4. Kapitel

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Als das nervige Geräusch meines Weckers ertönte, wurde ich unsanft aus meinem Schlaf gerissen. Dementsprechend schlecht gelaunt rappelte ich mich auf, schaltete den Wecker aus und suchte in meinem Kleiderschrank nach akzeptablen Klamotten. Ein T-Shirt und eine Jeans schnappte ich mir und zog mir das T-Shirt gleich über meinen nackten Oberkörper. Danach landete meine Jogginghose in einer Ecke meines Zimmers und ich streifte mir die Jeans über.

Verschlafen suchte ich nach den heutigen Schulmaterialien, auch wenn ich die Bücher im Unterricht meistens sowieso nicht verwendete. Diese packte ich trotzdem in meinem Rucksack und lief ohne einen Blick in den Spiegel zu werfen, wie meine Haare gerade saßen, die Treppen hinunter.

Wie schon erwartet waren meine Eltern nicht aufzufinden und ich war mir sicher, dass sie schon wieder auf dem Weg zur Arbeit waren. Sie nahmen sich nie besonders viel Zeit für mich oder für meine Schwester und schon gar nicht mein Dad. Er fing jeden Morgen früh an zu arbeiten und kam jedes Mal spät abends nach hause. Und wenn er daheim war, saß er entweder in seinem Arbeitszimmer an seinem Laptop oder im Wohnzimmer mit einem seiner Romane, die er dann stundenlang las, bis er ins Bett ging.

Da ich nicht sonderlich Hunger hatte, lief ich an der Küche vorbei, in der ich durch die offene Tür meine Schwester Maddy sitzen sehen konnte.

,,Dir auch einen wunderschönen guten Morgen, Bruderherz" rief meine Schwester aus der Küche zu mir in den Flur.

Sie kam aus dem Raum spaziert und fragte mich sogleich: ,,Kannst du mich mitnehmen?" Ich nickte und fügte noch ein ,,Aber beeil dich" bevor sie schon die Treppen hinauf eilte und in ihrem Zimmer verschwand.

Wie ich meine Schwester kannte, verbrachte sie Ewigkeiten im Badezimmer oder in ihrem Zimmer, um sich zu schminken oder was weiß ich, was sie dort alles macht.

Wartend stand ich nun unten im Flur, mit den Autoschlüssel in der Hand und meinem Rucksack über der Schulter.

Erst nach einer Viertelstunde tauchte sie glücklicherweise auf und zog sich ihre Schuhe und eine Jacke an.

,,Was hast du solange da oben gemacht?" fragte ich meine Schwester sichtlich verwirrt.

,,Ähm.. mich zurecht gemacht, also mich geschminkt. Sieht man doch" erklärte meine Schwester so, als wäre es so offensichtlich, dass es jedem sofort auffallen würde, während sie sich ihre Jacke überzog und nach ihrer Tasche griff.

,,Also ich seh da keine positive Veränderung" meinte ich, als ich näher ihr Gesicht betrachtet hatte, um sie ein wenig zu necken. Es war alltäglich, dass wir so miteinander sprachen, aber wir waren uns gegenseitig trotzdem sehr wichtig. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie mein Leben ohne Maddy wäre. Meine Schwester ist die wichtigste Person in meinem Leben und ich konnte mir vorstellen, wie schwer es für Sean sein muss, seine Schwester zu verlieren.

Maddy verpasste mir einen Schlag auf die Brust, worauf ich auflachte und zusah, wie Maddy an mir vorbeilief und sagte: ,,Sei still und komm mal lieber, bevor wir zu spät sind"

Schmunzelnd folgte ich ihr nach draußen, holte sie ein und legte einen Arm um ihre Schultern. Ein Lächeln zierte sich auf ihre Lippen und gemeinsam liefen wir zu meinem Auto, dass geparkt in der Auffahrt stand.

• • •

In der Schule passierte das Alltägliche: Ich begrüßte meine Freunde, rauchte wie sie eine Zigarette, betrat das Schulhaus, wo ich auf dem Flur gleich einige Blicke der Mädchen zugeworfen bekam.

Maddy war gleich nachdem sie ausgestiegen war, zu ihren Freundinnen geeilt und hatte diese stürmisch umarmt, als hätten sie sich Monate- oder sogar jahrelang nicht gesehen.

Als ich kurz vor dem Klingeln das Klassenzimmer betrat, lächelte mich Ashleys beste Freundin Celine an und sagte darauf zu ein paar Freundinnen, die ich nicht wirklich kannte und deren Namen ich mir wahrscheinlich nie merken werde: ,,Habt ihr ihn gesehen? Er sieht so süß aus, vor allem wenn seine Haare so verstrubbelt wie heute sind, als wäre er gerade eben aufgestanden" Sie schwärmte noch weiterhin von meinem Aussehen und ich musste schmunzeln, aber irgendwann hörte ich auch gar nicht mehr zu, sondern lenkte meine Aufmerksamkeit auf Hope, die alleine vor mir saß.

Ich starrte sie an, auch wenn ich sie nur von hinten sehen konnte, und versank in Gedanken. Erst als mein Freund Jonas auftauchte, kehrte ich zurück in die Realität, wendete aber mein Blick nicht von Hope.

,,Nerdy?" hörte ich Jonas rufen und sah wenige Sekunden später, wie ein Stift in Hopes Richtung flog und sie am Rücken traf. Der Stift landete daraufhin auf den Boden. Ich sah, wie Hope sich anspannte und sich nicht traute, umzudrehen, aber als Nick weitere Male 'Nerdy' rief, drehte sie sich zögerlich zu uns nach hinten.

,,Kannst du mir bitte meinen Stift aufheben?" fragte Jonas mit zuckersüßer Stimme. Sie befolgte seiner Aufforderung und schnappte sich den Stift vom Boden, bevor sie Jonas den Stift überreichte.

,,Und jetzt dreh dich wieder um, so lange hässliche Menschen ansehen zu müssen, bringt einen Würgereiz bei mir hervor" meinte Jonas, woraufhin ich meine Augen verdrehte. Langsam waren seine Sprüche lahm und kein bisschen mehr amüsierend.

Und im Inneren wussten wir doch alle, dass sie so hässliche, wie wir alle behaupteten, gar nicht war und es hässlichere Menschen gab, mit denen ich schon Bekanntschaften machen musste, weil es die Töchter der Geschäftspartner waren...

,,Ich weiß gar nicht, ob ich den Stift lieber weg schmeißen soll. Jetzt, nachdem Hope ihn angefasst hat" angewidert sah er den Stift an und fasste ihn ganz vorsichtig an, bevor er ihn gleich zurück zu Hope schmeißt, die ihn am Hinterkopf abbekam. Er landete erneut auf dem Fußboden in der Nähe von Hopes Platz.

,,Hab es mir anders überlegt. Du kannst ihn behalten, Nerdy. Jetzt wo du ihn berührt hast, will ich den Stift nicht noch einmal benutzen müssen"

Ihr Gesicht war in unsere Richtung gedreht und man konnte sehen, wie sich Tränen in den Augen bildete.

Bevor einer es sehen konnte, drehte sie sich nach vorne und führte ihre Hände unauffällig zu ihren Wangen, über die sie kurz wischte, aber zu spät: ich hatte es gesehen.

Mein Blick wurde weicher und ich wusste nicht woher auf einmal dieses Gefühl, sie in den Arm nehmen und sie vor Jonas und den anderen vor weiteren verletzenden Worte zu schützen zu müssen, kam, aber ich verspürte es.

Ich sah sie noch lange an, bis es klingelte und der Lehrer das Klassenzimmer betrat. Dann wandte ich mein Blick von ihr und schenkte dem Lehrer für einige Minuten meine Aufmerksamkeit, bis ich wieder von meinen Gedanken abgelenkt wurde.

Es waren unwichtige Dinge, über die ich nachdachte, und doch ließen mich diese Dinge nicht kalt.

Ich fragte mich ernsthaft, ob es das richtige war, seinen Freunden vorzuspielen, dass man es ebenso amüsierend fand, anderen das Leben schwer zu machen, aber ehrlich gesagt, sah ich keine andere Möglichkeit.

Ich wollte die Freundschaften und das Ansehen nicht verlieren und das würde ich, wenn ich mich wie Damian verhalten würde.

Außerdem würde ich nie dieser gute Mensch werden, der Damian in diesen wenigen Tagen geworden ist. Ich hatte es wahrscheinlich gar nicht verdient, von Menschen wie Hope gemocht zu werden, nach allem was ich in meinem Leben getan hatte...

Leider nur ein kurzes Kapitel; die nächsten werden wieder länger 🤗
Aber da es hier auch mal wieder weitergehen sollte, dachte ich, ich schreibe ein Kapitel, dass zwar nicht so lange ist, aber besser als nichts...
Tut mir leid, falls Rechtschreibfehler vorhanden sind; ich hab schnell am Handy geschrieben und keine Zeit zum Korrekturlesen, aber das werde ich die Tage nachholen und die Fehler verbessern ;)

Adam | New VersionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt