"Rose", murmelt Aramis schlapp und rüttelt schwach an mir. Verschlafen drehe ich mich zu ihm und frage müde: "Was ist denn?" "Kannst du schnell jemanden holen? Mir geht es immer schlimmer.", raunt er kränklich.
Seine Augen sind gerötet und die Augenringe sind noch stärker geworden. Sprachlos schlage ich mir die Hände vor den Mund.
"Du hättest mir früher etwas sagen sollen!", werfe ich ihm kopfschüttelnd vor, doch er lächelt mich nur entschuldigend an, bis ich aufstehe und zur Tür tapse. Wie uns am Abend zuvor versichert wurde, sind vor der Tür tatsächlich zwei Wachmänner positioniert.
"Ist etwas nicht in Ordnung, Lady Istriana?", fragt der eine mich mit professionellem, aber dennoch sorgenvollen Blick, woraufhin ich zaghaft nicke. "Bringen Sie mir bitte sofort einen Arzt.", befehle ich und spüre sofort erschrockene Blicke auf mir.
"Zu Befehl!", erwidert er stramm und verschwindet, während sein Kamerad mich anlächelt und nachhakt, "Soll ich ihnen eine Zofe schicken?"
Für einige Sekunden muss ich überlegen, lehne dann jedoch dankend ab und verschiebe sein Angebot auf später. Zurück im Zimmer fällt mein Blick wieder auf Aramis, der krank im Bett liegt und hechelnd nach Luft ringt, was mir zuvor noch gar nicht aufgefallen war. Hastig laufe ich zu ihm und setze mich an seine Seite auf das Bett.
Schweißtropfen perlen von seiner Stirn und auch sein Gesicht ist sehr errötet, weshalb ich erneut aufstehe und aus dem Badezimmer ein kleines Handtuch hole, mit dem ich ihm den Schweiß sanft abtupfte. Sicherlich leidet er unter Fieber. Ich hoffe, dass er keinen Fieberkrampf ausbrütete.
Noch während ich darüber nachdenke, öffnet sich die Tür und ein grauhaariger Mann sowie der König höchstpersönlich treten ein. Aramis bekommt den Besuch jedoch nicht mit und greift stattdessen nach meiner Hand, um sie kraftlos zu drücken.
Eigentlich wollte ich vor den Besuchern knicksen, doch der König winkte wohlig lächelnd ab und meint: "Als ich hörte, dass es eurem Verlobten nicht gut ginge, bin ich selbstredend sofort erschienen."
"Sehr fürsorglich von Ihnen, Euer Ehren", erwidere ich lächelnd, sodass er lacht und sich auf einen Stuhl direkt neben dem Bett niederlässt, um Aramis weiterhin stirnrunzelnd betrachten zu können.
"Er sieht nicht gut aus.", lautet schließlich sein Urteil und richtet seine nächsten Worte an seinen grauhaarigen Begleiter. "Unternehmen Sie etwas. Lady Rose und ich werden draußen warten."
Nach einer kurzen Atempause wendet er sich an mich und meint: "Hol dir noch geschwind einen Morgenmantel, meine Liebe.", woraufhin ich eifrig nicke und mich widerwillig von Aramis löse, um ins Badezimmer zu gehen.
Dort lege ich mir den Morgenmantel über die Schultern und kämme mit der Bürste, die zuvor vor dem Spiegel gelegen hatte, meine Haare.
Fertig gerichtet gehe ich wieder zurück zu den anderen, wo der König im selben Moment mit Aramis spricht. Jedenfalls redet er, während Aramis nur stumm daliegt.
"Ich wäre dann fertig.", berichte ich dem König, woraufhin dieser auf mich zukommt und mir seinen Arm anbietet.
Schnell wage ich es noch, einen Blick auf Aramis zu werfen, doch er sieht noch immer genauso schlecht aus und gibt dem Arzt, der direkt neben ihm steht, mit schwächlicher Stimme kurze Antworten.
"Wir kommen wieder, sobald sie fertig sind.", kündigt der König laut an und verlässt gemeinsam mit mir den Raum.
Ich fühle mich schrecklich. Immerhin bin ich Aramis' Frau, doch in der Stunde seiner Not lasse ich ihn alleine mit einem Fremden. Irgendwie macht sich dabei ein unangenehmes Gefühl in mir breit, dass ich zuvor überhaupt nicht gekannt habe. Keine direkte Sorge, aber Angst.
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Goldstern
Historical FictionDie vier großen Lordschaften, bestehend aus dem Norden, dem Osten, dem Süden und dem Westen, lebten einst in gewaltloser Koexistenz Seite an Seite, doch dies hat sich im Verlauf der Weltgeschichte drastisch geändert. Es werden Ehen ausgehandelt und...