Irgendwann schließt man einfach nur seine Augen. Augen zu und durch. Einfach die Augen schließen. Vielleicht bin ich müde. Oder ich möchte nicht mehr hören, wie sich Kelly und Andreas sich aussprechen. Naja. Was ist das schon? Träge liege ich einfach nur schlapp aufgießen komischen Bahre. Die Fahrt ins Krankenhaus merke ich nicht mehr. Das Schaukeln und ruckeln trägt mich nur tiefer in mein leeres Ich. Mein inneres leeres Loch. Wow.Mein inneres zerstörtes Ich. Was kommt jetzt auf mich zu? Therapiestunden? Muss ich jetzt im Beisein von anderen essen? Klapse? Was ist mit mir? Im Krankenhaus geht es los. Aber ich weiß schon genau was fehlt. Was mir fehlt. Die Augen geschlossen, doch merke ich, wie wir ankommen. Im Krankenhaus. Ich kann die Rollen hören und wie sie über den Boden kratzen. Alles eine Frage der Zeit. Alle seine einzige Frage. Viele Ärzte fragen mich Dinge. Ich schweige zu allem. Ich möchte nicht sagen. Mich nicht verraten. Nein, danke. Das brauche ich nicht. Schon Kelly hat mich verraten. Da brauche ich nichts mehr. Nichts mehr, nein danke. Ich bekomme eine Infusion. Vitaminpräparate gespritzt. Die wollen mich aufpäppeln. Mal schauen, wann ich wieder raus komme. Wir müssen schließlich weiter.Und ich will auch schnell weiter. Weg von Kelly! Sie tut mir nicht gut. Sie hat mich verraten. Sie wollte allen erzählen, was los ist. Sie ist schuld.
Ich glaube, ich habe ein Mittel zum Schlafen bekommen. Jedenfalls wache ich in einem anderen Zimmer wieder auf. Schön hier,eigentlich. Aber man sollte nicht vor seinen Problemen weglaufen. Sage ich! Super lustig. Dabei will ich doch gar nichts! Oder jedenfalls nicht viel. Wiegen, das hätte noch gefehlt. Ich gestehe, ja. Ich habe wenig gegessen, aber das liegt nicht an meiner Vergangenheit! An was? Es war der Stress und die ganze Zeit, die ich in andere Dinge investiert habe. So was alles. Ich bin nicht schuld.Ich bin nicht krank. Gesund. Und es klopft. Zaghaft. Nein,ich will allein sein! „Herein!", rufe ich. Super gemacht. Eine schmale Gestalt schiebt sich durch den engen Türspalt. Ich erkenne Andreas. Augenblick werde ich in dem großen Krankenbett noch kleiner. „Wie geht es dir?", begrüßt er mich und sucht nach einem Stuhl, um sich zu setzen. Super, es geht mir super! „Muss." Knappe Antwort, das heißt nichts gutes. Ich hätte auch mehr sagen können, aber ich weiß ja nicht, was er schon weiß. „Ich habe mich mit Kelly unterhalten.", beginnt Andreas und lehnt sich zurück. Wird wohl ein langes Gespräch. „Und was hat sie gesagt?", erkundige ich mich vorsichtig. Man kann ja nie wissen... „Du meinst, ob sie mir alle deine schmutzigen Jugendsünden verraten hat?", lacht Andreas auf. Ich nicke. Unsicher - ob ich ach lachen oder eher noch warten soll. Andreas rückt näher. Er greift nach meiner Hand. „Chris,sie hat mir vieles erzählt. Auch über dich und versucht vieles zu erklären.", meint er. Ich nicke. Kommt da noch was? Ein bisschen was mehr? Angsthase. „Was genau?", funke ich dazwischen. Andreas lehnt den Kopf auf seinen Arm. „Chris, wenn du Probleme hast, wenn du nichts essen willst. Rede doch mit mir.",sagt er schließlich. Ich zucke zusammen, schließe die Augen und lehne mich nach hinten. Also doch. „Bruder, du kannst doch mit mir reden!", setzt Andreas nach. Wenn das so einfach wäre... Wo soll ich nur anfangen? „Ich weiß nicht...", versuche ich auszuweichen. Doch Andreas bleibt hartnäckig. „Chris, mach mir bitte nichts vor.", verlangt er.Und er klingt traurig. Ich mache ihm doch nichts vor! „Was erwartest du denn von mir?", frage ich ihn. Er seufzt. Ja, aber anders kann ich auch nicht fragen. „Keine Ahnung. Vielleicht war das eine dumme Idee." Er erhebt sich und will gehen. Ich würde ihn gerne zurückhalten. Aber wie?
„Ich weiß nicht, wie das kam.", höre ich mich plötzlich sagen.Andreas dreht sich zu mir. Tränen in den Augen. Geht es mir anders? „Was meinst du?", fragt er. Muss ich da jetzt detailliert drauf antworten? „Ich weiß nicht, wie das angefangen hat.", erkläre ich. Ich zittere. „Es ging einfach irgendwann los. Schon als Jugendlicher. Das wird Kelly dir doch erzählt haben, oder?", will ich wissen. Andreas zuckt mit den Schultern. Danach schüttelt er den Kopf, als sei er sich nicht sicher. „Wenn du glaubst, Kelly hätte dich einfach nur verraten wollen. Da solltest du ihr das gleich mal selbst sagen. Aber, nein.Sie hat mir wenig gesagt. Sie meinte eigentlich nur, ich solle dich fragen. Und wenn du nichts sagen willst, dann würde sie wenigstens ein bisschen Licht ins dunkel bringen.", berichtet mein Bruder. Ich nicke. „Aber warum ist sie abgehauen? Andreas, erkläre mir, warum ist sie weg gegangen?" Nicht nur ich zittere, meine Stimme auch. Kann man das einzeln gelten lassen? Andreas sieht auf den Boden. Weiß wohl auch nicht, was er davon halten soll.„Vielleicht brauche sie ein wenig Abstand.", wirft er in die Runde. Abstand? „Von was?", frage ich. Mein Bruder zuckt mit den Schultern. „Bin ich Kelly? Möglicherweise wollte sie dir auch Bescheid sagen, hat es nur nicht mehr geschafft. Chris, ich glaube nicht, dass es böse gemeint war.", sagt er. Ich nicke schwach. Aber trotzdem, es war ganz schön fies. „Ich kann es dir nicht erklären, dass musst du sie fragen.", meint Andreas. Wieder stimme ich mit einem Nicken zu. „Soll ich sie herein bitten?" Mein Kopf schnellt hoch. Sie ist hier? Hier? „Wie meinst du das?", bin ich verwirrt. „So wie ich es sagte,Bruder.", erklärt Andreas. Ich nicke. Schön. „Du willst sie nicht sehen?" Mein Bruder klingt erstaunt. „Doch,doch.", murmle ich unsicher. Unsicher?Bei Kelly? Was soll ich denn von dem Geschehenen halten? Und dann sieht sie mich so wieder? Schäm dich! Für was denn? „Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, sie sollte mich so nicht sehen.", versuche ich meine Lage verständlich zu machen.„Chris...", Andreas rückt näher. „Sie hängt irgendwie an dir. Wie jeder andere Mensch zwar auch, aber ich glaube, du bedeutest ihr mehr als andere. Ich würde fast sagen, sie liebt dich auf eine freundschaftliche Art und Weise.", meint Andreas. Das mag ja auch alles stimmen. Trotzdem bin ich mir nicht sicher. „Na gut.", gebe ich mich geschlagen.„Ich hole sie eben.", verabschiedet sich Andreas. An der Tür dreht er sich noch einmal um. Er sieht mich an. „Sie ist besorgt.Um dich. Und das kann ich ihr nicht verübeln." Mit diesen Worten verlässt er mein Zimmer.
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Anam Cara ~ Ehrlich Brothers FF
FanfictionJeder hat einen besten Freund, seinen Seelenfreund. Mit ihm ist man auf unzertrennliche Weise auf ewig verbunden. Eine solche Verbindung schenkt uns das Bewusstsein, verstanden zu werden. Und zwar genauso, wie wir sind - ohne uns verstellen zu mü...