➰ 30. KAPITEL ➰

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Jedem Menschen,

dem du Vertrauen schenkst, gibst du ein Messer in die Hand.

Wenn du Glück hast, verteidigt er dich damit.

Wenn du Pech hast, sticht er es dir in den Rücken.

-

Sobald Harry verschwunden und ich die Tür abgeschlossen habe, verschanze ich mich in der hintersten Ecke des Raumes. Das Messer umklammere ich mit beiden Händen und starre mit weit aufgerissenen Augen zur Tür. Verschiedenen Gedanken explodieren in meinen Kopf. Ist es Nestor gewesen? Vielleicht ist das alles nur ein Ablenkungsmanöver? Ich fühle mich überhaupt nicht wohl. Noch immer ist das Fenster offen und es weht ein eisiger Wind durch das Zimmer, aber ich will nicht extra aufstehen und es schließen. Meine Beine habe ich angezogen und die Arme darum geschlungen. Weil ich das Warten nicht ausstehen kann, versuche ich leise vor mich hinzuzählen.

So circa 5400 Sekunden später klopft jemand an die Tür, ich sage nichts und lausche einfach nur. Nochmal ein Klopfen, diesmal lauter und doller. Dabei wird die Türklinke runter gedrückt.

„Ebony? Ich bin es, Harry"

Erleichtert lasse ich das Messer fallen, laufe zu Tür und öffne sie. Tatsächlich ist es nur Harry, der sofort beide Hände, rechts und links, auf meine Wange legt und mich musternd anschaut. Sein Blick huscht kurz zur Seite. Ich bemerke etwas Rotes.

Auf der Tür von außen wurde ein rotes Kreuz gemalt. Ich presse die Lippen aufeinander und schließe die Augen. Außerhalb von Infierno, wenn eine Familie nicht mehr existiert oder sich jemand einen Erzfeind gemacht hat, wurde dieses Zeichen an die Tür gemacht. Damit die Menschen sehen konnten, dass die Familie oder die Person Feinde hat.

„Hey Ebony" Harry streicht mit seinem Daumen vorsichtig über meine Wange „Schau mich an!"

Ich öffne die Augen und bekomme direkt seinen eindringlichen Blick zu spüren.

„Dir wird nichts passieren, okay? Ich verspreche es dir"

„Versprich nichts, was du dann letztendlich nicht halten kannst", flüstere ich leise und schüttle mit dem Kopf. Ich weiß zu schätzen, dass er das sagt, doch man kann sich bei sowas nie sicher sein.

„Ich kann es versuchen", erwidert Harry, muss ein wenig Grinsen und seine Grübchen stechen hervor. Lächelnd hebe ich meine Hände und fahre mit den Fingern vorsichtig über die weiche Haut.

„Was ist passiert?", frage ich und sein Lächeln und somit auch seine Grübchen verschwinden. Er löst sich von mir, macht die Tür zu und massiert sich mit einer Hand den Nacken. Sein Gesichtsausdruck ist plötzlich wieder ganz ernst.

„Zwei Leichen. Viel Aufruhr, das Kreuz an deiner Tür ist nicht das Einzige. Ylvie hat auch eins an ihrer"

„Oh" Gott das klingt vielleicht herzlos von mir. Mir fällt nur auf das Harry sich, wie immer, Sorgen um Ylvie macht. Ich kann ihn verstehen, jedoch freut es mich nicht das von ihm zu hören.

„Wir haben den Mörder gefunden und eingesperrt. Zu Louis in die Zelle. Nur ist noch nicht klar, ob er das auch mit den Kreuzen gewesen ist ..." Harry setzt sich nachdenklich auf das Bett. Ich bin mir schon fast sicher, das es Nestor war. Er hat das Gespräch vorhin mitbekommen. Aber woher weißer in welchen Zimmer ich gewesen bin? Und wenn er mich gefunden hätte, was wäre dann passiert ...

Harry steht auf und kommt neben mich.Zusammen schauen wir aus dem Fenster.

„Ich möchte dir gerne was zeigen", sagt er plötzlich und ich nicke nur. Er greift nach meiner Hand und zieht mich zur Tür.

Prisoner | h.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt