75. Alles Gute nachträglich, Vincent

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Von einem heißen Atem an meinem Nacken wurde ich langsam wach öffnete müde meine Augen, brauchte einen Moment um zu realisieren, wo ich hier überhaupt lag, weil ich noch viel zu verschlafen war.

Nach einem kurzen Moment wurde mir sofort klar, wo ich mich befand: In Vincents Schlafzimmer. In seinem Bett. Mit meinem Rücken an seinem muskulösen Bauch.

Und wieso? Weil ich mit ihm geschlafen habe. Das dritte, gottverdammte Mal. Und das war mit Abstand der größte Fehler, den ich je begangen habe.

Ich zuckte nicht erschrocken auf, wie ich gedacht hatte. Mir wurde plötzlich ganz warm, mein Herzschlag stieg um zehn Schläge pro Minute höher und meine Augen weiteten sich sofort.

Ich konnte hier nicht mehr länger liegen. Ich musste hier weg. Und das sofort.

Schuldgefühle bahnten sich in meinen Kopf. Meine schlechten Gedanken wurden immer lauter. Beschimpfungen an mich selbst düsten durch jede Stelle meines Gehirns.

Ich war dumm. So dumm, so dumm, so dumm. Ich habe mit Vincent geschlafen, obwohl mich mein Bruder gebeten hatte, zu ihm zu kommen. Würde Vincent nicht hinter mir liegen, hätte ich jetzt vor Wut auf mich selbst angefangen zu schreien und mich geschlagen, weil ich es so sehr bereute.

Das alles durfte nicht passiert sein. Ich hätte Vincent nicht an die Hand nehmen und ihn in sein Schlafzimmer ziehen dürfen. Das alles hätte ich nicht gedurft, und ich dummes Mädchen habe es trotzdem getan.

Auf der anderen Seite ertrug ich diesen Gedanken nicht länger, zu wissen, dass ich Vincent näher gekommen war, obwohl ich ihn doch so sehr hassen wollte.

Er hat mich belogen. Mir alles verheimlicht was man mir verheimlichen konnte. Zwei Wochen lang. Er hat mir nicht mal erzählt, dass wir uns fast ein ganzes Jahr kannten.

Und wenn ich sagen würde, dass diese Nacht die schlimmste war, die ich je hatte, dann hätte ich gelogen. Und wie ich gelogen hätte.

Denn ganz im Gegenteil. Diese Nacht waren Vincent und ich uns näher, als wir es jemals waren.

Doch je länger ich daran dachte, dass alles von ihm nur gespielt war, dass all seine Gefühle, seine Worte, seine Blicke, gelogen waren, wurde mir schlecht. Mir wurde kotzübel. Und trotzdem war mir Heulen zumute.

Seufzend blieb ich liegen, fuhr mit der Zunge über meine Lippen, atmete tief durch und spürte, wie Vincent seinen Arm fester um meine Taille schlang und mich von hinten an seinen Bauch drückte. Verdammt nochmal, wir waren noch nicht einmal angezogen.

Sein Atem prallte auf meine nackte Haut, auf der sich eine Gänsehaut bildete und sich überall verteilte, ein Kribbeln auf meiner Hand entstand, wo er mich berührte.

Ich wollte nicht so fühlen - nicht so für ihn.

Aber ich konnte nicht damit aufhören.
Ich konnte ihm nicht widerstehen, seiner Art nicht, seinem Geruch nicht, seiner Lippen nicht, ich konnte ihm nicht widerstehen und genau das ist der Grund, wieso ich mit ihm geschlafen hatte. Ich brauchte ihn. Ich brauchte das, was ich nicht hatte und nur er konnte es mir geben.

Auch wenn ich es nicht aushielt, hier länger neben ihm liegen zu bleiben, weil ich nicht wahrhaben wollte, dass ich ihn liebte, schaffte ich es nicht, mich von ihm zu lösen.

Er schlief wie ein Stein hinter mir, sein Kopf lag dicht hinter meinem, seine rauen, trockenen, leicht geöffneten Lippen berührten meinen Nacken und der Atem kitzelte mein Ohr.

Mir war klar, solange ich mich nicht hier löste, würden wir so lange liegen bleiben, bis er wach wurde. Ich musste mich schon fast dazu zwingen, aus dem Bett zu steigen, aber ich wusste, dass ich vernünftig sein musste und endlich seinen Arm von mir nahm, aufstand und mich anzog.

Addicted | wird überarbeitet und in der neuen version wieder gepostet!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt