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,,Dayi? (Onkel?)", ich war schockiert, als ich ihn hier sah. Er lebte in der Türkei, sowie wie jede Verwandte von mir. ,,Sen ne zaman geldin? (Wann bist du gekommen?)". Ich lief zu ihm und wir umarmten uns. Außerdem küsste ich sein Handrücken aus Höflichkeit. ,,Hosgeldin (Herzlich willkommen) keske haber verseydin sana güzel pastalar hazirlardim (hättest du uns Bescheid gegeben, ich hätte dir leckere Kuchen gebacken)", sagte ich und lachte. Denn jeder von uns wusste, ich konnte nicht backen.

,,Ablam hastaymis. Bana neden hemen söylemediniz? Bana söyleyince hemen ucak bileti aldim geldim. Yengende gelmek istedi ama biliyosunki o hamile yakinda bebek geliyo! (Meine ältere Schwester ist wohl krank. Warum habt ihr mir das nicht sofort gesagt? Als sie es mir gesagt hat, habe ich mir schnell ein Flugticket gekauft und bin gekommen. Deine Tante wollte auch kommen, aber du weißt, sie ist schwanger, bald kommt das Baby!)", sagte er fröhlich.

Er war gekommen, weil meine Mutter ihm gesagt hatte, dass sie krank ist.

,,Ben dayina önemli bisey olmadigini söyledim ama illa gelmek istedi. Ben iyi oluncaya kadar burda kalcakmis. Bizimle. (Ich habe deinem Onkel gesagt, dass nichts wichtiges ist, aber er wollte unbedingt kommen. Bis es mir wieder gut geht, will er hier bleiben. Mit uns.)", sagte meine Mutter.

,,Okay. Ama dayi, gercekten önemli bisey yok bosuna endise ediyosun. Annem iyi. Elhamdulillah. Ben ona cok iyi bakiyorum zaten sen merak etme. (Aber Onkel, es gibt wirklich nichts wichtiges, du machst dir umsonst Sorgen. Meiner Mutter geht's gut. Elhamdulillah. Ich kümmere mich schon sehr gut um sie keine Sorge.)"

,,Olsun. Hem ben sizi cok özledim. Biraz vakit gecirelim. Hadi cay getirde şöyle güzel güzel icip sohbet edelim Eflin. (Egal. Außerdem habe ich euch sehr vermisst. Lasst uns etwas Zeit miteinander verbringen. Komm, bring Tee, damit wir es gemeinsam trinken und gleichzeitig reden können Eflin.)"

,,Tamam! (Okay!)"

Ich lief glücklich in die Küche, um Tee zu machen. Schnell fiel mir ein, dass ich vergessen hatte zu fragen, ob er Hunger hatte. Ich ging ins Wohnzimmer und fragte ihn. Doch er wollte nichts essen. Nachdem ich die Gläser mit Tee befüllte, brach ich sie ins Wohnzimmer. Wir tranken unseren Tee und redeten gemeinsam über die Verwandten in der Türkei, ob es ihnen gut geht und alles mögliche. Ich merkte, dass ich schon sehr lange nicht mehr so viel Zeit mit meinem Onkel verbracht hatte.
Am Abend verrichteten wir alle das Nachtgebet und mein Onkel ging anschließend schlafen. Als ich und meine Mutter dabei waren die Küche sauber zu machen kam mir der Gedanke, dass in meiner Familie nur wir, also ich, meine Mutter und mein Vater, als er noch lebte, in Deutschland waren. Die anderen aus der Familie waren alle in der Türkei. Deshalb hatte ich nur meine Eltern bei mir, bei denen ich mir sicher war, dass sie immer bei mir sind. Als mein Vater starb, hatte ich nur noch meine Mutter in Deutschland. In der Uni kam aber auch noch Gönül dazu. Sie durfte man nicht vergessen. In so einer kurzen Zeit, waren wir so gute Freunde, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen kann, sie nicht mehr in meinem Leben zu haben. Doch. Eigentlich hatte ich noch ein Familienmitglied hier in Deutschland. Gönül war es. Meine Schwester. Ich hatte mich bis jetzt nie mit der Frage auseinander gesetzt. Deshalb fragte ich meine Mutter schnell, warum nur wir aus der Familie in Deutschland sind. Sie sagte mir, als sie mit meinem Vater verheiratet war, war mein Vater arbeitslos. Als er dann endlich, nach vielen erfolglosen Vorstellungsgesprächen ein Arbeitsplatz fand, mussten sie nach Deutschland fliegen. Denn die Arbeit musste wohl hier durchgeführt werden. So war es dann. Alle unsere Verwandten blieben in der Türkei und meine Eltern flogen nach Deutschland.

Ich gab meiner Mutter einen gute Nacht Kuss und ging auch schlafen.

Am nächsten Morgen bemerkte ich, dass ich verschlafen habe. Na toll. Sieben verpasste Anrufe von Gönül. Ich hatte ihr gesagt, sie soll nicht zu spät kommen, aber hatte selber verschlafen. Schnell lief ich ins Badezimmer, putze meine Zähne, nahm die Gebetswaschung und ging erstmal beten. Nach dem Gebet schnappte ich mir einfach irgendwelche Kleidungsstücke aus meinem Schrank, ohne zu gucken, ob sie zusammenpassen und machte noch schnell mein Kopftuch. Ich rannte die Treppen hinunter und guckte nach, wo meine Mutter ist. Sie war in der Küche und bereitete das Frühstück vor. Mein Onkel war nirgendwo zu sehen. Wahrscheinlich war er noch am schlafen.

,,Schatz, bist du wach? Komm iss schnell was, dann kannst du zur Arbeit fahren. Du hast doch noch Zeit oder?"

,,Zeit? Anne, ich bin schon zu spät dran. Gönül ist bestimmt schon sauer auf mich. Sie hat mich schon voll oft angerufen. Sie wird mich auseinander nehmen. Hadi, ich muss jetzt los", waren meine Worte während ich meine Jacke schnell anzog, mir eine Gurkenscheibe schnappte und sie mir in den Mund stopfte.

,,Fängst du so früh mit dem Arbeiten an? Ich dachte du hast noch Zeit, sonst würde ich dich aufwecken. Warte, warte ich schmier dir noch schnell Marmelade auf das Brot, damit du es auf dem Weg essen kannst. Willst du hungrig sein, während du arbeitest oder was? Glaub mir Gönül würde nicht ständig dein Magenknurren hören wollen!"

,,Ich besorge mir schon was zu essen, wenn ich ankomme, keine Sorge Mama.", sagte ich und lief raus.

,,Hayirli isler ozaman! (Dann dir noch eine gesegnete Arbeit!)", rief meine Mutter hinter mir her.

,,Dankeeee!"

Auf dem Weg versuchte ich Gönül zu erreichen, aber sie ging nicht ran. Als ich ankam, lief ich zum Büro und bemerkte, dass die Tür abgeschlossen war. Mit gekniffenen Augen sah ich herein, aber das Licht war auch aus. War Gönül etwa da und ist dann wieder gegangen, weil ich nicht kam oder...? Gönüls Stimme riss mich aus meinen Gedanken.

,,Eflin?! Wa-Was machst du vor der Tür? Warum bist d-du nicht reingegangen?"

Sie war außer Atem. Was war los? Warum war sie gerannt? Okay. Mir ging es gerade nicht anders. Ich war selber außer Atem.

,,Ich habe verschlafen! Ich dachte, du bist schon da und bringst mich um, weil du mich schon tausend mal angerufen hast."

Sie fing an zu lachen.

,,Ich habe dich angerufen, um dir Bescheid zu geben, dass ich zu spät kommen werde."

,,Wie? Hast du auch verschlafen oder was?!"

,,Nein", murmelte sie.

,,Wie? Warum dann?"

,,Ich hatte kein Make-up mehr. Die Make-up Flasche war leer! Ich musste mir eine neue besorgen. Du weißt doch, dass ich ohne Make-up nicht rausgehen kann. Sogar auf dem Weg zum Drogeriemarkt musste ich eine Sonnenbrille tragen, damit man mein Gesicht nicht erkennt!"

,,Ist das dein Ernst? Wirklich?! Boah Gönül! Ich schlage dich gleich kaputt!"

Ich öffnete die Tür und drückte auf den Lichtschalter. Alles roch so neu. Der Geruch von neuen Möbeln. Ich liebte es. Wir setzten uns an unsere Tische und bestellten uns erstmal, etwas zu essen. Wir beide hatten Lust auf Pizza. Pizza! Früh am Morgen! Egal es schmeckte wenigstens. Der erste Tag verging schnell, aber auch langweilig. War ja auch klar. Es war der erste Arbeitstag. Somit auch ohne Kunden.
Die Gebete dort zu verrichten war auch kein Problem. Wir hatten ein kleines Zimmer nebenan, wo man in Ruhe beten konnte. Das war das beste daran. Deshalb mussten wir nicht ständig zu Hause nachbeten. Natürlich gab es noch die Möglichkeit,  in einer Moschee zu beten, was besser wäre, doch hier in der Nähe gab es leider keine.

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