Das Ziel der Dornen

488 69 9
                                    


„Männer, sammeln! Wir schlagen hier das Lager auf!", erschallte es von weiter vorne.

Hagen runzelte die Stirn, als gotundische Kräfte an ihm vorbei eilten, der Stimme hinterher. Er packte einen der Männer grob an der Schulter und hielt im vom Weiterlaufen ab.

„Was soll das?", fragte er ungehalten. „Ich habe keine Befehle gegeben."

Der einfache Soldat rang um Worte. „Ich ... dachte nur", stammelte er. „Der König schien so, als wüsste er, was er tut."

Dein König ist mein Vater", knurrte Hagen und stieß ihn grob von sich. „Jetzt lauf. Ich werde das gleich klären."

Er ließ die Männer an sich vorbeiziehen, bevor er ihnen mit stechenden Schritten folgte. Es sollte nicht so aussehen, als wäre er wie sie mit den Rufen losgehetzt. Er hörte nicht auf Befehle fremder Reiche, er nicht.

König LePapin stand in der Mitte einer größeren Lichtung zwischen den Dornen und erteilte dem Großteil der Soldaten, der um ihn herumwuselte, irgendwelche knappen Anweisungen. Das Dornendach über ihren Köpfen war nicht ganz so dicht wie an anderen Stellen, und aus mindestens kopfgroßen Löchern strahlte warmgoldenes Abendlicht auf die Lichtung hinab. Wenn man nur auf den Boden sah und den stacheligen Hintergrund ignorierte, sah es beinahe einladend aus.

Aber es war trotzdem keine Entschuldigung für –

„Was fällt Euch ein, meinen Soldaten Befehle zu geben?", rief Hagen wütend, als er gerade in Hörweite des Königs war. „Wir hatten nicht einmal im Ansatz etwas ausgemacht!"

Der König warf ihm ein entwaffnendes Lächeln zu und breitete die Arme weit aus.

„Gemach, gemach, mein werter Prinz!", rief er ihm entgegen. „Ich hatte nur beste Absichten im Sinn. Mir schien diese Lichtung wie ein guter Ort, um unser Nachtlager zu bereiten, Ihr ward nur nirgendwo aufzufinden, um es näher zu besprechen."

„Es ist Unsinn", knurrte Hagen, als er endlich näher heran war. „Wir sind überall von unerkundeten Pfaden in den Dornen umgeben, noch dazu befinden wir uns in einer leichten Talsenke, wo jeder Angreifer im Vorteil ist. Ganz abgesehen davon, dass wir kaum Entfernung hinter uns gebracht haben dürften ..."

„Wenn wir weiter gehen wird es bald dunkel", meldete sich eine vorsichtige Stimme zu Wort, und erst jetzt bemerkte Hagen Prinz Willehad, der am Boden auf einer Truhe saß und sich ein feuchtes Stoffstück gegen die Wange presste. „Und wer weiß, wie unwirtlich das Gelände dann erst wird."

Hagen musste zugeben, dass diese Argumentation einleuchtend war, aber die Umstände gefielen ihm immer noch nicht.

„Haltet das nächste Mal einfach den Zug an", sagte er. „Und lasst mich rufen."

„Ich entschuldige mich vielmals, mein Prinz", dröhnte der König und verneigte sich so tief, dass es nur im Spott gemeint sein konnte. Hagen presste die Zähne so fest aufeinander, dass es ihn wunderte, dass keiner davon brach.

„Was habt Ihr ihnen gesagt?", fragte er knapp und tat so, als bemerkte er das triumphierende Lächeln nicht, das ganz kurz nur über das Gesicht des Königs huschte.

„Diese Lichtung fasst vielleicht die Hälfte der Männer", erklärte LePapin laut. „Sie sollen ihre Zelte im Kreis aufschlagen, unsere Zelte und die unserer wichtigsten Generäle und Berater und was weiß ich sollen innerhalb dieses Kreises stehen. Die andere Hälfte soll sich in ausreichend großen Gruppen zusammenfinden und sich auf kleineren Nebenlichtungen in einer ähnlichen Formation einrichten."

Dornen - Das verwunschene KönigreichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt