"An dies und das.", antworte ich und sehe ihm direkt ins Gesicht. Er sieht immer noch müde aus, aber ich werde dazu nichts mehr sagen. Ich habe meine Lektion heute Morgen gelernt.
"Ich denke, daran wie die Reise verlaufen wird.", meint er nachdenklich und läuft ein wenig auf und ab. Verwirrt blicke ich ihn an und er fügt hinzu, "Wegen den Aufständen." Ich nicke und will gleichzeitig schrecklich gerne mehr über die Aufstände wissen.
Aber als weibliches Wesen wird man von der Politik so gut es geht ferngehalten. Nur die Männer reden über die Probleme unserer Welt. Wir, Frauen sollen uns lieber um das perfekte Ballkleid kümmern. Dabei können wir noch viel mehr.
"Ihr Freund Plaum kommt.", sage ich zu Lord Istriana und er dreht sich um. Sein Freund winkt uns zu und Lord Aramis erwidert diese Geste freundlich.
"Ich habe dich gesucht, Aramis. Eine deiner weiblichen Mitreisenden liegt in den Wehen.", erzählt er und ich bekomme ganz große Augen. Hat er etwa eine seiner Mätressen geschwängert?
"Und Lady Rose, es ist eine Magd, die in den Wehen liegt.", schiebt er noch schnell hinterher als er meinen Blick gesehen hat, vermutlich. "Ist jemand bei ihr?", will Lord Istriana wissen und läuft mit großen Schritten zurück zu dem Gefolge. Ich folge den beiden Männern mit einem gewissen Abstand.
Im "Lager" angekommen, höre ich schon die schmerzerfüllten Schreie der Frau. Ob ich wohl genauso schreien werde? Oder noch schlimmere Schmerzen haben werde? Auch Lord Istriana sieht verunsichert aus.
"Sie ist mit der Hebamme in dem Zelt, da drüben.", sagt Plaum und zeigt auf ein Zelt. Zielstrebig gehe ich darauf zu, auch wenn ich mich nicht mit Geburten auskenne, will ich dennoch irgendwie helfen.
Ich schlüpfe vorsichtig durch den Zelteingang rein und sehe vor mir die gebärende Frau liegen und die Hebamme, die mit einfachen Tüchern versucht, das Blut zu stoppen. Der ganze Unterleib der Frau ist voller großer Blutspritzer.
"Wie kann ich helfen?", frage ich und beuge mich zu der Hebamme runter. "Neue Tücher, neues Wasser.", murmelt die alte Frau und kümmert sich dann wieder um die Mutter und das ungeborene. Ich nicke eifrig und husche aus dem Zelt. Wo kriege ich jetzt Tücher her?
Ein paar Schritte entfernt vom Zelt steht Plaum mit Lord Istriana. Die beiden unterhalten sich und bemerken mich gar nicht. "Entschuldigen sie, aber ich brauche dringend Wasser und frische Tücher.", sage ich und sehe sie erwartungsvoll an.
Plaum sieht mich nur schief an und Lord Istriana braucht einen Moment bis er dann sagt, "Eric, besorg schnell die Tücher. Und sie, Lady Rose kommen mit mir. Wir werden das Wasser besorgen."
Bevor man etwas antworten könnte, schreit die Frau wieder schmerzerfüllt auf. "Kommen sie.", meint Lord Istriana und nimmt mich an der Hand. Irgendwie ist es ein schönes Gefühl Hand in Hand mit ihm zu rennen. "Was haben sie vor?", frage ich ihn im Rennen. Er rennt mit mir durch das halbe Lager.
"Wasser besorgen.", antwortet er kurz und beschleunigt sein Tempo. Ich komme nicht mehr richtig mit und stolpere fast mehrmals. Ihm ist es wohl sehr wichtig, dass es seinem Gefolge gut geht. Die Einstellung gefällt mir, so muss ein guter Herrscher sein.
Plötzlich bleibt er stehen und ich falle leicht auch ihn drauf, durch das abrupte Stehenbleiben. "Entschuldigung.", murmele ich und streiche meine Kleid zurecht. Er sieht mich, aber nicht mal an, sondern sagt irgendetwas zu einem Mann. Dieser nickt und verschwindet dann. "Warum holen, wir eigentlich kein Wasser am Fluss?", will ich wissen.
"Da wir dafür Eimer brauchen.", meint er in einem Tonfall, der sehr genervt klingt. "Ich verstehe, ich bin mir sicher, dass sie das auch alleine hinbekommen werden. Ich werde lieber im Zelt helfen.", sage ich angesäuert und wende mich von ihm weg. Ich drehe mich auch nicht nochmal um, als er mir etwas hinterherruft.
Je näher ich dem Zelt komme, umso lauter werden die Schreie. Ich schlüpfe in das Zelt und sage, "Ich möchte helfen. Das Wasser und die Tücher kommen gleich." Die Hebamme sieht mich skeptisch an und meint dann, "Beruhige sie." Ich nicke und setze mich neben die schwangere Frau.
"Ich bin Rose und du?", frage ich mit einem strahlenden Lächeln. Ich spreche sie extra nicht so gehoben an, da das jetzt einfach nicht zur Situation passt. "Lily.", antwortet sie stöhnend. "Schöner Name, meine kleine Schwester hätte auch fast so geheißen, aber jetzt heißt sie Esther.", erzähle ich ihr und sehe Esther vor meinem inneren Augen aufblitzen.
"Welchen Namen soll dein Kind tragen?", will ich neugierig wissen. "Finn oder Amelie.", antwortet sie mir erschöpft, Schweißperlen rollen ihr die Stirn runter. Ich nahm mir ein rumliegendes Tuch und tupfte ihr damit die Schweißtropfen ab. "Danke.", murmelt sie und schreit dann wieder.
"Tücher und Wasser sind vor dem Eingang.", ruft Plaum laut von aus. Männern ist es strengstens verboten bei einer Niederkunft dabei zu sein. Die Hebamme wirft mir einen Blick zu und ich stehe geschwind auf und hole die Sachen rein.
Die Hebamme tunkt sofort ein frisches Tuch in das Wasser und wischt damit das Blut notdürftig weg. Ich werfe auch einen Blick auf den Unterleib und sehe schon das Köpfchen.
"Das Köpfchen ist schon da, streng' dich nochmal an.", rufe ich enthusiastisch und zaubere Lily damit ein Lächeln ins Gesicht und selbst die Hebamme kann sich ein Lächeln nicht verkneifen.
"Aaah!", schreit Lily noch ein letztes Mal und ich nehme schnell ein paar Tücher zusammen und die Hebamme legt das kleine neue Lebewesen rein. Ich fange an zu strahlen, das kleine sieht zu knuffig aus. Die Hebamme wirft noch einen Blick drauf und verkündet, "Es ist ein Mädchen."
"Hallo, kleine Amelie.", sage ich und wickele sie sorgfältig in das Tuch ein. Ich will sie gerade Lily zeigen, als diese einfach plötzlich wegkippt. Die Hebamme ist sofort bei ihr und kümmert sich um sie. "Gehen sie raus mit der Kleinen, wir kommen gleich nach.", sagt die Hebamme bestimmt.
Ich drücke die kleine Amelie an mich und verlasse das Zelt. Die Kleine kuschelt sich an meine Brust. Nur ein paar Schritte entfernt von dem Zelt stehen Lord Istriana und Plaum. Die Beiden kommen auf mich zu und betrachteten das kleine Mädchen.
"Wie geht es der Mutter?", fragt Lord Istriana. "Sie ist in Ohnmacht gefallen kurz nachdem ihre Kleine auf der Welt war. Die Hebamme kümmert sich, aber um Lily.", antworte ich.
"Wo ist denn ihr Vater?", will ich jetzt stattdessen wissen und sehe die Beiden fragend an. "Ihr Mann ist nicht dabei, er ist in Nordstern geblieben. Er wollte auch nicht, dass Lily mitkommt, aber sie hat ihn überzeugt.", erzählt mir Plaum leise, als wäre es ein großes Geheimnis. Ich nicke und schaue dann wieder Amelie an.
Das kleine Baby lächelt mich so putzig an, dass mir ganz warm ums Herz wird. Amelie ist das putzigste Baby, dass ich bis gesehen habe. Wie sie an ihrem Daumen nuckelt, herzzereißend süß.
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Goldstern
Исторические романыDie vier großen Lordschaften, bestehend aus dem Norden, dem Osten, dem Süden und dem Westen, lebten einst in gewaltloser Koexistenz Seite an Seite, doch dies hat sich im Verlauf der Weltgeschichte drastisch geändert. Es werden Ehen ausgehandelt und...