KAPITEL 18

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Wütend auf Aramis, da er einfach nicht auf mich hören will, laufe ich alleine durch die großen Gänge des Schlosses. Ich weiß nicht, wo meine Wachhunde sich in diesem Moment aufhalten, doch um ehrlich zu sein bin ich froh darüber, dass sie nicht bei mir sind.

Mit keinem Ziel vor Augen gelange ich schließlich nach draußen in den königlichen Garten, in dem an manchen Stellen Gärtner arbeiten und mir keine Beachtung schenken. 

Langsam laufe ich auf dem angelegten Weg zu einem prachtvollen Brunnen und höre das Wasser plätschern. Vorsichtig fahre ich mit meiner Hand durch das seichte Wasser.

Es scheint, als sei die Welt hier in Ordnung. Kein Aramis oder Quirin, wobei ich mir gar nicht ausmalen möchte, was der König und Aramis mit ihm anstellen werden.

Ich kann ihm nicht richtig böse sein, schließlich ist er jahrelang mein bester Freund und Kampfpartner gewesen. All die Nachmittage, die wir gemeinsam trainierend verbracht haben, oder wenn er mich mal wieder geärgert hat.

Es sind so schöne Erinnerungen mit ihm, an die ich mich eigentlich sehr gerne zurückerinnere, aber seit ich ihn vor ein paar Wochen in dem Gasthaus gesehen habe, ist alles anders. 

Er hat sich verändert und ist zu einem richtigen Mann geworden. Keiner, der mir noch Blumen schenken würde, wie er es früher getan hat. Bei ihm dreht sich nun alles um das Kämpfen und Geld.

Wie aus einem solch netten jungen ein derartiger Mann geworden ist, kann ich schlichtweg nicht nachvollziehen, doch auch äußerlich hat er sich immens verändert. Seine schwarzen Haare trägt er nun länger und seinen Körper bedeckt er mit zu edler Kleidung für seinen angeborenen Stand. Er wirkt nicht mehr echt auf mich, sondern eher ein wenig gestellt.

Wer ihm wohl seine Kleider zahlt? Selbst hat er wohl kaum genug Geld dafür. Vielleicht hätte es ihm besser getan, wenn er ein normaler Bauer geworden wäre. Andererseits ist er noch immer mein Freund. Ich darf nicht schlecht über ihn herziehen, auch dann, wenn er sich in der letzten Zeit nicht immer korrekt verhalten hat, wie man das von Freunden erwarten würde.

Noch völlig in meinen Gedanken versunken bemerke ich gar nicht, wie ich fast in eine Wache reinlaufe, die vor mir zum Stehen kommt. Erschrocken taumele ich zurück und auch der Mann dreht sich überrascht um. Sobald ich sein Gesicht sehe, weiß ich genau, wer vor mir steht.

Er weiß es auch. Ich bekomme Panik und möchte am liebsten wegrennen; nicht, weil ich etwas gegen ihn habe, sondern weil ich mich so schäme für was damals geschehen ist.

"Alles in Ordnung, Lady Istriana?", fragt mich eine meiner Wachen besorgt. Ich nicke und fahre mir verunsichert durch meine Haare. Seine Gegenwart macht mich nervös, denn ich weiß nicht, was er sagen wird, wenn er überhaupt sprechen wird.

"Kann ich einen Moment mit ihnen reden, Lady Istriana?", erkundigt er sich absolut höflich und verbeugt sich leicht. "Entschuldigen Sie, aber ich habe gerade leider keine Zeit. Vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt", antworte ich harsch und merke, wie angegriffen er sich fühlt.

Es ist besser so, und zwar für uns beide. Ich habe gerade nicht die nötige Kraft, um darüber zu reden, und zudem möchte ich nicht, dass er Probleme mit Aramis bekommt. Seit der Sache mit Quirin vermute ich stark, er wird es nicht gerne sehen, wenn ich schon wieder mit einem für ihn fremden Mann etwas mache.

"Ich werde auf Sie zukommen", sagt er, sieht mir tief in meine Augen und tritt dann höflich aus meinem Weg, damit meine Wachen und ich passieren können. Gerade noch langsam genug, um nicht unhöflich zu wirken, gehe ich an ihm vorbei.

Sobald wir um eine Ecke gebogen sind und nicht mehr in seinem Sichtfeld sind, bleibe ich stehen und atme erleichtert aus.

"Entschuldigen Sie, aber ich glaube es wäre gut, Sie in ihr Gemach zu bringen", sagt einer der Wachmänner vorsichtig. Fragend drehe ich mich zu ihm um und lege meinen Kopf schief. "Ja, vielleicht wäre das wirklich besser."

Daraufhin nickt er zufrieden und führt mich zu dem Gemach von Aramis als auch mir. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, woanders hinzugehen. Er ist sicherlich noch verärgert wegen meinem Verhalten ihm gegenüber, aber bevor ich einen Rückzieher hätte machen können, klopft der Wachmann an die Türe, woraufhin uns Sekunden später Georg öffnet und mich eintreten lässt.

Aramis sitzt gebeugt über dem großen Tisch in der Mitte des Raumes und sieht überrascht auf, als er mich hineintreten sieht, rührt sich aber nicht von der Stelle.

Georg will die Türe schon wieder schließen, als der Wachmann seine Stimme erhebt und sagt: "Lord Istriana, könnte ich kurz mit ihnen unter vier Augen reden?" Der Angesprochene sieht ihn verwirrt an und erwidert: "Wartet vor der Türe, ich komme gleich." Der Wachmann nickt zufrieden und zieht sich zurück.

"Georg, helfen Sie mir bitte mal.", befiehlt Aramis, worauf Georg zu ihm kommt und ihn stützt. Gemeinsam laufen sie zur Tür, wo Aramis kurz stehen bleibt und Georg ihn behutsam loslässt. "Schaffen Sie es alleine oder soll ich Sie noch bis nach draußen begleiten?", will dieser wissen.

"Nein, von hier aus müsste ich es allein schaffen können.", meint er mit zusammengebissenen Zähnen, drückt die Türklinke herunter und verlässt den Raum.

Sobald er draußen ist, fällt eine gewisse Anspannung von mir. Müde setze ich mich in einen Sessel und greife nach einer Decke, die daneben liegt. Ich wickele die Decke wie ein Schutzschild um mich. Unter ihr fühle ich mich geborgen und geschützt.

"Lady Istriana, vorhin sind Kleider von Ihnen angekommen. Palina hat Sie in ihr Ankleidezimmer gebracht.", sagt Georg und zeigt mit seiner Hand auf eine Türe, die mir davor nicht aufgefallen ist. "Ich werde Sie mir nachher ansehen. Wie geht es Aramis?", will ich neugierig wissen.

"Nachdem ihr draußen wart, hat er einen Wutanfall bekommen und ist zum wiederholten Male an diesem Tag einfach umgefallen, weil er keine Kraft in den Beinen hat. Das Fieber streckt ihn noch immer nieder. Aber er hat sich an ihre Bitte bis vor einigen Minuten gehalten. Ich wollte ihn zwar zurückhalten, aber er konnte sein Volk nicht im Stich lassen und hat bereits wieder angefangen zu arbeiten. Sein Volk ist ihm unglaublich wichtig.", antwortet er mir auf meine Frage.

Ich schlucke und dann noch einmal. Und völlig unbewusst rollen mir die ersten Tränen, die Wangen herunter.

"Lady Istriana, alles in Ordnung mit ihnen?"

Und genau in diesem Moment kommt Aramis wieder rein und ruft völlig besorgt: "Rose, was ist los?"

GoldsternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt