Was für ein Abend! Keiner hat es eilig und so sitzen wir zu dreißig Mann in unseren Bussen. Wir trinken ein paar Bier und erinnern uns an die schönen Momente dieser Tour. Verrückte Momente, schöne und auch welche, die Eindruck hinterlassen haben. Die Premiere, die Tage davor und danach. Silvester und die vielen anderen Momente. Meinen Geburtstag! Das waren auch wirklich tolle Highlights! Noch nie habe ich so viele Geschenke bekommen. Wirklich krass. Und dann auch das Treffen im Aufzug mit Kelly. Ein Treffen, das mein Leben verändert hat. Aber sagt man das nicht immer? Menschen verändern Menschen? „Sollen wir mal langsam? Immerhin möchte Chris heute Kelly aus dem Krankenhaus abholen!", ruft Andreas. Ich lache. „Genau!", höre ich Budda grölen. „Bring sie endlich nach Hause!", wirft Stefan dazwischen. Ich nicke und lache. Da gehört sie hin! Nach Hause. „Kannst sie ja mit nach Hamburg nehmen!", schlägt Christoph von hinten vor. Ich neige den Kopf. „Ich weiß nicht, wenn sie möchte. Auf der anderen Seite schafft sie das doch nicht, wenn sie doch jetzt bald auch wieder zur Schule muss. Wir sind ja noch drei, vier Tage länger in Hamburg, deswegen. Da weiß ich nicht, wie das klappen soll.", erkläre ich. Leider. Aber kein Ding! „Lass das mal mich machen. Ich spreche mit den Verantwortlichen.", plappert Andreas los. Ich grinse. „Du bist halb betrunken und kannst nicht mehr klar denken...", werfe ich ihm vor. Andreas lacht. „Ich? Nein. Aber ich meine, so einfach aufgeben? Nicht mit uns!", antwortet er und hebt die Flasche. Ich kann nur den Kopf schütteln. „Ich glaube, wir sollten uns mal langsam in die Busse begeben. Schließlich wollen wir doch morgen schön ausgeruht sein.", wende ich ein. Der Rest lacht. Ich gestehe, es war eine dumme Idee. Wir haben frei! Okay, nicht ganz. Aber feiern wird doch wohl dürfen. Bis wir einen Kater haben. Dann wird mich Kelly bestimmt auslachen.
Oder sie findet es total doof, weil ich ja weiß, was Alkohol bei ihrem Trip verursacht hat. No risk, no fun. So haben sie es auch geschafft. Und wir müssen nicht fahren. Nur schlafen und morgen die Kopfschmerzen aushalten. Auch wenn man von so ein paar Bier nicht direkt betrunken ist. Und so viel an krassem Zeug haben wir ja gar nicht dabei! Nur unseren Bierschrank. Aber so ein Bier am Abend, das wird schon nicht das schlimmste hermachen. So trinken wir noch schön etwas. Für Hamburg müssen zwar auch ein paar Flaschen übrig bleiben, doch das schaffen wir schon. Ein paar. Es ist ein netter Abend und wird auch eine nette Nacht. Die meiste Zeit quatschen wir wirklich nur über die Tour oder über die Illusionen, die wir bis Sonntag noch kontrollieren müssen. Alles Arbeit. Und dabei möchte ich mich eigentlich um Kelly kümmern. Also, mich nicht nur kümmern, sondern auch sie wieder in den Alltag integrieren. Mit zur Arbeit bringen. Ihr Aufgaben geben. Mich um sie kümmern. Es fällt alles unter diesen Begriff. Und dabei möchte ich genau das verhindern. Ich wünschte nur, ich könnte ihr etwas abnehmen. Aber das geht nicht. Da muss sie allein durch. Ich habe das Gefühl, ich lasse sie in ziemlich vielen Dingen in letzter Zeit allein. Nie bin ich da. Nie kann ich ihr helfen. Das ist schon echt scheiße. Um es mal auf Deutsch zu sagen. Ich fühle mich schlecht. Die Luft bei uns in der Runde hier ist auch schon lange raus. Jeder trinkt nur noch und nebenbei unterhalten sich kleine Grüppchen zu komischen Themen. Aber so genau will das keiner wissen. Alex mahnt irgendwann zum Aufbruch und wir stellen fest, dass wir schon längst hätten losfahren müssen, um pünktlich den Stau zu verpassen. Ist ja egal, dann können wir wenigstens noch länger schlafen. So lösen wir unsere Grüppchen auf und jeder verschwindet irgendwo im Bus. Eigenartig, wie groß dieser plötzlich sein kann, dass man kaum einen mehr sieht. Doch nach und nach liegen alle in ihren Kojen und schlafen. Auch Andreas und ich haben uns, nach einer noch längeren Diskussion, in die Kojen. Es ist vier Uhr. Zwei Stunden Schlaf, dann schnell die Wohnung herrichten und um zehn kann ich auch schon Kelly aus dem Krankenhaus abholen. Ich fasse es nicht! Endlich darf sie nach Hause. Nach allem, darf sie endlich heim. Aber mehr Gedanken mache ich mir nicht, denn Augenblicke später bin ich auch schon eingeschlafen.
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Anam Cara ~ Ehrlich Brothers FF
FanfictionJeder hat einen besten Freund, seinen Seelenfreund. Mit ihm ist man auf unzertrennliche Weise auf ewig verbunden. Eine solche Verbindung schenkt uns das Bewusstsein, verstanden zu werden. Und zwar genauso, wie wir sind - ohne uns verstellen zu mü...