88. Olivia Davis

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Wie auf heißen Kohlen saß ich aufrecht auf meinem Bett und starrte auf meine Hände, während ich auf meinen Besuch gleich wartete.

Ob ich das gut fand, dass ein Psychologe gleich zu mir kommen und mit mir reden wollen würde, konnte ich nicht feststellen. Klar, es war schön, wenn man mit einem Menschen reden konnte, der in der Lage dazu war, einem sagen zu können, was mit sich selbst los war, aber der Nachteil an der ganzen Sache war, dass ich jetzt schon wusste, dass ich nicht mehr ganz normal tickte.

Irgendetwas stimmte nicht mit mir. Und der Psychologe konnte mir sagen, was es war. Davor hatte ich gewaltige Angst, weil ich es ehrlich gesagt gar nicht erst wissen wollte. Ich wollte nicht wissen, was mit mir momentan passierte. Denn es war ganz und gar nicht normal.

Gerade war es neun Uhr in der Frühe und gut geschlafen hatte ich nicht wirklich, so wie eigentlich die ganzen Tage lang. Grübeleien und schlechte Träume in der Nacht machten mich fertig und ließen mich nicht schlafen, das war der Grund, wieso ich jeden Morgen mit dunklen Stellen unter meinen Augen aufwachte.

Meine Eltern waren erst gegen Mitternacht gefahren, als meine Mutter sitzend auf dem Stuhl ihren Kopf auf meinen Bauch gelegt, meine Hand gehalten und beinahe eingeschlafen war, hätte mein Vater das nicht rechtzeitig bemerkt. Noah war schon früher gegangen. Der hatte den Raum verlassen, als er mit Valeska aus dem Raum gegangen und irgendwas passiert war, weil er nicht gerade gutgelaunt schien. Zwar vermutete ich schon was und konnte glatt sagen, dass ich Recht hatte, aber laut aussprechen konnte ich das nicht. Es machte auch mich irgendwie traurig, wenn es das war, was ich ahnte.

Aber noch trauriger machte mich die Tatsache, dass Vincent sich kaum mehr bei mir meldete. Es schien, als würde es ihn kaum was interessieren, als würde ich ihn nicht interessieren. Wie gerne würde ich doch einfach zu ihm gehen und mit ihm reden, doch dann merkte ich, dass nicht ich die war, die Scheiße gebaut hatte. Es war nämlich Vincent und deswegen sollte auch er der Mensch sein, der zu mir kommt und mit mir reden will. Ob das überhaupt passieren wird, konnte ich erst herausfinden, wenn das echt passieren würde.

Und auch wenn er die letzte Person war, die ich je wieder zu Augen bekommen wollte, wünschte ich mir nichts mehr als dass er einfach mal vor meiner Haustür stehen und mich anflehen würde, ihm zu verzeihen.

Aber anscheinend verstand er nicht ganz so genau, was das richtige war, und ließ sich nicht ganz blicken.

Gähnend zupfte ich an dem Saum des weißen Krankenhauskleides herum und strich mir müde und schlaftrunken eine Strähne hinters Ohr, die in mein Gesicht fiel. In dem Moment klopfte es plötzlich an der Tür und ich hob den Kopf, wusste sofort, wer es war und was nun auf mich zukam.

Ganz langsam wurde die plastische Türklinke nach unten gedrückt und eine zierliche, nicht allzu große Blondine kam vorsichtig in den Raum. Sie lächelte mich freundlich an.

»Guten Morgen, du musst Hailey Lopez sein, nicht wahr?«, fragte sie und kam mit einer kleinen Tasche um ihrer Schulter umgehangen auf mich zu, nachdem sie wieder die Tür geschlossen hatte. Vorsichtig streckte ich ihr mit einem sanften, müden Lächeln die Hand entdecken, die sie freundlich zur Kenntnis nahm und mir die Hand schüttelte. »Ich bin Olivia Davis, aber du kannst mich Olivia nennen. Auf das Siezen und dass ich mit Nachnamen angesprochen werde stehe ich nicht so.«

Ich kicherte kurz über ihre Aussage, woraufhin sie mich anstrahlte und ich dann weiter nach hinten rutschte, um ihr Platz auf meinem Bett zu machen. Erneut strich ich mir einige Haare hinters Ohr und zupfte an meinem langen Hemd herum. Schweigen herrschte für einen Moment im Zimmer, in dem sie mich die ganze Zeit dabei beobachtete, wie ich kein Wort aus mir herausbekam und nachdachte, was ich sagen konnte.

Addicted | wird überarbeitet und in der neuen version wieder gepostet!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt