2. Kapitel

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Kapitel 2 - Adam

Auch am nächsten Tag war Damian nicht der, der er früher war. Vor der ersten Stunde lief er an uns vorbei, ohne uns zu begrüßen, und verschwand im Schulgebäude. Im Unterricht saß er zwar neben einem von uns, wechselte aber kein einziges Wort mit uns. Stattdessen blickte er stumm nach vorne zur Tafel.

Ich hatte schon ein paar Mal versucht, ein Gespräch mit ihm anzufangen, aber er war dafür anscheinend nicht begeistert, denn er nickte bzw. schüttelte abwesend den Kopf oder gab höchstens mal eine knappe Antwort.

In der Mittagspause setzte sich Damian allerdings zu uns an den Tisch, sagte aber auch diesmal nicht viel. Stattdessen sah er durch die Cafeteria. Entweder bildete ich es mir bloß ein oder er sah wirklich öfters zu Hope, die einsam an einem der Tische saß, in ihrem essen herumstocherte und sich nicht wagte, den Blick zu heben und die Schülerinnen und Schüler hier, die sie bloß verabscheuen und sie nicht so akzeptieren, wie sie ist, anzusehen.

Als Ashley und ihr Gefolge, bestehend aus Celine und Charlotte, die Cafeteria betraten, schaute fast jeder zu ihnen und machten ihnen genügend Platz. Die beiden folgte ihr auf Schritt und Tritt und taten alles, was Ashley ihnen befahl. Charlotte war allerdings diejenige, die komplett von beiden ausgenutzt wurde. Das Essen zum Beispiel holten nicht Ashley oder Celine, sondern Charlotte. Ich fragte mich immer wieder aufs Neue, wie man so naiv sein kann, dass die beiden wirklich gute Freunde wären. Ich würde mich doch total ausgenutzt vorkommen und nicht als Freundin von Ashley und Celine.

Jonas wurde sofort aufmerksam auf Ashley, seine 'Freundin', und kümmerte sich nicht mehr um unsere Gespräche. Seine Aufmerksamkeit galt ganz alleine Ashley, die sich neben ihn setzte. Er legte einen Arm um ihre Schulter, nachdem sie sich verlangend geküsst hatten. Ich hatte keine Sekunde lang zusehen können, wie sie sich gegenseitig die Zunge in den Hals steckten, sondern wandte mich deshalb an meine anderen Freunde und führte mit ihnen die Konversation von eben weiter.

»Da hinten sitzt ja unsere Kleine« meinte Jonas nach einer Weile und deutete mit dem Zeigefinger in Hopes Richtung. All unsere Blicke wanderten dorthin, um sehen zu können, wie Hope alleine und traurig auf die Tischplatte sah und in Gedanken versunken war, sodass sie uns und unsere Blick nicht wahrnahm. »Wie wärs, wenn wir ihr ein wenig Gesellschaft leisten?« fragte Ashley mit einem teuflischen Grinsen.

Mir war es wie immer egal, weswegen ich mich jedes Mal enthielt und die anderen entscheiden ließ. Die anderen schienen alle begeistert zu sein. Alle außer Damian. Er warf uns einen grimmigen Blick zu.

Jonas allerdings schien total begeistert von Ashleys Idee zu sein, weswegen er stolz zu seiner Freundin und zu uns sagte: »Das ist nunmal meine Freundin. Immer eine gute Idee auf Lager« Er drückte ihr einen Kuss auf die Wange, bevor er euphorisch aufstand.

»Ihr könnt es aber auch einfach nicht lassen oder? Ihr müsst doch immer jemanden fertig machen, damit ihr euch besser fühlt und euer Selbstwertgefühl für diesen Moment größer ist als davor...« meldete sich Damian zu Wort. Er klang wütend und die meisten von uns sahen ihn entsetzt an. Damian hatte noch nie etwas gegen jemanden von uns gesagt und schon gar nicht gegen Jonas. Er war eher der stille Junge, der uns folgte und tat, was andere von ihm verlangen.

»Was ist mit dir los, Damian?« fragte Nick immer noch entsetzt. »Ich bin es langsam leid, euch zu gehorchen und nicht meinen eigenen Willen durchzusetzen. Es kotzt mich an, jeden Tag nach Hause zu kommen, mit dem Wissen, dass ich wieder Schuld bin, dass ein Mensch verletzt wurde und noch mehr an Selbstbewusstsein verliert. Das bin nicht ich. Ich bin kein Mensch, dem es Spaß macht, anderen das Leben schwer zu machen...« meinte er und stand auf. Er schnappte sich seinen Rucksack und wollte sich schon von uns abwenden, da drehte er sich noch einmal um und sagte: »Seht ihr nicht, wie ihr sie im Inneren zerstört? Seid ihr wirklich so dumm und blind, dass ihr nicht bemerkt, was für Schäden ihr mit euren dämmlichen Sprüchen und Aktionen, die kein bisschen lustig sind, anrichtet? Oder macht es euch einfach Spaß, zu wissen, was für ein schrecklicher Mensch ihr seid?« Nach diesen Worten ging er endgültig von uns und steuerte auf den Ausgang der Cafeteria zu.

Adam | New VersionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt