Nachdem diese kleine, süße Streiterei aufgehört hatte, fragte Azelya ihn, warum er überhaupt gekommen war.
,,Achso. Das wisst ihr ja noch gar nicht. Mama hat gesagt, dass die Frauen zu Besuch kommen und ich soll euch wohl auch dahin fahren, wenn ihr wollt. Damit das auch eine Abwechslung ist für Eflin. Wollt ihr?"
,,Eflin willst du? Für mich ist es egal. Wenn du gehen willst, komme ich mit."
,,Mir geht es genauso."
,,Okay dann gehen wir. Aytaç willst du aber davor etwas essen?"
,,Nein, danke ich hab schon zu Hause gegessen. Wenn ihr noch nichts gegessen habt, könnt ihr ja."
,,Nein, nein wir haben schon gegessen. Aber es gibt dein Lieblingsessen!"
,,Mantımı var (gibt es Mantı)?" (Mantı: türkische Tortellini)
,,Ja. Willst du?"
,,Also zu Mantı sage ich nie nein."
Während Aytaç sein Mantı aß, brachte mich Azelya in unser Zimmer, weil sie sich umziehen wollte. Und ich konnte ja nicht alleine mit Aytaç bleiben in der Küche. Das Gästezimmer, war inzwischen unser Zimmer geworden. Ja, wir blieben im Gästezimmer. Dort waren zwei Betten, wo jeweils eine von uns schlief. Das Haus hatte wenige Zimmer, aber die Zimmer waren alle sehr groß. Ich wusste es, weil Gönül es mal erwähnt hatte. Es gab also kein weiteres Schlafzimmer, als dies von Aytaç und das Gästezimmer. Nicht das ich wüsste.
Ich war schon angezogen. Ich zog mich immer sofort an, nach dem Frühstück. Dank Azelya. Sie ist mir so eine große Hilfe, wie Gönül. Früher, als ich noch mit meiner Mutter lebte, zog ich mich immer sehr spät an, wenn ich an dem Tag nichts zu tun hatte. Doch hier hatte ich von Anfang an vor, mich früh umzuziehen, denn es kann ja sein das plötzlich Aytaç kommt und ich mit chilligen Klamotten da sitze. Das wollte ich nicht. Das könnte ein wenig unhöflich rüberkommen. Ich legte darauf sehr viel Wert, weil der gegenüber ein Fremder war und außerdem noch ein Junge...
,,Mein Kopftuch ist eigentlich schon gemacht, ich bin eigentlich auch schon angezogen, aber ich will mich irgendwie umziehen. Ich bin leider so ein Mensch, der sich ständig umzieht. Merkst du ja sicherlich langsam. Ich weiß auch nicht warum. Jeder, sogar ich versuche es seit Jahren herauszufinden, warum, aber ich weiß es immernoch nicht. Aber es ist zum Glück nur so, wenn ich raus muss. Egal, ob ich schon angezogen zu Hause sitze und mir dann einfällt, dass ich noch wohin fahren muss oder jemand plötzlich sagt, dass wir irgenwo hinfahren, ist es so. Zum Glück nicht dann, wenn ich einfach zu Hause den ganzen Tag chille. Achso. Willst du vielleicht wissen, was du trägst?"
,,Ja, sag mal bitte. Ich vertraue dir und deinem Geschmack sowieso, aber trotzdem. Sei froh Azelyachen! Nicht jeder kann jemanden mit blinden Augen vertrauen!"
,,Ooo wie süß! Ich fühl mich geehrt. Also...", sie zog das "o" lang. ,,Du hast ein langes Kleid aus jeanstoff und trägst ein senfgelbes Kopftuch dazu. Und noch ein Gürtel, um deinen Taille. Ein dünnes braunes, weil das Kleid so geschnitten ist, dass es jemanden breiter erscheinen lässt, deshalb hat der Gürtel gut dazu gepasst."
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Die Frauen waren alle sehr nett. Wir lernten uns kennen, redeten viel miteinander, tranken Tee... Nachdem alle gegangen waren, war es auch Zeit für uns, zu gehen. Amine Teyze bittete Aytaç, mich und Azelya nach Hause zu fahren, was er auch tat.
Als wir ankamen und aus dem Auto ausstiegen, gingen ich und Azelya Arm in Arm nach Hause. Doch dann hörte ich, wie sich noch eine Tür des Autos schloss. Aber unsere Türen waren doch schon geschlossen.,,Eflin!"
Hörte ich Aytaç nach mir rufen. Wahrscheinlich ist er nach uns auch ausgestiegen. Azelya und ich drehten uns um.
,,Ja?"
,,Mir ist gerade etwas eingefallen, was ich dir noch sagen wollte. Also in unserem Krankenhaus, ist eine neue Angestellte beigetreten, die Blindenschrift lehrt. Ich dachte mir, dass du vielleicht Interesse hättest, weil du ja die meiste Zeit zu Hause verbringst und dich bestimmt langweilst. Ich meine, du bist mit Azelya. Die Vorstellung breitet sogar Langeweile aus. Würdest du es lernen wollen?"
,,Hey! Nicht ich, sondern du bist langweilig okay?", sagte Azelya genervt.
,,Ehhmm...erstens ist Azelya natürlich eine der unlangweiligsten Personen der Welt. Also ich bitte dich."
Azelya lachte sich kaputt.
,,Ha! Na? Was ist Bruderherz?"
Daraufhin sagte ich plötzlich: ,,Aber Aytaç ist auch nicht langweilig!". Ich presste schnell meine Finger auf meine Lippen und fragte mich selbst, wie ich das laut sagen konnte. Wie ich überhaupt so denken konnte! Das war so peinlich! Azelya kicherte schon. Schnell kehrte ich wieder auf die Frage von Aytaç zurück, um nicht noch rot zu werden.
,,Ehh...ja! Das wäre super. Dann könnte ich ja auch Bücher in Blindenschrift lesen. Ich hab es schon vermisst zu lesen. Also ja. Wo und wann ist das denn?"
,,Also es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder du kommst jeden Montag und Donnerstag ins Krankenhaus und bekommst dort von 14 Uhr bis 16 Uhr Unterricht oder die Frau, die es beibringt, kann auch zu dir nach Hause kommen. Das ist dann jeden Mittwoch und Freitag von 15 bis 17 Uhr. Also immer zwei Stunden. Willst du lieber zu Hause oder im Krankenhaus unterrichtet werden?"
Dann sprang Azelya in das Gespräch ein. Bevor ich zum Antworten mein Mund öffnen konnte, sagte sie schnell: ,,Im Krankenhaus! Dann könnt ihr ja zusammen fahren! Immer zu hause zu lernen wäre ja keine Abwechslung. Sie ist sowieso jeden Tag hier."
Ich wusste genau, warum sie das sagte. Sie wollte aus irgendwelchem Grund, was ich nicht weiß, dass ich mit Aytaç zusammen komme. Sie hatte es sicher deshalb gesagt. Aber Aytaç war mein Retter. Ich fand es so schön, dass er ein so guter Moslim war und auf richtig und falsch im Islam achtete.
,,Azelya...es wäre doch gar nicht in Ordnung, dass ich mit Eflin alleine im Auto bin. Du könntest doch mitkommen, oder willst du doch zu Hause unterrichtet werden Eflin?"
,,Mir ist es wirklich egal. Ich hab ja jeden Tag Zeit. Azelya entscheide du."
,,Okay, dann gehen wir zu dritt ins Krankenhaus. Weil ich will wirklich, dass du eine Abwechslung hast."
Azelya meinte das natürlich nicht nur, weil sie uns passend fand, sondern auch weil sie wirklich wollte, dass ich auch mal aus dem Haus kann, da ich ständig dort war. Ich sagte nur "okay" und wir verabschiedeten uns von ihm. Morgen war dann schon die erste Unterrichtsstunde.
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Eyes of Love
RomanceEflin. Das war sie. So hieß sie. Eine Muslima, die eine tolle Menschlichkeit besaß. Sie hatte schwere Zeiten erlebt. Vor 6 Jahren starb ihr Vater. Sie war Einzelkind und lebte mit ihrer Mutter alleine. Als sie dann aber auch starb, hatte sie außer i...