"Er trug einen schwarzen Mantel."
Ich schlug meine Augen auf und saß im Bett.
"Mit einer Kapuze."
Deans warme Stimme würde ich- auch wenn er nicht englisch sprechen würde- überall heraus hören.
"Er hat die Feuerleiter genommen."
Maria hatte ihn doch geholt. Wie hatte sie ihn gefunden?! Er war hier! Dean. Dean.
"Dean.." Sofort stieg ich aus dem Bett, zog mir Jeans und T-shirt an und drückte die Türklinke herunter. Meine Beine zitterten, als ich in die Küche ging und sein Anblick warf mich einen Schritt zurück. Maria saß ihm mit einem zweiten Mann gegenüber. Ein Aufnahmegerät lag in der Mitte vom Küchentisch.
"Und das haben sie gesehen?", der Mann, der mit dem Rücken zu mir saß, hatte eine unglaublich hohe Stimme und ich konnte ein Glucksen nicht verhindern. Dean warf mir einen Blick zu, ohne eine Mine zu verziehen und mein Magen krampfte. Die anderen bemerkten mich nicht.
"Wie er die Feuerleiter genutzt hat?", drängte der Mann. Dean nickte steif. "Ja."
Ich blinzelte und stand in der Tür. Nicht sicher, was ich tun sollte. Sie waren ja gerade in einer Befragung, aber alles in mir schrie nach seiner Nähe.
"Und wie sind sie in die Wohnung gekommen?"
Dean verdrehte die Augen. "Ihre Alarmanlage war kaputt."
"Aber die Tür war abgeschlossen.", warf Maria ein. Mein Herz raste. Dean setzte sich aufrecht hin und verschränkte die Arme. Warf mir wieder einen hastigen Blick zu.
"War sie nicht."
"Willst du mich verar-" Marias Wutausbruch wurde von ihrem Kollegen verhindert. Er legte eine Hand auf ihren Unterarm und brachte sie so zum Schweigen.
"Hier steht Aussage, gegen Aussage, Maria.", erklärte der Fremde, "Tatsache ist, dass sie unbefugt eingedrungen sind."
"Ich bin vom FBI."
Ich stutzte. Was?
"Das spielt keine Rolle."
Dean schluckte, sah mich wieder an, ohne den Blick zu lösen und sagte: "Samantha hat mich gerufen."
Stille. Nun wandten sich auch die anderen beiden zu mir um. Maria sah mich mit großen, vorwurfsvollen Augen an. Scheiße. Nervös trat ich von einen auf den anderen Fuß und sah zwischen braunen, blauen und grünen Augen hin und her. Ich nestelte am Saum meines T-shirts, während ich schluckte und nickte.
"Könntest du es aussprechen, Samantha?" Der Mann deutete auf das Aufnahmegerät und winkte mich heran. Maria schüttelte kaum merklich den Kopf und flüsterte: "Du lügst."
Ich tat, als hätte ich sie nicht gehört und trat näher. Deans Anwesenheit lag wie ein enger Mantel um meine Brust. Ich räusperte mich und sagte mit zitternder Stimme: "Ich habe ihm eine SMS geschickt."
"Sie hatte Angst.", ergänzte Dean.
"Ich dachte, dass Maria Hilfe gebrauchen könnte und..."
"Du lügst." Maria klang fassungslos, "Warum beschützt du ihn?"
"Ich bin ein Beamter vom-"
"FBI.", sagte Maria und winkte ab, ohne den Blick von mir zu wenden. Ihre forschenden Augen scannten meine Haltung. Sie wusste, dass ich log, aber sie hielt den Mund.
"Dean Smith.", begann der Mann, "Wissen sie noch mehr über die Person, die Samantha verfolgt hat?"
"In Amerika ist er bekannt und wir sind ihm seit langem auf der Spur." Dean lehnte sich vor. "Er ist ein hoch intelligenter Massenmörder. Hat sieben Familien getötet- mit einem Messer. Seit über fünf Jahren hält er sich hier in Deutschland versteckt. Hier ist er als Waldmann bekannt, weil er dort auftaucht und wieder verschwindet."
Ich schluckte und starrte ihn an. Er war vom FBI? Aus Amerika?
"Es ist sehr merkwürdig, dass meine Kollegen darüber nicht informiert sind."
"Schutzmaßnahme.", gab Dean zurück.
"Ich werde mich erkundigen.", quikte der Mann und notierte sich etwas auf dem Zettel.
Dean nickte und stand auf: "Wenn das alles war? Samantha ist nun in Sicherheit."
"Natürlich." Der Blauäugige nickte und Maria starrte Dean skeptisch an. Er sah mich nicht noch ein Mal an, während er an mir vorbei aus der Küche ging. Er sagte nicht tschüss, nichts. Verschwand einfach. Und ließ mich mit meiner Verwirrung allein.
Dean Smith, vom FBI, auf den Massenmörder meiner Familie angesetzt?
Ich wollte es glauben, es war plausibel. Ja! Ich wollte es wirklich glauben, doch mein Herz schrie nach Dean Winchester. Mein Magen erinnerte sich an das Flirten in der Bar, die Schlägerei, die Autofahrt. Warum hatte er gelogen? Warum hatte er nicht gesagt, dass er vom FBI war? Warum sah er aus wie Dean, sprach wie Dean, fuhr einen Impala, wie Dean und zog die gleiche FBI-Masche ab, wie Dean Winchester, wenn er es nicht war?
"Auf wiedersehen, Samantha." Der Fremde reichte mir die Hand und lächelte mich an. Ich brabbelte abwesend eine Verabschiedung und ließ mich dann auf Deans Platz nieder. Als Maria zurück kam, stellte sie sich mit verschränkten Armen vor mich und ich spürte ihren vorwurfsvollen Blick im Nacken.
"Ist es nicht egal, dass ich gelogen habe?", brachte ich hervor, ohne den Kopf zu heben.
"Er könnte ein Komplize sein, Samantha!", schrie sie beinahe, "Daran ist nichts egal!"
"Dein Kollege wird doch alles prüfen.", murmelte ich, noch ganz benommen. Mein Kopf schwirrte und meine Augen brannten.
"Und in der Zwischenzeit? Huh?"
"Ich bin doch in Sicherheit...", sagte ich müde und sah zu ihr auf, "Ich hab dich."
Sie presste die Lippen aufeinander und starrte mich eine Weile an. Dann lächelte sie traurig und fasste mir unter das Kinn. "Es tut mir alles so Leid, Kleine. Das ist nicht fair."
Ich lächelte schief. "Da sieht man Mal, was Reichtum und Ansehen alles anrichten kann."
Maria nickte ernst und zog mich in eine Umarmung.
"Er ist außerdem viel zu alt.", gluckste Maria bitter. Ich verstand ihren Themensprung und weinte gegen ihren Bauch. Sicher war er das. Er war nicht richtig, das spürte ich. Und ich wünschte, die anderen Gefühle würden das verstehen.
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Life is not what it seems.
FanfictionTW: Gewalt, Alkoholabhängigkeit, toxische Beziehungen, Mord, Manipulation, Depressionen, Sex, KEIN HAPPY END Ein grauenvoller Mord an ihrer Familie machte Samantha Wolf schlagartig zu einer Waise. Alkohol, Maria und ihre Lieblingsserie "Supernatural...