thirty

7.4K 457 26
                                    

-Anja-

„Und das geht wirklich wieder raus?" Mit skeptischem Blick betrachtete Gloria ihr Spiegelbild, während ich mir meine Haare gerade föhnte. Ich hatte zuerst sie fertig gemacht und dann mich.

„Ja, die Farbe verblasst mit jedem Waschen mehr und in ein paar Monaten ist davon gar nichts mehr zusehen." Ich wusste nicht warum die Haarfarbe sie so zu stören schien.

„In ein paar Monaten?", rief sie panisch aus. „Da standen zwei drauf." Aufgebracht fuhr sie herum und fischte die Verpackung der Tönung aus dem Mülleimer raus. „Da stehen sechs bis acht Wochen.", bestätigte sie noch einmal ihre vorherige Aussage, nachdem sie es sich durchgelesen hatte.

„Sechs bis acht Wochen in denen deine Haare die versprochene Farbe haben und dann entfärbt sie sich ziemlich schnell. Leg noch mal ein zwei Monate drauf und man erkennt kaum noch den Unterschied zwischen den getönten und den nachgewachsenen Teil.", erklärte ich ihr.

„Das ist furchtbar." Gloria sah aus als wollte sie fast Heulen. Stirnrunzelnd betrachtete ich sie. Das Hellbraun stand ihr eigentlich ganz gut. Natürlich war es nichts im Vergleich zu ihrem strahlenden Naturblond, welches sie wie eine Kerzenflamme in der Dunkelheit aus der Menge herausstechen ließ. Dafür lenkte die dunklere Farbe den Blick ihres gegenüber auf ihre strahlend blauen Augen und ließ sie ernster wirken, reifer. Mir persönlich gefiel es ganz gut.

„Ich kann deine Haare, wenn wir zurück sind, nachfärben, dann wird dir der Unterschied kaum auffallen.", versprach ich ihr.

Sie verzog unwillig die Lippen und betrachtete sich selbst im Spiegel.

„Versprochen?", fragte sie und wandte sich mir zu. Einmal mehr wirkte sie für mich wie ein Kind, denn ihre Unterlippe hatte sie unbewusst schmollend ein wenig vorgeschoben und ihre Augen wirkten so rein und ehrlich wie die eines Kindes.

Ich nickte und wandte mich dann selbst wieder dem Spiegel zu. Noch ein letztes Mal fuhr ich mit der großen Rundbürste durch mein Haar und führte den Föhnaufsatz daran entlang. Dann schaltete ich ihn aus und betrachtete das Endergebnis.

„Wow, das steht dir wirklich gut.", staunte Gloria und trat näher. Skeptisch drehte ich mich nach links und dann nach rechts. Es war ein herber Kontrast zu meiner natürlich schwarzen Haarfarbe, aber das modebewusste Mädchen hatte Recht. Es stand mir mehr als nur gut.

„Du solltest schlafen. Heute Nacht schauen wir uns Joes Auto an.", sagte ich zu der Walküre und räumte die Sachen beiseite. „Und was machst du?"

„Die Gegend ein wenig auskundschaften. Es schadet nie sein Umfeld zu kennen.", zuckte ich mit den Schultern.

Gloria schwieg und stimmte dann mit einem Nicken zu. „Dann bis später?", fragte sie als sie schon auf dem Weg in das Schlafzimmer von unserem Hotelzimmer war, welches wir gebucht hatten. Verwundert darüber, dass sie nicht protestierte sagte ich: „Ja bis später." Schnappte mir meine dunkle Jacke und die Tasche.

______________

„Wenn sich jemand nähert, dann lenk ihn ab.", befahl ich Gloria.

„Das heißt, ich steh hier draußen blöd rum? Sehr unauffällig.", beschwerte sie sich und verschränkte die Arme. Lag es an mir, oder an ihr? Aber nahezu jede ihrer Gesten erinnerte mich an ein Kind. „Als ob nachts um eins irgendjemand hier reinkommen wird.", brummte die relativ junge Frau und ich gab ihr innerlich recht. Tatsache war einfach, dass ich sie nicht mit dabei haben wollte. Wir durften uns einfach keine Fehler erlauben und mein Vertrauen in Gloria war alles andere als groß.

„Was willst du sonst machen? Du hättest auch nicht mitkommen müssen!", meinte ich deshalb und klang vielleicht ein wenig zu hart.

„Wer hat mich denn angerufen?", fauchte Gloria nun auch gereizt. Wir zwei waren wahrlich wie Streichholz und Benzinkanister.

[01] TraumtänzerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt