KAPITEL 5

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"Hoffentlich machen wir bald eine kurze Rast.", jammert meine neue Zofe Lucia neben mir. Ja, hoffentlich, dann muss ich ihr nicht mehr zu hören. Ich nicke und sie sieht es wohl als eine Aufforderung an, weiter zu reden.

Schon seit wir heute Morgen aufgebrochen sind, erzählt sie mir Sachen oder schwärmt mir vor wie toll Lord Istrianas Begleiter und Berater Eric Plaum sein soll.

Abgesehen von meiner redseligen Begleiterin verläuft die Reise angenehm. Meine Beine fangen zwar langsam an zu schmerzen dank des bequemen Damensattels. Ich glaube Lucia macht es überhaupt nichts aus, zumindest hat sie noch kein Wort darüber verloren. Ein kleines Wunder für sie.

"Lucia, bring mich bitte zum Lord.", sage ich und unterbreche ihren Redefluss. "Aber natürlich, Lady Rose.", antwortet sie und wendet ihr Pferd. Ich folge ihr und sehe schon nach kurzem den Lord und seinen Berater Plaum.

"Ich komme gleich wieder. Warte einfach einen Moment.", sage ich mit einem kurzen Seitenblick zu Lucia. Sie nickt und ich reite weiter zum Lord.

Als hätte er mich kommen hören, dreht er sich kurz in seinem Sattel ein wenig nach hinten und sieht mich. Ich lächele ihm freundlich zu und er lässt sich ein wenig zurückfallen, so dass wir jetzt nebeneinander reiten.

"Gibt es irgendein Problem, Lady Rose?", fragt er bestimmt und sieht mich an. Ich schüttele den Kopf und erwidere, "Kein großes, ich wollte nur wissen wann Sie vorhaben eine Pause einzulegen."

"Ah, darum geht es ihnen. Ich habe in nächster Zeit keine vorgesehen, aber wenn sie eine brauchen, könne wir selbstverständlich eine einlegen.", meint er und betont in seinen Sätzen genau, dass er denkt, ich könnte nicht länger reiten.

Man kann regelrecht spüren, dass er es mir nicht zutraut, da ich eine Frau bin. So, als könnte ich schließlich nichts anderes als hübsch aussehen, Taschentücher sticken und Kinder kriegen.

"Oh, dass wusste ich nicht. Meine Zofe hat nur so etwas angedeutet und ich wollte mich informieren. Entschuldigen, sie bitte die Störung.", murmele ich und ich fühle mich immer kleiner. Klein und nutzlos. 

"Nicht schlimm, mich freut es zu sehen wie sehr sie sich um das Gefolge sorgen. Hätten sie Lust mit mir eine Weile zu reiten?", will er wissen und grinst mich schief an.

Wenn ich jetzt Nein sagen würde, würde ich die ganze Zeit meine Mutter vor meinem inneren Auge sehen wie sie mich ausschimpft. "Sehr gerne.", antworte ich und mime so die gute Gattin. "Dann kommen sie mit.", ruft er mir zu und galoppiert einfach so plötzlich los. Wenn er jetzt einen Wettkampf haben möchte, bin ich dabei.

Ich gebe meinem Pferd die Sporen und schlängele mich durch die Mitreisenden. Der Lord besitzt noch einen kleinen Vorsprung, aber nicht mehr lange. Ich will das gewinnen, koste es was es wolle. 

Das Pferd schnauft schon und ich merke zu meinem Pech wie es langsam an Tempo verliert. Aber nicht nur meines, auch das vom Lord macht schlapp. Und deswegen stoppt er sein Pferd auch und wartet bis ich ihn erreicht habe.

"Sie haben verloren.", stellt er belustigt fest. "Aber nur weil mein Pferd nicht mehr konnte und ich es nicht weiter quälen wollte.", verteidige ich mich standhaft und fahre dem Pferd über den Hals. "Sehr verantwortungsvoll, Lady Rose.", stimmt er mir zu und wir reiten in einem gemächlichen Tempo weiter.

"Nächtigen wir eigentlich in Gasthäusern oder in Zelten?", frage ich neugierig. "So gut es geht in Gasthäusern.", antwortet er schlicht und hält an und dreht sich zum Gefolge um.

"Wir machen eine Pause. Vertretet euch die Beine, kümmert euch um die Pferde. Und in 15 Minuten geht es weiter.", ruft er und es ertönt freudiges Geschrei. "Da freuen sich noch ein paar mehr Menschen auf die Pause, als nur sie.", sagt er zu mir amüsiert und grinst breit. 

"Ja, das tun sie.", sage ich und reite ohne ein weiteres Wort zu Lucia und sie kümmert sich um mein Pferd. Während ich mich ein paar Schritte von den Menschenmassen entferne. Ich brauche gerade einen kurzen Moment für mich. Um wieder klare Gedanken fassen zu können. Der Lord verwirrt mich extremst und ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll.

Meine Beine fühlen endlich mal wieder etwas unter sich und hängen nicht mehr in der Luft herum. Nach ein paar Minuten verschwindet auch das Taubheitsgefühl endgültig und ich lehne mich an einen Baum an. Ich hätte nicht gedacht das Reisen ohne Kutsche so anstrengend ist.

Obwohl es in der Kutsche auch immer anstrengend war. Mit meiner Mutter und manchmal meiner Schwester, durfte ich immer sticken oder mir von Mutter irgendetwas beibringen lassen. Nur ganz selten reiste Mutter nicht mit und Darija und ich hatten immer viel Spaß. Egal ob wir den Fahrer geärgert haben oder einfach nur Witze erzählt haben.

"Woran denken sie? Sie wirken so abwesend.", fragt plötzlich der Lord neben mir. Erschreckt fahre ich hoch und sehe ihn mit großen Augen an. "Habe ich sie erschrocken?", lacht er und stützt sich mit einem Arm an dem Baum ab.

Ich fahre mir durch die Haare und antworte so ruhig wie möglich, "Ja, sie waren sehr plötzlich da." "Ich habe sie doch sogar gerufen.", meint er gespielt entrüstet und ich kichere.

"Also, woran haben sie gedacht?", will er neugierig wissen.

GoldsternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt