43. Romys Erzählungen

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Erschrocken guckten Vincent und ich sie an, wussten gerade kaum, worum es ging.

Vielleicht hat sie den Bluterguss an seinem Hals entdeckt, der doch ein bisschen von seinem Shirt verdeckt wurde, oder ihr ist sein äußerst seltsames Verhalten aufgefallen.

Ich verstand es wirklich nicht - und werde es womöglich auch nie verstehen können.

Wieso ist Vincent so? Wieso benimmt er sich wie ein komplett anderer Mensch, sobald man ihm näher kommt beziehungsweise näher war? Schon mehr als nur nah? Hatte er Angst? Schämte er sich?

Nie würde ich auf meine ganzen Fragen jemals eine Antworten bekommen, so oft ich schon die Möglichkeit dazu hatte und es mir trotzdem nicht erklärt wurde.

Valeska stampfte in einem langsamen und gleichen Rhythmus mit ihren Fuß auf dem Boden, die Arme immer noch fest ineinander verschränkt, der Blick streng und stark in seine Augen gerichtet. Ich beneidete Valeska dafür, dass sie Vincent dazu bringen konnte, mit ihm zu reden.

»Worüber?«, fragte er mit einem etwas sanfteren Ton und Valeska verdrehte genervt die Augen, leckte sich mit offenem Mund über die Unterlippe und starrte währenddessen nach oben in den Himmel.

»Über etwas«, zischte sie und guckte wieder erwartend auf ihn herunter, sodass er gar nicht anders konnte, als sich an der Wand aufzurappeln und seiner Schwester horchend zuzuhören.

Sie funkelte ihn ein letztes Mal an, dann lief sie hinter das Gebäude, an welchem ich angelehnt saß, und er lief ihr hinterher. Erst als sie hinter der Wand verschwunden waren, hörte ich auf sie anzustarren und drehte den Kopf wieder nach vorne, starrte direkt auf den East River.

Auch wenn ich versuchte, nicht dem Gespräch zu lauschen, weil es verdammt unhöflich war, konnte ich es einfach nicht lassen, mich auf die Stimmen der beiden zu konzentrieren.

Doch aufgrund der Autos, die auf der Hauptstraße zehn Meter entfernt hinter uns fuhren, hörte ich sie nur ganz leise. Mühsam musste ich mich anstrengen, damit ich die flüsternde Stimme von Valeska überhaupt noch mitbekam.

»Kannst du mir mal bitte erklären, wieso du dich so benimmst? Wir haben über dieses Thema schon mal gesprochen«, hörte ich Valeskas Stimme knurren.

Seufzend lehnte ich den Kopf an die Wand zurück und schloss die Augen. Wenn sie schon mal darüber geredet haben, wieso war er dann immer noch so? Langsam verging mir echt die Lust danach, dass Vincent immer so sein wird, wenn wir uns näher kommen oder uns küssen - doch lassen können werde ich es anscheinend nie.

Jedes Mal wenn ich ihn anschaue und er mich, wird mir wieder ganz warm ums Herz, meine Sinne und Gedanken werden wieder benebelt, dass ich alles Vergangene vergesse und nur an das hier und jetzt denken kann, nur daran, wie es wäre, wenn ich ihn in diesem Moment küsse.

Und ich kann damit einfach nicht mehr aufhören.

Vincent stöhnte laut genervt: »Oh Valeska es ist nichts.« Doch Valeska schnaubte nur unzufrieden auf. »Natürlich«, auch wenn ich die beiden nicht sah, konnte ich mir vorstellen, dass Valeska nörglerisch die Augen verdrehte, »Vincent jetzt sag es mir doch einfach, liegt es schon wieder daran, dass du-«

Plötzlich konnte ich nicht mehr richtig zuhören, weil auf einmal Romy und Chris um die Ecke bogen. Doch nicht normal so wie Vincent und ich es getan haben, sondern eher torkelnd. Naja, um ehrlich zu sein, war Chris der, der kaum laufen konnte.

Erschrocken stand ich auf und lief zu ihnen hin, weil Romy mich hilfesuchend anschaute und Chris' Arm festhielt, der über ihrer Schulter lag.

»Was ist passiert?«, fragte ich erschrocken und stellte mich vor die beiden, legte eine Hand behutsam auf die Schulter von Chris, der mich kurz anschaute und seinen Kopf wieder zurück auf die Schulter von seiner Freundin fallen ließ, die Augen blinzelten immer wieder auf.

Addicted | wird überarbeitet und in der neuen version wieder gepostet!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt