Am nächsten Morgen geht es wieder los. Der Touralltag. Da arbeiten wir uns gerade wieder hin. Andreas und ich. Wir haben nicht wirklich geredet. Einfach nur nach gestern geschlafen. Und so werden wir am Morgen um acht Uhr von unserem lieben Wecker geweckt. >Guten Morgen, Engelchen.<, schreibe ich Kelly. Sie soll wissen, dass ich an sie denke. Und dass ich mir auch Sorgen mache. Soll sie wissen! Andreas und ich kümmern uns um unser morgendliches Frühstück. Von ihm bekomme ich einen Apfel geschenkt. Lecker. Und einen Schokobon, den nehme ich mir selber. Einen guten Kaffee und eine Flasche Wasser, dann verschwinden Andreas und ich zum Joggen. Gemütlich drehen wir unsere Runde. Keiner sagt ein Wort. Schweigend laufen wir. Das Wetter sieht gut aus. „Die erste Show ist ausverkauft.", will ich ein Gespräch beginnen. Er nickt. Wirkt desinteressiert. Hat es etwas mit gestern zu tun? „Ist was?", frage ich und bleibe stehen. Er joggt einen Moment weiter, bis er merkt, dass ich stehe. „Was soll denn sein?", kommt es dumpf zurück. „Es ist doch was. Rede doch mit mir.", verlange ich. Nun lacht Andreas auf. „Wie kannst du lachen?", brumme ich. „Wie ich lachen kann?", faucht er zurück. „Das fragst du mich? Mich? Bist du sicher, dass du MICH das Fragen willst? Chris, ich frage mich zurzeit echt selber viel, da brauche ich diese Frage nicht auch noch.", antwortet Andreas. Es klingt ein bisschen hart.
„Ist es wegen mir? Hast du Fragen an mich?", erkundige ich mich vorsichtig. Andreas sieht hoch zum Himmel. „Unendlich viele.", gesteht er. Ich nicke. Okay. Tief atmen, das musste irgendwann kommen. „dann frag einfach.", erkläre ich und Andreas lächelt. Wieder mit glasigen Augen. Am Wasser gebaut, mein lieber? „Wie lange?" Die erste Frage. Schwer. Sehr schwer. „Okay, also. Schon mal als Jugendlicher, aber da ging es nach einiger Zeit wieder. Und dann halt eben jetzt nach den Ereignissen mit Kelly wieder.", gebe ich zur Antwort. Es fällt mir gar nicht so schwer, aber leicht ist es auch nicht. Noch eine Frage? „Und wie ist das so?" Okay, die zweite Frage. Die ist jetzt allerdings wirklich mal schwer zu beantworten. Ohne Witz. „Ähm, wie man sich da fühlt?" Ich schlucke. Ich schlucke schwer. „Nun ja...", beginne ich und räuspere mich. „Ich kann das schwer beschreiben. Ich glaube, es ist ein Gefühl von innerer Leere. Wenn einem der Schmerz zu viel wird. Man sich geschlaucht fühlt. Ich vermute, in diesem Moment, da gibt irgendwas nach. Vielleicht in dem Falle die Vernunft. Man tut Dinge, die kein normaler Mensch, in Anführungszeichen, machen würde. Dinge, die für solche normalen Menschen nicht erklärbar sind. Und was einmal draußen ist, das ist weg. Man fühlt sich freier und wohler, weil man weiß, dass was einen bedrückt ist weg. Und weil es meistens dann das Essen ist, was man dann nach draußen befördert hat, vermute ich, isst man auch weniger. Denn Essen hat man nach draußen verbannt. Und wieder etwas Essen heißt, dass es wieder drinnen ist. Und dann hat man wieder dieses Problem. Verstehst du? So ist das ein unendlicher Kreislauf.", gebe ich mir Mühe, es einfach zu erklären. Mein Handy vibriert.
>Guten Morgen zurück, Teddy. Was macht ihr so? Wir haben gerade Mathe. Und Langeweile.<, antwortet Kelly. Ich grinse. „Ist es Kelly?", fragt Andreas und tritt nach an mich. Ich nicke und zeige ihm die Nachricht. „Hast du verstanden, was ich gesagt habe...?", erkundige ich mich. Er nickt und sieht mich an. „Aber was ich noch nicht verstehe, warum hast du das gemacht? War Kelly der Grund? Und wusste sie davon? Von dem allem, was du hier gerade gesagt hast?", fragt mich mein Bruder. Ich lächle und hake mich bei ihm ein. „Ja, sie wusste davon...", sage ich. Zusammen mit ihm gehe ich ruhig zurück zur Halle.
Ich bin total offen und erkläre, oder versuche es wenigstens, jede Situation. Ich stelle mich offen seinen Fragen und wir reden, als ginge es gar nicht um mich. Geht es auch irgendwann nicht mehr. Kelly. Ein heißes Thema. Andreas ist der Meinung, sie brauche einen Freund. Einen Freund, der mit ihr macht, was man halt alles so macht. Keinen der sie liebt und für Bettgeschichten braucht. Sondern einen, der mit ihr auf Inlinern durch ein Einkaufszentrum saust. Das wäre ich gerne. Ihr Teddy. „Teddy? Wer kam denn auf den Namen?", lacht er. Ich grinse. Magic Teddy. „klingt doch super...", freue ich mich und zücke mein Handy. >Wir lachen und reden viel. Hast du heute Therapie?<, frage ich sie. Als Antwort kommt nur ein einfaches genervtes Ja. Kann ich verstehen, aber da muss man durch. Ich muss auch da durch. Wir haben Waage gekauft. Jeden Tag wiegen. Habe ich mir vorgenommen. Weiß auch nicht, was ich mir dabei dachte. Echt nicht. Aber es wird. Es wird alles gut und super.
Ludwigsburg. Heute rocken wir Ludwigsburg. Ich freue mich und helfe aufbauen. Zusammen schaffen wir das schon irgendwie. Bin ich mir sicher. Und wir sehen das ja eh alle immer locker. ,,Das muss heute eine Top-Show werden.", posaunt Budda. Ich bin echt mal gespannt. >Viel Spaß bei Mathematik. Wir proben jetzt noch ein wenig und danach echt es an die Show. Kommst du morgen eigentlich auch mal zu mir oder bleibst du jetzt für immer bei Jessica?<, frage ich. Dann mache ich mich mit Andreas fertig. Letzte Vorbereitungen laufen, dann gibt es eine Generalprobe. Die läuft gut. Was man halt unter gut versteht. So ein Shit. Ich konnte schon wieder kotzen. Methaphorisch. Nicht wirklich! Solche Witze kann ich auch nicht mehr machen. Andreas und ich schauen nochmal Im Internet nach den Shows.
Die erste ist ausverkauft. Hoffentlich die zweite auch.
Schon seltsam. Die ganzen Menschen. Wissen von nichts. Schreiben wieder unter die Bilder, wie müde Andreas und ich aussehen. Und dass wir und mehr ausruhen sollten. Ich bin gespannt, was heute wieder kommt. Wie ich aussehe? Muss ich mir da Gedanken machen? Quatsch. Ich doch nicht. Ich bin einfach nur hübsch. Ich warte noch auf Kellys Antwort. >Soll ich kommen, dann bin ich da.<, schreibt sie. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Aber natürlich. >Du wohnst bei mir! Vergessen?<, tippe ich lachend und erinnere mich. Schöne Zeit. Schon erreicht mich ihre Antwort. >Gut. Dann komme ich nach Hause.<, schreibt sie. Ich grinse. Andreas lächelt mich an. ,,Was hast du denn?", fragt er. Ich grinse weiter. ,,Sie kommt nach Hause.", sage ich. Andreas fällt mir lachend um den Hals. ,,Prima. Sollen wir euch zum Essen einladen? Gleich morgen Abend?", schlägt er vor. Ich nicke und setze alles an die Planung. Kelly hat gleich Schluss. Ich werde sie anrufen. Sie soll zu Lene fahren und den Schlüssel holen. Sich bereit machen. Ich komme nämlich auch nach Hause!
Die beiden Shows sind der Hammer. Ausverkauft. Eine Stimmung! Besser als auf dem Mond. Und für einen Moment scheint es wieder so leicht. Leicht und einfach. Einfach und schön. Und dann schreibt sie: >Ich warte auf dich, Teddy.<
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Anam Cara ~ Ehrlich Brothers FF
FanfictionJeder hat einen besten Freund, seinen Seelenfreund. Mit ihm ist man auf unzertrennliche Weise auf ewig verbunden. Eine solche Verbindung schenkt uns das Bewusstsein, verstanden zu werden. Und zwar genauso, wie wir sind - ohne uns verstellen zu mü...