellt er fest und ich denke das er vor Freude grinst.

"Ich bin ein Feigling. Das beweist dieser Anruf erneut. Ich bin zweimal weggelaufen und habe jetzt noch nicht mal die Eier in der Hose mit dir persönlich zu reden. Aber du würdest mich sowieso weg schicken. Ich kann es dir nicht verübeln." er spricht leise und geschwächt als hätte er genauso wie ich,  Tränen in den Augen.

"Ich will alles erklären, wenn ichs nur könnte. Ich kann nicht erklären, warum ich so dumm war.

Vor ein paar Jahren ist mein Vater gestorben. Meine Mum hat alles gepackt und ist abgehauen. Sie brauche Zeit zum trauern. Schließlich kam sie wieder und hat meine Schwester und mich geholt. Meine Welt war vollkommen durcheinander geraten. Alles war plötzlich anders und mein Vater war von jetzt auf gleich nicht mehr da." er stoppt. Ich weis, dass er weint, ich tue es auch nur versuche ich dabei keine Geräusche von mir zu geben.

"Sie hatte nen neuen Typen. Ich bin mit ihm nicht klar gekommen. Er dachte er muss mich erziehen." er schweigt erneut. Er braucht es nicht sagen, ich kann mir denken was er mit 'erziehen' aussagen will.

"Verdammt ich habe Drogen genommen, haufenweise Alkohol." seine Stimme wird lauter, verzweifelter.

"An dem Abend bin ich zu meinem Elternhaus gefahren. Ich hielt es zuhause nicht aus. Es sah alles so normal aus. Nur war kein Leben mehr in dem Haus und in mir auch nicht. Irgendwann hab ich Chris aufgegabelt. Wir haben uns zugedröhnt bis sich alles gedreht hat. Wir sind losgefahren, haben Scheiße im Auto gemacht. Ich bin auf beiden Spuren gefahren bis mich was geblendet hat."

Ich schlucke den fetten Kloß in meinem Hals runter und schließe die Augen.

"Es gab einen Knall. Das Auto war vorne total Schrott. Ich wusste plötzlich nicht mehr wo ich bin und was passiert ist. Ich habe Panik bekommen und Gas gegeben. Ich habe nicht mal in den Rückspiegel geguckt." ich höre ihn am anderen Ende schluchzen.

"Irgendwann hat sich meine Mutter von ihrem Typen getrennt, da sie herausbekommen hat, was er getan hat. Wir sind zurück gezogen. Sie hat mich in Therapie gesteckt. Ich bin die Drogen los geworden, doch nicht mein Gewissen. Es hat mich fast umgebracht. Als ich wieder da war und dich kennengelernt habe, kam alles zurück, doch ich konnte nicht weg von dir. Du bist wie ein Magnet für mich. Ich wusste das ich dich verletze."

Es ist still.

"Hass mich! Bring mich um. Zeig mich bei der Polizei an, ich werde alles gestehen. Mach irgendwas, doch bitte ignorier mich nicht." weint er ins Telefon und dann ist es still. Ich höre nur sein Schluchzen.

"Ich vermissen dich." krächze ich ins Telefon. Meine Hand umklammert krampfhaft das Handy.

"Ich werde operiert. Nächste Woche. Wenn du kommst, verzeihe ich dir. Wir hauen ab und fangen neu an. Komm oder komm nicht. Kommst du nicht, dann soll dich dein Gewissen umbringen." ich lege auf und nehme einen großen Schluck aus der Flasche. Scheiß Liebe.

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