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Ein völlig kaputter Ömer, der, wie es aussah, höchstwahrscheinlich geschlagen wurde, stand genau vor uns und brachte uns in Schock und Angst.

,,Ö-Ömer?! Was ist passiert?!! Ömer! Ne oldu sana (Was ist mit dir passiert)?!", schluchzte schon Gönül und nahm sein Gesicht vorsichtig in ihre zitternden Hände. Sir strich mit ihren Daumen über seine aufgeplatzte Lippe und Ömer zuckte etwas zusammen, weil es wahrscheinlich sehr weh tat. Wir halfen ihm sofort ins Wohnzimmer, auf die Couch und sorgten erstmal dafür, dass er seine Jacke auszog. Langsam tat er das, währenddessen holte ich den Erste-Hilfe Koffer aus dem Badezimmer.

Gönül fragte ihn wieder mal, was passiert war und wieso er in dieser Lage war, nachdem sie seine Wunden mit Verband etc. ''versorgt'' hatte. Er sah sehr wütend aus. Dann begann er endlich zu reden.

,,Gönül, was hast du mit Berke zu tun? Antworte mir sofort!"

Berke? Wer war das? Was meinte er? Ich sah die beiden ahnungslos abwechselnd an und hörte zu. Gönül sah ihn geschockt an und redete.

,,Berke? Hat er dir das angetan?"

,,Gönül, das ist jetzt nicht unser Thema. Versuch es ja nicht zu wechseln. Antworte nur auf meine Frage."

,,Ömer...ich, ich...wer ist überhaupt Berke?"

,,Ja, genau! Das frage ich mich auch schon die ganze Zeit, wer ist dieser Berke?", sprang ich in das Gespräch ein, doch konnte die Aufmerksamkeit leider nicht auf mich ziehen. Die beiden sahen sehr gefährlich aus. Jederzeit könnte ein Streit aus diesen Blicken platzen. Die Atmosphäre war definitiv angespannt. Was war hier los? Wo war ich hier stecken geblieben? Ich entschied mich dafür, dass ich lieber gehe und versuche Aytaç zu erreichen. Ich ging langsam aus dem Wohnzimmer raus, doch wurde noch nicht mal bemerkt. Sofort schnappte ich mir mein Handy und schrieb ihm erstmal eine Nachricht. Sein Internet war aus, weswegen ich ihn anrief. War schwer, dass er den Anruf annahm, weil wir schon Mitternacht, sogar fast ein Uhr in der Nacht hatten und er sicher noch am Schlafen war, aber die Situation, war gerade nicht das Beste. Im Wohnzimmer passierten gerade nicht so schöne Dinge. Zu meiner Verwunderung, hörte ich am Ende der Leitung die verschlafene, dennoch wunderbar klingende Stimme von meinem Verlobten. Schnell erklärte ich ihm alles, ohne ihn zu begrüßen oder sonst was und er sagte, dass er in einer halben Stunde ankommen würde. Ich ging wieder zurück zu den anderen beiden, doch beschloss mich, es doch nicht zu tun. Ich konnte aber hören, dass meine Gönül weinte. Ich wollte mich jedoch nicht einmischen, deshalb wartete ich in der Küche auf Aytaç. Also, ich saß vor dem Fenster, um ihm sofort die Tür aufzumachen, wenn er ankommt. Sollte ich lieber zu Gönül? Sie war am Weinen. Mein Herz tat weh...

Gönüls Sicht

Ich hatte Angst. Hatte er das herausgefunden, was vor zwei Wochen passiert war? Was, wenn ja? Ich hatte sehr große Angst.

-Vor zwei Wochen-

Ich und Eflin, waren, wie gewohnt im Büro und arbeiteten. Als es dann Zeit für das Gebet wurde, ging Eflin in das Gebetszimmer, doch ich blieb auf meinem Platz, weil ich nicht beten konnte. Ich glaube, ich muss es nicht erklären. Mädchen Probleme halt... Plötzlich kam ein Junge, ungefähr in meinem Alter zu mir und befahl mir, dass ich nach draußen kommen sollte, weil es etwas mit Ömer zu tun hat. Ich erkannte diesen Jungen erst später. Es war der Junge, der mich damals auf Aylins Hochzeit provoziert hatte, indem er genau neben meinem Auto stand, als ich einsteigen wollte und es wegen ihm nicht tun konnte. Mit Ömers Hilfe schaffte ich es dann doch noch. Egal. Das ist nicht unser Thema. Dann wurde ich natürlich besorgt, weil er mir gesagt hatte, dass es etwas mit Ömer zu tun hat und folgte ihm dann. Wir bogen in eine etwas ängere Straße ab, welches sowieso direkt neben dem Büro lag. Dort fragte ich ihm erstmal, was er mir sagen oder zeigen wollte. Er holte kurz sein Handy raus und tat so, als ob er auf das Display tippte, um mir von dort etwas zu zeigen, doch auf einmal, küsste er mich! Ja, ER KÜSSTE MICH! Ich wusste nicht, was ich machen sollte, besser gesagt, wie ich mich aus diesem eckeligem Kuss befreien sollte, enn er drückte mich fest an sich. Sehr fest. Ich holte meine ganze Kraft schubste ihn erstmal sehr kräftig von mir weg, sodass er auf dem Boden landete. Dieser Mistkerl. Ich wollte schnell zurückkehren, doch ohne ihn zusammenzuschlagen, konnte ich nicht einfach so gehen. Deshalb drehte ich mich kurz zu ihm und gab ihm eine schöne, fette Faust, mitten ins Gesicht. Dann noch einen Tritt, genau in den Bauch und rannte weg. Natürlich schnappte ich meine ganzen Sachen aus dem Büro und fuhr so schnell, wie möglich nach Hause. Ich war so froh, dass ich Eflin nicht begegnet war. Ich war am Weinen. Nein, schon am Schluchzen. Zu Hause, schrieb ich Eflin erstmal eine Nachricht, damit sie sich nicht Sorgen um mich machen sollte und nach mir suchen sollte. Ich schrieb ihr deshalb nur, dass ich Unterleibschmerzen hatte und mich deswegen ausruhen wollte. Stimmte ja auch. Nur diese Schmerzen waren eigentlich nicht so stark. Doch die Schmerzen im Herzen schon. Wie, wie konnte dieser Dreckskerl mich einfach so küssen, wobei ich noch nicht mal von meinem eigenen Verlobten geküsst wurde! Dieser Arschloch. Ich war immernoch am Weinen und ging mir schnell den Mund ausspülen. Ich hoffte nur, dass die ganzen Bakterien weg waren. Ich betete Allah so sehr um Verzeihung, obwohl ich ja eigentlich gar nicht Schuld daran war...

Ich hatte weder Eflin, noch Azelya, noch Ömer, noch meinen Eltern oder Geschwistern davon erzählt. Keinem. Ich tat immer auf gespielt glücklich. Ich konnte anscheinend sehr gut schauspielern, weil mich bis jetzt niemand angesprochen hatte, ob es mir schlecht ging. Ich war genau dabei, es zu vergessen, da kam Ömer und musste mich wieder an diese schlimme, sehr schlimme Situation erinnern. Ich wollte stark bleiben, um nichts anmerken zu lassen, was mir erstmal gut geling, doch musste dann wieder in Tränen ausbrechen. Er nahm mich in seine Arme, wo ich mich sicher und geborgen fühlte und er erzählte mir anschließend, dass Berke wohl zu ihm gegangen ist und ihm gesagt hat, dass wir uns geküsst hätten. Er wollte von mir die Wahrheit hören. Als ich mich ein wenig beruhigt hatte, entschied ich mich, die ganze Sache, wie es passiert war, von A bis Z zu erzählen. Das tat ich dann auch und war einigermaßen erleichtert. Ömer kochte schon natürlich vor Wut und war schon fast am Explodieren. Wir versuchten uns gegenseitig zu beruhigen, weil er jederzeit zu Berke sprinten und ihn umbringen könnte und ich immernoch am Heulen war. Als ich zu ihm hoch sah, waren seine Augen ebenfalls glasig geworden und die erste Träne floss ihm schon über die Wange. Ömer weinte. Mein Ein und Alles. Anschließend drückte er einen Kuss auf meine Schläfe und wir umarmten uns. Schließlich nahm er mein Gesicht in seine Hände und sprach zu mir.

,, Kalbim, sen hiç üzülme. Allah ona cezasını verir. Tabi bende ona daha gününü göstercem, ama neyse... (Mein Herz, sei nicht traurig. Allah wird ihn schon bestrafen. Natürlich, werde ich es ihm auch noch heimzahlen, aber egal...)", sagte er, bis uns das Klopfen an der Tür voneinander trennte. Eine mit Sorgen blickende Eflin und ein verschlafener, aber auch besorgter Aytaç stand vor uns. Eflin lief schnell zu mir und umarmte mich fest. Aytaç ging zu Ömer und holte ihn raus. Ich und Eflin redeten über die Situation und sie war wütend auf mich, weil ich es ihr an dem Tag, wo das passiert ist sagen sollte, meinte sie. Am Ende, war Gott sei Dank alles wieder in Ordnung und wir konnten wieder in Ruhe schlafen, nachdem wir die Jungs nach Hause geschickt hatten.

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