KAPITEL 21

1.3K 93 6
                                    

"Und? Wie gefällt Ihnen die Feier, Rose Helen Istriana aus dem Norden?", fragt Aramis mich grinsend und lehnt sich zu mir vor. "Du musst deinen Nachnamen jetzt auch immer besonders deutlich einbringen, oder?", entgegne ich amüsiert und nehme einen Schluck aus meinem Weinglas.

"Ich mag den Klang einfach.", entgegnet er charmant und nimmt sich einen großzügigen Happen von einem der Tablette, mit denen die Bediensteten die ganze Zeit schon durch den Ballsaal laufen.

Ich bin schon ganz aufgeregt, gleich zusammen mit Aramis den Ball eröffnen zu dürfen. Als Ehepaar. Zwar habe ich Angst vor heute Abend, aber ich verdränge es, so gut es eben geht. Gerade lache ich auf und möchte etwas erwidern, als Clemens zu uns stößt.

"Gleich, ist es soweit. Ich bin ja fast aufgeregter als bei meiner eigenen Hochzeit.", gibt er grinsend zu. Ich lächele ihn freundlich an und meine: "Zum Glück habe ich ein langes Kleid an, dann fällt es wenigstens nicht auf, wenn ich einen falschen Tanzschritt mache!"

Aramis und Clemens lachen amüsiert auf und Clemens ergänzt: "Ich werde euch dann vor bitten.", bevor er auch wieder weitergeht zu den anderen Gästen.

Bis zu diesem Moment kann ich nicht verstehen, wie er es geschafft hat, dass die Gäste so zahlreich erschienen sind. Innerhalb von drei Tagen haben sich Adlige aus den hintersten Zipfeln des Reiches auf den Weg gemacht haben abgesehen von unseren Eltern. Einerseits finde ich es schade, da ich es schön gefunden hätte, wenn mein Vater mich an Aramis übergeben hätte.

Auf der anderen Seite bin ich froh, dass meine Mutter nicht da ist und sich überall einmischen kann. Noch bevor ich völlig in meiner Gedankenwelt hängen bleibe, tritt Clemens nach vorne und es verstummt im ganzen Saal. Alle sehen gespannt zum König, doch dieser wartet erst einmal ab.

"Er macht es aber spannend.", kommentiert Aramis das Verhalten von Clemens und ich kann mir ein leises Lachen nicht verkneifen, weswegen einige ältere Herrschaften mich verärgert anschauen.

"Meine Damen und Herren, wir alle haben uns heute hier versammelt, um die Hochzeit von Lord Aramis Luis Istriana und Rose Helen Istriana aus dem Norden zu feiern. Den wichtigsten Part einer solchen Eheschließung haben wir auch schon miterleben dürfen: den Eheschluss in Gottes Hause. 

Aber jetzt erleben wir ihren ersten Tanz als Ehepaar. Dafür bitte ich um einen großen Applaus!", ruft er freudig und klatscht zufrieden in die Hände, während er vom Tanzparkett verschwindet.

Aramis und ich haben uns in der Zwischenzeit einen Weg durch die Menschen auf das Tanzparkett gebahnt. Das Orchester fängt schon an zu spielen und wir machen uns ebenfalls bereit. Seine eine Hand verweilt auf meiner Taille, während meine Hand in seiner anderen liegt.

"Jetzt.", flüstert er mir leise zu und bewegt sich gleichmäßig zum Takt.

Ich lasse mich voll und ganz von ihm führen. Gebe mich vollkommen der Musik hin. Und als ob meine Füße fliegen könnten, wirbele ich über das Parkett. Die verschiedenen Schrittfolgen kommen wie von alleine.

Ich fühle mich so frei, blende alles um mich herum aus. Es existieren nur noch wir beide. Sogar meine Sorgen für den folgenden Verlauf des Abends kann ich für diesen einen Tanz vergessen. In diesem Augenblick lösen sich alle Sorgen in Luft auf.

Dann auf einmal wirbelt mich Aramis ein letztes Mal und ich hänge in seinen Armen. Er beugt sich zu mir herunter und küsst mich. Die Menschenmenge klatscht und jubelt freudig, aber ich konzentriere mich nur auf unseren Kuss. Es liegt so viel Zärtlichkeit in ihm, dass ich mir vorstellen kann, dass es heute Abend vielleicht doch nicht so schrecklich sein wird.

"Was für ein schöner erster Tanz als Ehepaar.", sagt Clemens und tritt zu uns.

Mit diesem Satz kapituliert er mich zurück in das Hier und Jetzt. Ich werfe einen Blick zu Aramis, aber dieser steht ganz gefasst da. Plötzlich werde ich von einem tanzenden Paar angerempelt.

Um uns herum haben sich auch die restlichen Paare eingefunden, um zu tanzen. Ich sehe nicht weit von uns entfernt auch Clemens mit seiner Amal herumwirbeln. Zu schade, dass die beiden noch kein Kind haben. Wenn es nur die Augen seiner Mutter erben würde, wäre es bereits wunderschön. Zusammen mit der Gutherzigkeit von Clemens wäre es vermutliche in wahres Wunschkind.

Wie wohl unsere Kinder aussehen und was für einen Charakter sie besitzen werden? Vermutlich erfahre ich es noch früh genug. Sofort erinnert mich dieser schöne Gedanke wieder an heute Abend. Ich weiß immer noch nicht, wie ich es ihm sagen will. Er beharrt schon seit Tagen darauf, mein Geheimnis herauszufinden.

Ohne es groß wahrzunehmen, führt mich Aramis weg von der Tanzfläche in eine etwas ruhigere Ecke. Von hier aus kann ich die Gesamtheit des Festes viel besser betrachten. Die Paare sehen wie ein kleines Kunstwerk für sich aus. Sie gehören in ihrer Individualität nicht zusammen und doch verbindet sie etwas.

"Es sieht schön aus, oder?", bemerkt Aramis und zieht mit seiner Hand Kreise auf meinem Rücken. Ich wende meinen Kopf weg von dem Tanzparkett zu ihm und meine verträumt: "Es sieht fantastisch aus."

"So wie du heute.", schmeichelt er mir gezielt. Ich werde rot und meine schüchtern: "Danke." Ich konnte noch nie gut mit Komplimenten umgehen. "Du musst nicht rot werden, Kleine.", sagt er und haucht mir einen Kuss in mein Haar.

"Aramis.", tadele ich ihn und drehe meine Kopf von ihm weg. Es ist mir peinlich, wie er mich vor so vielen Menschen begehrt. Ich fühle mich nicht wohl dabei und verkrampfe. Er scheint es nicht zu bemerken und macht unbeirrt weiter.

"Aramis!", stoße ich verärgert hervor und will weggehen. "Rose, du Spielverderberin.", meint er genervt, hört aber auf. "Danke.", erwidere ich dankbar und lehne mich gegen die Wand.

Was heißt schon lehnen, mein Kleid lehnt sich gegen die Wand. Ich bekomme langsam, aber sicher Kopfschmerzen. Es ist nicht wegen der fehlenden Luft in diesem Saal oder weil es einfach allgemein ein anstrengender Tag ist, nein. Es ist wegen dem heutigen Abend.

Ich weiß bis jetzt immer noch nicht, wie ich es ihm erzählen soll und wie er darauf reagieren wird. Zum Einem bin ich nach diesem vielleicht schmerzhaften Teil meinerseits nicht so aufgeregt wie für andere. Es kann auch sein, dass es schlimmer wird. In einem Moment wie diesem hätte ich gerne meine Mutter einfach für die seelische Beruhigung bei mir.

Gott stehe mir bei.

GoldsternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt