eight

9.4K 573 32
                                    

-Anja-

Er hatte große Hände gehabt, stark und kräftig. Als er mich festgehalten hatte, hatte ich bemerkt, dass sie ein wenig rau und schwielig gewesen war. Allein die Vorstellung wie er mit seinen Händen über meine Haut streichen oder mich packen würde, erregte mich. Oder wenn ich an seine breiten Schultern dachte, die hochgewachsene, durch und durch muskulöse Gestalt. Im Vergleich zu mir war er ein Riese gewesen, nicht weiter verwunderlich, da Walküren klassischerweise sehr klein und zierlich waren, während die Lykae, selbst die weiblichen, meist groß und kräftig, zumindest aber athletisch gebaut waren. Er hatte dunkle Haare gehabt, ich war mir aber nicht sicher, ob es einfach nur ein sehr dunkles Braun gewesen war oder doch schwarz. Sie waren lang gewesen, sowie es damals üblich war. Unwillkürlich fragte ich mich, ob er sie heute immer noch so trug. Wenn ja, so würde ich sie ihm gern kürzen, denn ich hatte die Wellen in seinen Haaren bemerkte und ich fragte mich, ob es Locken werden würden bei der richtigen Haarlänge.

„Vivien?" ich schreckte aus meinen Gedanken hoch und sah auf, als Susi mich mit meinen derzeitigen Decknamen ansprach. In meinen Händen lagen eine Schere und ein Kamm, dazwischen die dunkelblonden Haare des Mannes, dem ich gerade die Haare schnitt. Während ich einzuschätzen versuchte wie drastisch die Auswirkungen meiner geistigen Abwesenheit waren, fragte ich an Susi gewandt: „Ja?"

„Alles gut bei dir?" erkundigte sie sich besorgt.

„Ja, ja." Antwortete ich ihr schnell. Es würde sicherlich nicht gut ankommen, wenn ich vor unserer Kundschaft zu gab, dass ich heiße Tagträume über einen Mann hatte, den ich nicht haben durfte und mich deshalb nicht konzentrieren konnte. „Bei dir auch?" fragte ich nach und versuchte es somit zu überspielen.

„Ja, hast du Lust heute Abend mitzukommen?" fragte sie mich, während sie ihren Arbeitsplatz aufräumte bevor sie ihre nächste Kundin auf den Stuhl bat.

„Wohin geht's denn?" normalerweise würde ich kategorisch alles ablehnen, aber sowie ich mich zurzeit aufführte, kam mir einen Abend in einem Club oder einer Bar ganz recht. Seitdem ich in den Traum des Lykaes gelandet war, wanderten meine Gedanken immer wieder zu ihm hin. So konnte es einfach nicht weiter gehen. Ich wusste nicht warum ich ihn einfach nicht aus den Kopf bekam. Vielleicht hatte ich zu lange keinen Sex gehabt, vielleicht lag es auch einfach daran, dass er ein unsterblicher Mann war oder noch viel ehr, dass er eine verbotene Frucht war. Und ebene diese waren bekanntlich die Besten. Er schien eine unheimliche Anziehungskraft auf mich auszuüben. Trotzdem würde ich diesem kleinen Teufelchen auf meiner Schulter nicht nachgeben und ihn suchen. Nicht einmal nur für eine Nacht. Verbotene Früchte waren schließlich nicht umsonst verboten. Also musste ich ihn irgendwie anders aus meinen Kopf bekommen und was half in solch einer Situation besser als ein anderer Mann? Ich wusste es nicht.

„Ist es kurz genug, Marko?" fragte ich meinen Kunden, während ich meiner jahrelangen Erfahrung dankte. Meine Hände wussten scheinbar von ganz allein, was sie machen mussten. Die Frisur sah so aus wie sie es sollte, zumindest meiner Meinung nach.

„Ja, es ist wieder wunderbar geworden. Vielen Dank, Vivien." Mit einem charmanten Lächeln strahlte er mich an und wartete geduldig darauf, dass ich ihm den Kittel und die Halskrause abnahm.

„Ins Havanna." Antwortete mir Susi, als ich mit Marko im Schlepptau zur kleinen Theke ging um ihn abzukassieren.

„Bin dabei." Bestätigte ich.

„Sehr gut." Reif Susi erfreut, wenn auch überrascht aus. „Es kommen noch ein paar Freundinnen von mir mit."

„Umso mehr, umso besser, oder?" meinte ich locker und gab Marko sein Wechselgeld.

„Du sagst es."

„Dann sehen wir uns ja heute Abend vielleicht noch einmal." Meinte Marko. „Ich würde dich gern auf einen Drink einladen." Verriet er mir und ich hatte dieses Elend schon befürchtete. Es war nicht so, dass er nicht attraktiv war oder dass er unfreundlich oder irgendetwas anderes war. Aber er war schlicht und ergreifend nicht mein Typ.

„Das ist nett von dir, aber ich muss ablehnen. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag." Verabschiedete ich ihn höflich, aber bestimmt. Kurz huschte Ärger über sein Gesicht, ehe er sich abwandte und mir einem gebrummten ‚Tschüss' davon stapfte. Da war sie dahin seine gute Laune, aber ich war niemand, der jemand anderem falsche Hoffnung machte und Marko war einfach nicht das was ich wollte.

„Er war doch süß." Meinte Susi und ihre Kundin, eine Mittfünfzigerin, nickte zustimmend. Eine gefährliche Angelegenheit beim Haare schneiden.

„Mag sein, süß ist aber nicht mein Typ." Gab ich ohne falsche Scheu zu. Spätestens heute Abend würde Susi fest stellen, dass ich mir nicht den netten Typen von neben an für die Nacht auswählen würde.

----------
Vielleicht kommen heute noch zwei/ drei Kapitel;)

[01] TraumtänzerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt