6. Kapitel

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Als ich um halb neun mit meiner Schwester das Haus betrat, dessen Haustür sperrangelweit offen stand, war die Party dort bereits in vollem Gange. Zuerst wollte ich meine Schwester Maddy überhaupt nicht mitnehmen, weil ich Angst hatte, sie würde sich betrinken und dann Dinge tun, die sie im nüchternen Zustand nie machen würde und die sie später bereuen wird. Aber irgendwann gab ich bei der Diskussion auf, denn sie hatte Recht: Ich hatte kein Recht, mich so sehr in ihr Leben einzumischen, als wäre ich ihr Vater. Und außerdem war ich kein Stück besser, denn ich war derjenige, der jedes Wochenende auf eine Party ging und Dinge tut, auf die ich niemals Stolz sein werde. Mädchen ausnutzen, um Spaß zu haben, mich zudröhnen lassen, um den Abend genießen zu können, waren nicht wirklich Dinge, auf die man voller Stolz zurückblicken konnte.

Maddy verabschiedete sich schon vor mir, nachdem wir den Flur betreten hatten, und schlängelte sich durch die Menge zur Küche; wahrscheinlich wollte sie dort ihre Freunde begrüßen.

Auch ich lief an den Jungs vorbei, die sich lässig an die Wand lehnten und ihre Zigarette in der Hand hielten, während sie in der anderen Hand einen roten Becher hielten und nebenbei noch ein paar Worte mit den anderen in ihrer Nähe wechselten.

Der Geruch von Rauch, Alkohol und Schweiß vermischte sich mit der Luft und stieg mir sofort in die Nase. Der Bass dröhnte durch das ganze Haus und war bestimmt auch noch in den Nachbarshäuser zu hören. Die laute Musik erschwerte die Kommunikation der gutgelaunten und gelassenen Schülerinnen und Schülern.

Während viele Schüler in irgendwelchen Ecken oder in der Küche um den Tisch, auf dem die alkoholischen Getränke stehen, standen und über die laute Musik hinweg  plauderten, tanzten andere ausgelassen und rhythmisch passend zur Musik. Das große Sofa im Wohnzimmer wurde zur Seite geschoben, damit eine provisorische Tanzfläche geschaffen werden konnte und die Leute somit genügend Platz zum Tanzen hatten.

Auf dem Sofa saßen meine Freunde Jonas und Scott, beide in einem Hemd und einer Jeans. Vor ihnen auf der Glasplatte des Couchtisches standen einige benutzte und unbenutzte Gläser und Becher und natürlich Flaschen mit alkoholhaltigen Getränken.

Ich quetschte mich durch die tanzende Menge, die sich gar nicht darum scherte, was andere von ihren Tanzkünsten dachten, sondern einfach Spaß haben wollten, und schlenderte auf meine Freunde zu. Ein paar Mädchen lächelten mich zwar an und versuchten, verführerisch und unwiderstehlich zu wirken, aber ich ließ mich auf keine ein.

Nachdem ich mich mit einem einfachen Handschlag bei meinen Freunden begrüßt hatte, quetschte ich mich auf den freien Platz neben die beiden.

Scott beugte sich sofort vor zu dem Tisch und schenkte in zwei unbenutzten Gläser eine alkoholhaltige Flüssigkeit ein, wie ich auf dem Etikett herauslesen konnte, und überreichte mir eins; das andere behielt er selbst.

Jonas saß die meiste Zeit stumm auf seinem Platz und hielt in seiner rechten Hand einen roten Becher, während seine Augen Ashleys Körper fixierten, der sich passend zur Musik bewegte. Sein Blick verfolgte jede einzelne Bewegung ihrer Hüfte, die sie mit Leichtigkeit schwang.

Scott zündete sich eine Zigarette an, zog einmal daran und pustete den Rauch in dem stickigen Raum aus. Er lehnte seinen Kopf entspannt in den Nacken, während er die Zigarette zwischen zwei Fingern hielt. Dann richtete er seinen Blick wieder auf die Tanzfläche und vertrieb sich die Zeit damit, die Mädchen in den knappen Outfits zu beobachten. Auch heute hatte er nichts anderes im Kopf als eine Beute zu finden: Ein in sein Schema passendes Mädchen, mit der er sich den restlichen Abend vergnügen wollte.

Ich allerdings saß bloß auf der Couch, nahm ab und zu einen Schluck meines Getränks. Lustlos beobachtete ich die Menge, die wahrscheinlich den größten Spaß ihres Lebens hatten.

Adam | New VersionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt