-Sebastian-
„Was ist los?" fragte Rico, stellte sich neben ihn und sah sowie Sebastian nach unten. Die beiden standen auf der höchsten Etage des Gerüst und stützten sich mit den Unterarmen auf die Stange, die als Geländer diente, dabei ging ihr Blick auf den Bau unter ihnen, welcher jeden Tag mehr an Form gewann.
Sebastians Laune sackte von Tag zu Tag mehr ab, mittlerweile war er sich nicht mehr sicher, ob der Traum und die Blitze nicht doch einfach nur ein äußerst dummer Zufall gewesen waren. Er fand sie einfach nicht. Nicht eine einzige Spur entdeckte er von ihr. Sebastian spürte nicht dieses Kribbeln, dieses Beben, von dem manche Lykae sprachen, er nahm nicht ihre Witterung war, die ihn verrückt werden ließ. Außerdem hatte er auch seit dieser Nacht vor fünf Tagen nicht mehr von ihr geträumt. Einzig und allein seine innere Unruhe und seine Ungeduld ließen ihn noch einen kleinen Hoffnungsfunken waren. Und dieser Traum. Es war echt zum verrückt werden.
Jedes Mal, wenn er begann sich einzureden, dass sein Gehirn sich das alles nur zusammen gesponnen hatte, erinnerte er sich wieder an seine Gefühle, an ihren Gesichtsausdruck als ihr ihr Ausrutscher auffiel, bevor es ihm selbst klargewesen war und er was sich sicher, dass es sie wirklich gab. Dass hätte sich sein Verstand nicht ausdenken können. Auch nicht ihre zierliche, anbetungswürdige Gestalt. Wieder einmal ärgerte Sebastian sich, dass er nicht ihren Namen kannte, denn der Name einer Walküre verriet viel über sie. Eine jede von ihnen war für eine spezielle Gabe bekannt, um jede einzelne der Walküren rankten sich Legenden. Und seine Walküre, so nannte er sie jetzt, denn auch wenn er sie noch nicht gefunden hatte, so gehörte sie schon jetzt ihm, musste schon älter sein, schließlich hatte sie gesagt, dass sie in dieser Schlacht mitgekämpft hatte.
„Die Baustelle läuft doch hervorragend." Riss Rico ihn aus seinen Grübeleien über die Walküre.
„Das tut sie wirklich." Stimmte Sebastian ihm zu und fuhr sich mit beiden Händen über sein Gesicht. Sollte er mit Rico darüber sprechen? Vielleicht hatte er eine Idee, wie er sie finden konnte. Sebastian hatte sich einfach viel zu lange nicht mehr um eine Frau bemüht. Wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass Sebastian sich nie um eine Frau bemüht hatte. Sie waren von allein gekommen und er hatte die Gelegenheit genutzt oder nicht. Und selbst das schien mittlerweile eine kleine Ewigkeit her zu sein. Er hatte keine Ahnung wo er sie noch suchen konnte. Hatte sich die Walküre so gut an die Menschen angepasst, dass sie deshalb nicht auffiel oder hatte sie sich einfach nur komplett zurückgezogen? „Ich habe eine Frau kennengelernt." Entschied er sich schließlich.
„Dacht ich es mir, wenn es nicht der Bau ist, dann ist es eine Frau." Lachte Rico gut gelaunt. „Und was ist mit ihr?" neugierig sah Rico zu seinem Boss, ein belustigtes Funkeln in den dunklen Augen.
„Ich finde sie nicht wieder." Verriet Sebastian grimmig und presste die Lippen aufeinander.
„Ich hatte den Eindruck, dass dir die Frauen reihenweise hinterherlaufen." An den Tagen, wo Rico es tatsächlich schaffte ihn dazu zu überreden mit den anderen ein Bier in einer Kneipe trinken zu gehen, zeigte sich dieses lästige Phänomen immer wieder. Die Frauen schienen sich von seiner dunkeln, nicht ganz zu entschlüsselnden Aura angezogen zu fühlen.
„Diese nicht. Sie läuft wohl ehr davon." Gab er zu.
„Was hast du gemacht?" Rico war nun deutlich an dem Thema interessiert.
„Nichts." Erwiderte Sebastian, jedoch hatte er eine Ahnung, warum sie sich ihm nicht zeigte. Die Walküren waren vor Jahrhunderten grausam ausgelöscht wurden. Wem wunderte es da noch, dass die einzige, die überlebt hatte, um jedes unsterbliche Wesen einen riesen Bogen machte.
„Frauen." Schnaubte Rico gereizt. Seine Stimme verriet, dass auch er schon seine Erfahrungen gemacht hatte.
„Und hast du schon alle Bars und Clubs abgeklappert?" fragte Rico dann Sebastian. Verdutzt sah dieser ihn an. „Nein." Mochten Walküren stinkende Menschenmassen und lärmende Musik. Sebastian konnte es sich nicht vorstellen. Die Walküren besaßen sogar ein noch besseres Gehör als die Lykae und eine Nase, die mit denen der Lykae fast mithalten konnte.
„Wie willst du sie denn dann finden?" Rico stellte fest, dass sein Freund eindeutig keine Erfahrungen mit Frauen hatte oder zumindest nicht mit solchen, die er ein zweites Mal treffen wollte.
Sebastian konnte Rico nicht verraten, dass er durch die Straßen der Stadt gelaufen war und darauf vertraut hatte, dass er ihre Witterung aufnehmen würde. Genau das war aber eben nicht passiert. Befand sie sich vielleicht gar nicht hier? Oder hatte er einfach noch nicht in den richtigen Ecken gesucht? Tag und Nacht zermarterte er sich darüber das Gehirn.
„Ich habe sie nicht für den Typ Frau gehalten, den ich in Clubs oder Bars finden würde." Erklärte Sebastian daher.
Rico verzog das Gesicht. Das klang für ihn alles andere als vielversprechend. „Ist sie denn wenigstens hübsch?"
„Mehr als das." Gab Sebastian zu und erinnerte sich an ihre zarte Gestalt. Wäre sie keine Walküre müsste er Angst haben, dass er sie jedes Mal mit seinen Berührungen zerquetschte, so klein und zierlich war sie gewesen. Aber er hatte in seinem langen Leben schon einige Walküren getroffen und die Erfahrungen gemacht, dass sie einen Lykae nahezu ebenbürtig waren. Eine von ihnen hatte ihm einmal den Arm gebrochen, als er sie beleidigt hatte. Zänkisch waren sie auch. Jedes halbwegs vernünftige Wesen legte sich nicht mit ihnen an, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ. Walküren waren äußerst willensstark und zielstrebig, sobald sie sich einmal etwas vorgenommen hatten, gab es kein Zurück mehr und der Sieg war ihnen gewiss.
Eine Walküre zu unterschätzen, war die größte Dummheit, die ein Mann begehen konnte.
„Ich helfe dir sie zu finden." Meinte Rico und richtete sich auf.
„Wie willst du das anstellen?" fragte Sebastian, mit den Gedanken immer noch bei ihrem Gesicht.
„Ich kenne hier ein paar Leute."
Skeptisch stimmte Sebastian zu. Er glaubte zwar nicht an den Erfolg dieses Versuches, aber seine Methode hatte bis jetzt auch noch keine Früchte getragen. Was hatte er also schon zu verlieren, wenn er es so probierte?
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Bald kommen die längeren Kapitel... endlich!
#Was glaubt ihr, wie die beiden aufeinander treffen?
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[01] Traumtänzerin
WerewolfAnja ist eine Walküre. Eine der wenigen, die es auf dieser Welt noch gibt. Sie hat eine einzigartige Gabe mit deren Hilfe sie Nachts durch die Träume der Menschen wandelt. Aber eines Nachts erscheint sie in den Träumen von Sebastian. Einem Werwolf...