"Lady Istriana, uns wurde aufgetragen, Sie zu ihrer Hofdame zu bringen.", meint eine meiner Wachen.
"Ich folge Ihnen.", entgegne ich scherzhaft, was bei ihnen sogleich für einen Lacher sorgt. Aramis ist schon mit Clemens auf dem Weg zu der Ratssitzung. Wirklich begeistert ist er davon zwar nicht, aber da muss er jetzt durch.
Meine Wachen leiten mich erneut durch das ihnen bekannte große Labyrinth von Zimmern und Gärten. "Hier wären wir.", sagt einer der beiden und klopft gegen die Türe. Gespannt auf meine neue Hofdame stelle ich mich aufgeregt vor die Türe und warte, bis mir eine junge Frau die Türe schwungvoll öffnet.
"Treten Sie doch ein, Lady Istriana.", begrüßt sie mich höflich und knickst. Ich lächele sie an, während einer der Männer sagt: "Wir werden draußen auf Euch warten." Ich nicke nur noch und folge der Frau in ihr Gemach. Sie hat sich mittlerweile wieder aufgerichtet und ist neben mich getreten.
"Mein Name ist Beatrix und ich bin Ihre neue Hofdame.", stellt sie sich freundlich vor. "Lady Istriana.", erwidere ich bündig und mustere sie etwas genauer. Besonders auffallend dabei ist ihre Nase, die komplett von Sommersprossen überzogen ist, was sie sehr jung wirken lässt.
"Sehr schön, ich wollte eigentlich jetzt mit Ihnen Tee trinken, damit wir uns ein wenig kennenlernen, aber da Sie gleich einen Termin zu absolvieren haben, fällt das heute leider aus.", fängt sie an zu sprechen und holt aus einer Schublade eine kleine, schwarze Ledermappe hervor.
"Mit welchem Termin beginnen wir denn?", möchte ich neugierig wissen. "Mit einer Veranstaltung.", antwortet sie mir und nimmt mich an der Hand. "Ich vermute, Sie werden diesen Termin nicht mögen, aber Sie müssen ihn wahrnehmen. Anordnung von oben.", flüstert sie mir verschwörerisch ins Ohr.
"Und um was für eine Veranstaltung handelt es sich denn?", frage ich in einem leisen Tonfall und sehe sie verstohlen an. "Es ist die Hinrichtung ihres ehemaligen Freundes Quirin.", antwortet sie in einem wispernden Tonfall und sieht mich abwartend an.
Ich werde ganz bleich im Gesicht und frage entsetzt: "Wer hat diese Exekution ansetzen lassen?" Sie weicht meinen Blicken aus und nuschelt unverständlich: "Lord Istriana."
Entsetzt sehe ich sie an und schlage die Hände vorm Kopf zusammen.
"Es tut mir unendlich leid für Sie, aber ich kann mich den Befehlen nicht widersetzen, die mir gegeben worden sind.", sagt sie entschuldigend. "Euch trifft keine Schuld.", besänftige ich sie augenblicklich in einem sanfteren Ton. "Ich kann es nur nicht glauben. Es ist so unvorstellbar.", murmele ich und laufe wie in Schock durch den Raum.
"Wann genau findet sie statt?", will ich von ihr erfahren. "In dreißig Minuten.", erwidert sie und sieht zur Sicherheit noch einmal nach, doch es scheint zu stimmen. "Dann haben wir jetzt noch etwas Zeit und diese werden wir nutzen. Kommt!", meine ich wild entschlossen und gehe zur Türe nach draußen.
"Bringen Sie uns augenblicklich zu Quirin.", befehle ich meinen Wachen, die dort brav auf mich gewartet haben, in einem strengen Tonfall. "Entschuldigen Sie, Mylady, doch ihr Mann hat es uns verboten und wir stehen unter seinem Befehl.", meint einer der beiden und sieht zu Boden.
"Dann bringen sie mich zu meinem Ehemann.", meine ich schlagfertig und funkele sie wütend an. "In Ordnung", murmelt er und führt uns zu Aramis. "Was haben sie vor, ihm zu sagen?", fragt Beatrix neugierig.
"Das frage ich mich auch.", meine ich in einem ratlosen Ton. Prinzipiell ist es sein gutes Recht, schließlich hat Quirin sich an seiner Frau vergriffen, während Aramis flachlag. Auf der anderen Seite habe ich mitgemacht. Ich habe mich küssen lassen.
Eigentlich sollte ich mich glücklich schätzen, dass er mich noch geheiratet hat, obwohl ich ihn eigentlich schon mehrmals betrogen habe. Zwar wollte ich es nie, aber dennoch habe ich nichts dagegen getan. Habe mich nie gewehrt oder wehren können. Obwohl ich mich Quirin gegenüber verweigern hätte können, doch ich bin wie eingefroren gewesen.
"Wir sind da, Lady Istriana.", sagt einer meiner Wachen und will gerade schon anklopfen, als ich ihm zuvorkomme und einfach in den Raum reinplatze. Die Aufmerksamkeit aller liegt auf mir. Mit selbstbewussten Schritten gehe ich zu Aramis und meine: "Wir müssen reden. Jetzt."
Er sieht mich amüsiert an und erwidert lediglich: "Komm."
Verwundert darüber, dass er sich überhaupt nicht aufregt oder sich verweigert, folge ich ihm in das Nebenzimmer. Die restlichen Männer in dem Raum, unter ihnen auch Clemens, beobachten uns mit belustigten Blicken.
In dem Raum, fange ich das Gespräch an und meine: "Warum erfahre ich erst jetzt, dass Quirin hingerichtet wird?" "Weil ich es selbst erst heute Morgen entschieden habe.", entgegnet er ruhig und kommt auf mich zu. "Geh weg. Ich bin sauer auf dich.", sage ich in einem trotzigen Ton und laufe ein paar Schritte weg von ihm.
"Rose, du verhältst dich wie ein kleines Kind. Ich hätte mehr von dir erwartet.", kränkt er mich gezielt und bleibt stehen. "Kann sein, aber ich verstehe nicht, warum er hingerichtet wird. Reicht es nicht, ihn zu verbannen?" "Das verstehst du nicht, aber es reicht nicht. Vertrau mir einfach.", versucht er mich zu überzeugen.
"Ich kann dir nicht vertrauen. Du lässt meinen besten Freund umbringen!", fauche ich ihn sauer an und verschränke die Arme vor meiner Brust.
Das lässt ihn wütend werden. Er zieht mich grob zu sich und meint verärgert: "Du musst lernen, mir zu vertrauen. Ich vertraue dir und habe dir schon so manches vergeben, während du dich mir immer in den Weg stellst. Aus diesem Grund, Rose, finde dich damit ab. Meine Entscheidung steht und du wirst sie nicht mehr ändern können."
"Egal, was ich mache?", will ich provokant wissen und sehe ihn abwartend an.
"Wage es nicht, Rose. Du wirst während der ganzen Hinrichtung neben mir sitzen und nichts machen.", befiehlt er mir in einem einflößenden Ton. Am liebsten würde ich etwas erwidern, aber es würde alles nur noch schlimmer machen.
Deswegen lasse ich mich von ihm nach draußen zu Beatrix und meinen Wachen bringen. Er sagt kurz noch etwas zu den Wachen und verschwindet dann wieder in dem Raum, aber er flüstert mir noch mit einem warnenden Blick zu: "Wir sehen uns gleich. Unversehrt."
Statt darauf etwas zu antworten, laufe ich mit Beatrix und meinem Gefolge weg. Ich weiß nicht, was schlimmer ist: dass Quirin gleich sterben wird oder dass Aramis mächtig sauer auf mich ist?
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Goldstern
Fiksi SejarahDie vier großen Lordschaften, bestehend aus dem Norden, dem Osten, dem Süden und dem Westen, lebten einst in gewaltloser Koexistenz Seite an Seite, doch dies hat sich im Verlauf der Weltgeschichte drastisch geändert. Es werden Ehen ausgehandelt und...