47. Szenen am Esstisch

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»Hättet ihr mir nicht früher Bescheid geben können?«, jammerte Vincent, als er sich neben mich und gegenüber von seiner Mutter an den Esstisch im Wohnzimmer setzte und sein Vater die Papiertüte vom Bäcker auf den Tisch legte, »Dann hätte ich das hier alles vorbereitet.«

Er stützte seinen Kopf in die Hände und rieb sich dann kurz die Augen, gähnte danach laut auf. »Na, worauf wartest du?«, sagte auf einmal die Mutter und klopfte zwei Mal mit ihrer flachen Hand auf den Tisch, sodass er sie verschlafen anschaute und die Arme auf den Tisch ausgestreckt legte, »Bereite mal das Frühstück vor.«

Weil ich ganz genau sah, wie wenig Lust er zu dem allen hatte, indem er einfach nicht zufrieden damit den Kopf zur Seite legte und seine Mutter anschaute, als würde er sie mit Blicken fragen, ob das ihr Ernst wäre, räusperte ich mich.

»Ich kann das auch machen«, sagte ich und rutschte mit dem Stuhl zurück, sodass er ein scharrendes Geräusch von sich gab, und guckte zu Vincent, der mich dankend anguckte. Ich lächelte ihn an und auch seine Eltern taten dies.

Da ich so einigermaßen wusste, wo die Teller und das Besteck waren, lief ich in die Küche und kramte vier Teller heraus und lief dann zu der Schublade, um vier Gabeln und vier Messer zu nehmen, bekam währenddessen mit, wie die momentan nicht vollständige Familie über mich sprach, weswegen ich das Herausholen des Geschirrs unterbrach und versuchte, zu lauschen.

»Wer ist dieses Mädchen?«, fragte Vincents Vater leise und etwas zischend.

Auch wenn er mich vorhin angelächelt hatte, dachte ich immer noch, er würde mich nicht so mögen, so wie es seine Mutter einigermaßen tat.

»Das ist Hailey«, sagte Vincent wieder und ich lachte leise auf.

Ich glaube, der Vater wollte nicht wissen, wie ich heiße, was er wusste, sondern wer ich war. Entweder Vincent verstand das nicht oder er hatte einfach keine Lust zu diskutieren.

»Seid ihr zusammen?«, fragte seine Mutter jetzt plötzlich total aufgebracht, aber doch mit leiser Stimme, mit der Hoffnung, ich würde es nicht hören, was ich aber leider Gottes tat.

Gespannt darauf, was er sagen würde, zog ich die Augenbrauen hoch und holte eine Gabel nach der anderen heraus, obwohl ich schon wusste, was seine Antwort lauten würde. Ein ganz klares Nein. Einfach aus diesem Grund, weil wir uns nicht gegenseitig die Liebe gestanden haben und ich nicht mal weiß, ob er überhaupt ein kleines bisschen für mich fühlt.

»Nein, sind wir nicht«, antwortete er und ich nickte. Es war so klar, dass er das sagen würde, und trotzdem ist mir leicht Heulen zumute.

»Und wieso hat sie bei dir geschlafen?«, fragte wieder der Vater, doch Vincent seufzte nur.

»Sag mir nicht, dass du wieder«, die Mutter wollte zu Ende sprechen, doch Vincent unterbrach sie schnell. »Mom, was du gerade denkst, so war ich vor Jahren nicht mehr gewesen.«

Ich sah es direkt vor mir, wie kalt Vincent gerade aussehen müsste und wie hasserfüllt er seine Mutter und seinen Vater anschaute.

Dachten die beiden, dass Vincent so einer wäre wie mein Bruder? Dass er nur an das eine denkt? War er so vor Jahren mal gewesen?

Mit zusammengepressten Lippen und den Messern und Gabeln in meinen Händen machte ich die Schublade mit meiner Hüfte wieder zu und legte das Besteck auf die Teller, um das ohne Probleme in das Wohnzimmer zu bringen.

Als ich in den Salon trat, sah ich alle drei miteinander zischend diskutieren, doch das war so leise und scharf, dass ich das kaum verstehen konnte. Doch als sie mich bemerkten, hielten sofort alle inne.

Addicted | wird überarbeitet und in der neuen version wieder gepostet!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt