Kapitel 2: SIE

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Ethans Sicht:

„Baby, ich brauche deine MasterCard. Muss noch die Blumengestecke bezahlen, danach wollte ich noch für ein paar neue Sachen in die Stadt. Kommst du mit?", fragte mich meine Verlobte Elisa. Oh man. Wie es sich anhörte. So falsch! Aber ich war es, der ihr einen gottverdammten Antrag vor 2 Wochen gemacht hatte. Der Alkohol, die Drogen. Mein Verstand arbeitete nicht mehr so wirklich. Aber mir war mein Leben egal.

Seit einem Jahr lebte ich von Alkohol, von Gras. Seit einem Jahr... als SIE abgehauen ist. Als SIE mich alleine gelassen hat nach der schönsten Nacht, die ich jemals hatte. Als ich nur noch einen kleinen Zettel auf ihrer Seite des Bettes gefunden hatte. Mehr nicht. Kein Name, keine Begrüßungsfloskel, kein bis dann. 2 Sätze. 6 Wörter. 22 Buchstaben.

Es tut mir leid! Verzeih mir.

Das letzte was ich von ihr gelesen habe, seitdem existierte SIE nicht mehr. Weder gab es ihre Handynummer, noch ein Facebookprofil, noch WhatsApp, noch sonst irgendwas womit man sie hätte erreichen können. Sie war wie vom Erdboden verschluckt. Ihre Sachen waren weg! Niemand wusste wo sie war. Bei niemanden hatte sie sich verabschiedet. Wir wussten noch nicht einmal, ob sie überhaupt noch lebte. Ihre Eltern waren voller Sorge. Jedes Mal, wenn das Telefon ging rechnete Sofia mit dem Schlimmsten. Jedes Mal, wenn es an der Tür klingelte rechnete Sofia damit, dass die Polizei davor stand und ihr mitteilte, dass ihre Tochter tot war, das man die Leiche gefunden hatte. Es war so hart für ihre Eltern, niemanden wünschte man so etwas. Aber auch für mich war es hart. Verdammt, ich hatte sie geliebt, ich wollte mit ihr zusammen sein, nach der Nacht wollte ich sie am nächsten Tag fragen, aber da war es schon zu spät.

„Zieh Leine und fuck mich nicht am frühen Morgen ab!", schnauzte ich Elisa an und zog mir das Kissen wieder über den Kopf, damit ich ihre abgefuckte hohe, quietschige Stimme nicht mehr hörte. Wie konnte ein Mensch nur so nerven? Ich hörte sie noch schnauben, danach ihre High Heels, die über meinen Laminatboden klackerten und dann meine Zimmertüre, die sie zuknallte. Endlich. Ruhe!

Das Kissen schmiss ich neben mich und drehte mich in meine übliche Schlafposition, aber an Schlaf war dank meiner Verlobten nicht mehr zu denken. Super. Ein kurzer Blick auf mein Handy zeigte, dass wir schon kurz nach 15 Uhr hatten, war wohl doch kein früher Morgen mehr.

Aus dem Schrank nahm ich mir neue Klamotten, ging ins Badezimmer und beschloss erst einmal zu duschen. Fertig damit war das übliche Morgenprogramm dran. Zähneputzen, Anziehen, Saufen. Die nächsten Flaschen standen schon im Zimmer bereit, der Joint war gedreht. Nicht schlecht. Mein Flittchen lernte dazu.

Ich schnappte mir den Joint, setzte mich auf den Balkon und nahm den ersten Zug. Das Gras beruhigte mich, auch wenn es nicht mehr so sehr wie am Anfang war. Mein Körper hatte sich in dem Jahr schon zu sehr dran gewöhnt. Die Wodkaflasche an den Mund und der erste Alkohol an dem Tag floss meinen Hals hinunter, aber auch das brachte nicht mehr so viel wie am Anfang.

Zurück im Zimmer schaute ich auf meinen Anzug, der am Schrank hing. Schwarz. Ein weißes Hemd, eine schwarze Krawatte. Schwarze Lackschuhe. Ätzend. Mir graute es schon vor Sonntag. Ich heiratete ein dämliches Flittchen, die ich noch nicht einmal liebte. Für die ich keine Gefühle hatte, außer vielleicht Abscheu und vielleicht sogar Hass, aber die konnte reiten, zwar nicht so wie SIE, und sie konnte blasen, zwar auch nicht wie SIE, aber man musste halt nehmen was man bekam und sie lenkte mich von IHR ab. Hin und wieder.

Ich war einfach nur noch erbärmlich. Genauso wie mein Leben.

Ich trank noch einen großen Schluck aus der Flasche und bewegte mich durch den Garten zu Mel, die aber komischerweise nicht Zuhause war, nur mein Zwilling war da mit Marlo & Marla. Marla Lua... , mein 5 Monate altes Patenkind. Der einzige Grund, wieso ich nicht auch abgehauen bin und alles hinter mir gelassen hatte.

Ethan & LuanaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt