Bury me.

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"Samantha.", sagte Dean jetzt ernst und kam auf mich zu. Mein Blick huschte zum Messer und zurück in seine grünen Augen. Wie sollte ich ihnen jemals wieder vertrauen können?
"D-Danke.", brachte ich hervor, an Maria gerichtet. Zuerst musste sie weg. "Ich melde mich wieder."
Ich legte auf, bevor sie reagieren konnte und hielt das Handy fest umklammert. Bereit zuzuschlagen.
"Hör zu.", begann er, "Egal, was dir Maria da gerade-"
"D-Das war nicht Maria!", sagte ich hastig und mit schriller Stimme. Er lächelte nur mild und schüttelte den Kopf: "Sam, ich weiß wann du lügst.." Langsam kam er noch näher.
"Bleib weg!", rief ich, "Halt dich fern von mir!"
Er runzelte die Stirn, folgte meinem Blick und starrte auf das Messer in der Hand.
"Du denkst-" Er kam auf mich zu und ich schrie auf vor Angst. Sofort flüchtete ich in die Ecke, aber er kam mir hinterher.
"Sam, bitte, warte doch."
Oh nein- ich würde ganz sicher nicht auf ihn warten! Hastig krabbelte ich über das Bett, den Blick die ganze Zeit auf die Tür gerichtet. Gerade war ich auf der anderen Seite angekommen, als er vor mir auftauchte. Ich fiel zurück auf das Bett und hielt abwehrend die Hände nach oben.
"Bitte. Bitte- ich tu alles, was du willst, Jacob! Aber töte mich nicht, bitte!"
"Von was zum Teufel redest du da?!", rief er erschrocken und wütend, "Samantha! Ich würde dir niemals etwas antun!"
Ich wimmerte jetzt nur noch. Nicht in der Lage, irgendetwas zu tun. Oder zu denken. Mein ganzes Sein schrie gerade nach Flucht. Wie konnte ich nur so dumm sein? Wie konnte ich mich selbst so verlieren? Schon wieder! Oder immer noch... 
Der Mann, den ich Dean nannte, stand über mir. In seiner zitternden Hand hielt er noch immer das blutige Messer und seine dunklen Augen starrten auf mich hinab. Riesen groß und stark baute er sich vor mir auf und ich war starr vor Angst. Das einzige, was ich tat, war meine Augen zu schließen. Wenn man etwas nicht sieht, ist es nicht da, richtig? Jeder Muskel in meinem Körper tat weh und mir war kalt. So eiskalt. Trotzdem schwitzte ich heftig. 
"Sam..", raunte er leise und ich bemerkte einen Schatten auf meinem Gesicht. Oh Gott- er beugte sich über mich! Etwas krachte laut und ich zuckte zusammen. 
"Mach die Augen auf, Sam.", verlangte er, "Sieh' mich an!"
Ihn ansehen? Ihn ansehen?! Sodass er meine Angst in meinen Augen sehen konnte?! Niemals!
"Gott..", keuchte er und etwas fuhr über meine Stirn. Wieder zuckte ich zusammen und presste meine Augen nur umso mehr zusammen. Meine Arme umklammerten waren vor der Brust verschränkt und am liebsten hätte ich meine Beine angezogen. Aber ich wagte es nicht, mich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Wenn ich ihn nicht sah, sah er mich nicht! Warum verschwand er nicht?! Mein Herz pochte heftig und ich hatte das Gefühl, dass meine Lungen schon mehr als die doppelte Menge von Luft aufgenommen hatten. Wieder fuhr etwas über meine Stirn. Seine Finger. Seine schmierigen Finger. Wieder zuckte ich zurück und ein leises Jaulen drang über meine Lippen. 
"Sam.", seine Stimme war nur leise und ich hatte das Gefühl, dass er sich gleich auf mich stürzen würde und wer weiß was mit mir macht. Vielleicht würde er ja... aber ich brachte den Gedanken nicht zu Ende. Galle stieg mir den Hals hinauf. Ich biss mir auf die Unterlippe und wappnete mich. Nein- so schnell würde er mich nicht brechen. Ich würde stark bleiben, bis zum Ende und nicht einen weiteres Ton von mir geben. Und wenn seine Finger sich sonst wohin bewegen. Nein! Doch gerade hatte ich genug Stärke in mir zusammengekratzt, um mich selbst beherrschen zu können, da verschwand seine Wärme. Der heiße Geruch von Blut und schweiß. Der Schatten auf meinem Gesicht. Kurz, bevor ich wirklich wagte zu glauben, er würde mich allein lassen, da spürte ich, wie die Matratze sich neben mir senkte. Ganz vorsichtig und langsam, rollte ich mit auf die Seite, mit dem Rücken zu ihm. Die Knie zog ich bis zum Kinn und umklammerte meine Beine. Die Augen noch immer fest geschlossen. 


"Du hast vorhin Jacob erwähnt.", begann er langsam, "Und ich nehme an, dass du auf dem Laptop diese...Aufzeichnungen gefunden, richtig?"
Ich antwortete nicht. Hielt nur den Atem an und betete. Eine lange Pause entstand. Immer wieder setzte er einen neuen Satz an, aber brach ihn wieder ab. Doch schließlich schien er sich durchzuringen. 
"Diese Daten- ich lösche sie immer wieder, aber sie kommen zurück. Egal, was ich tue. Ich nehme an, dass dieser Jacob, wie du ihn nennst, einen Stick versteckt hält. Ich...wir, ich meine...Wir wissen nicht, wer er ist oder was er vor hat."
Er machte wieder eine Pause und seine Stimme brach am Ende seines Satzes weg. 
"Bitte Sam.", begann er wieder und seine Stimme zitterte stark, "Ich bin nicht er! Ich bin Dean! Dean Winchester! Und egal, was passiert: Ich würde alles tun, um dich zu beschützen. Das ist meine Aufgabe, Sam. Verstehst du das? Ich werde nicht zulassen, dass uns dieser Jacob länger verfolgt."
Eine Weile lang blieb es still und ich hatte aufgehört zu zittern. Starrte nun auf diesen verdammten Laptop. Meine Gedanken waren auch wieder zurück, aber das nützte mir rein gar nichts. 
-Ich liebe ihn! Ich tu es! Egal, wer er ist... ich liebe ihn.- 
Sicher wusste ich, dass manchmal der Spruch "Herz über Kopf" andersherum besser ist. Dass gerade ich, die so emotional verkrüppelt und krank war, wohl kaum in der Lage sein kann, etwas, wie eine Beziehung, richtig einzuschätzen. Ich wusste, dass das mit ihm ungesund war. Hochgradig ungesund. Nun, das war es bisher gewesen. Jetzt hatten sich die Dinge geändert. 
Wenn er der Mörder meiner Familie ist, werde ich das herausfinden. Und ich werde ihn dafür büßen lassen. Jacob- ich würde Jacob dafür büßen lassen und genau das ist der Punkt. Wenn ich zurück denke, hatte sich Dean nur ein Mal anders verhalten. So sehr, dass es mir aufgefallen war. Vielleicht war es in diesem Moment Jacob gewesen. Es wäre furchtbar, denn das hieße, dass ich mit Jacob geschlafen hatte. Aber genau das ist der Punkt: Ich liebte Dean und nicht Jacob. Und so wie Maria sagte: Dean ist Jacobs Schutzcharakter. Ein Charakter! Genau so, wie Jacob und Mary und ich, war Dean echt! Real! Und unsere Liebe war es ebenso. Gut, okay- Jacob hatte dafür gesorgt, das Dean vermutlich wirklich mehr oder weniger unschuldige Menschen ermordet hatte und das war mehr als nicht ok. Und ja- Jacob hatte vermutlich meine Familie ermordet. Doch aber nicht Dean! 
Ich schluchzte auf und sofort legte sich eine Hand auf meine Schulter. Sofort wurde mir übel und ich schlug sie weg. 
"'schuldige.", murmelte er und schnaufte. Ich wandte mich langsam und mit einem so riesen Druck in meinem Magen, dass ich nicht versichern konnte, ihm nicht in Gesicht zu kotzen, um. Er saß noch immer dort und starrte ins Nichts. Seine Haut bleich und blutig. 
"Dean?", brachte ich hervor. Meine Stimmte war kaum zu hören. Seine Muskeln im Kiefer arbeiteten, doch er sah mich nicht an. Ich beobachtete jeden Millimeter seines Körpers. Noch immer in Embryonalstellung. Es verlangte alles von mir ab, aber ich zwang mich, weiter zu sprechen. 
"Damals, als wir im Hotel übernachtet haben. Da haben wir miteinander geschlafen."
Er sah mich noch immer nicht an, aber seine Muskeln arbeiteten jetzt wie wild. 
"Weißt du noch, wie du zu mir warst?"
Er runzelte die Stirn, doch wieder sah er mich nicht an. Sondern stattdessen zur anderen Seite an die Wand. 
"Antworte mir..", brachte ich hervor und als er es immer noch nicht tat, flehte ich: "Bitte. Wie warst du zu mir, Dean?"
"Vorsichtig.", brachte er hart hervor. Es quälte ihn, das spürte ich. Jetzt darüber zu reden. 
"Und?", hakte ich dennoch nach. Es war wichtig. 
"Vorsichtig und ... liebevoll. Sanft. Du bist.." er stockte und starrte wieder auf seine Hände. Ein Lächeln huschte über sein abgespanntes Gesicht. "Ich meine: Du warst so unerfahren, warmherzig und, und..."
Tränen rannen mir über die Wangen, während ich ihn beobachtete. Seine Wangen bekamen jetzt wieder etwas Farbe und sein Blick schien in weiter Ferne. 
"Du hast es verdient, mit Respekt behandelt zu werden.", er räusperte sich, "Ich hätte dir niemals weh tun können." Ein kurzes Lachen drang über seine Lippen, während er wieder auf seine Hände starrte, "Naja.. 'Die Dinge haben sich geändert', nicht wahr, Sam?"
Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Er zitierte mich. Und das bei dem Thema. Ich war kurz davor, darauf einzugehen, aber ich musste bei der Sache bleiben. 
"Kannst du dich noch an den einen Abend erinnern, Dean?" 
Wieder runzelte er seine Stirn, doch er sah mich noch immer nicht an. 
"Du kamst von einem Fall zurück ins Hotel und du...du hast mich nicht, wie sonst, in den Arm genommen. Du hast mich gepackt."
Er schluckte und seine Falten auf der Stirn wurden tiefer. 
"Mich an die Wand ge-", ich stockte und musste ein aufschluchzen unterdrücken, "Geschleudert. Du hast eine Hand auf meinen Mund gepresst. Gesagt: 'Halt den Mund.' "
"Nein.", unterbrach er mich. Heiße Tränen liefen unablässig über meine Wangen. 
"Du hast deine Hand in meine-"
"Sam!", unterbrach er mich wieder, aber ich hörte nicht auf. 
"Dabei warst du hart und grob. Wir waren noch angezogen. Da an der Wand hatten wir Sex. Und es tat weh..."
"Hör' auf!", rief er jetzt aus und endlich blickte er mich an, "Du lügst! So wäre ich niemals mit dir umgegangen! Du lügst!"
Seine grünen Augen funkelten mich gleichermaßen wütend, als auch verletzt an. Und ich sah nicht, als die pure Wahrheit in ihnen. In meinem Magen löste sich etwas. Als hätte jemand das Seil gekappt, das mich und den Anker verband, der mich in die Tiefe gezerrt hat. Ich konnte nicht anders, als aufzulachen. Eine Flut der Erleichterung spülte warm durch meine Adern. 
"Oh mein Gott, Dean..", brachte ich hervor und wollte nach seiner Hand greifen, aber er zog sie weg. 
"Du behauptest, ich wäre Jacob?! Ich wäre verrückt!?"
"Alles was ich jetzt weiß, ist, dass du echt bist. Du kannst dich nicht an den Abend erinnern, das heißt...", ich keuchte vor Freude auf, "Dean- Jacob ist zwar auch da, aber du bist echt!"
"Halt den Mund!", rief er aus und stand plötzlich auf. Ich richtete mich lahm auf. Er stand ein paar Schritte entfernt von mir. Starrte mich an, jetzt wieder leichenblass. 
"Du willst mir also sagen, dass ich nicht aus einer anderen Realität komme? Dass Dean Winchester- dass ich nur ein Hirngespinst von Jacob bin?!"
"Das habe ich nie gesagt.", sagte ich kopfschüttelnd und streckte den Arm nach ihm aus. Aber er wich zurück. 
"Ich bin nicht dumm, Samantha!", brüllte er mich an, "Maria hat dir eingeredet, ich hätte deine Familie ermordet! Und du glaubst ihr auch noch!"
Pure Verzweiflung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Das tat ihm weh. Das tat ihm ernsthaft weh und ich musste wieder auflachen vor Glück! Denn das war ein Zeichen dafür, dass Dean genauso eine eigenständige Person war, wie Jacob.  
"Nein, Dean.", begann ich wieder. Ganz aufgeregt und euphorisch. Es machte alles einen Sinn! Meine Gefühle waren nicht krank und ich konnte ihn retten!
"Ich werde dir helfen, okay? Dich von Jacob befreien! Ich-"
"Oh meine Gott!", schrie er und kam auf mich zu getrampelt. Seine Augen sprühten vor Wut. 
"Sieh' mich an, Samantha.", befahl er mit ruhiger Stimme und ich gehorchte ihm, "Sieh' mir in die Augen und sag mir, dass ich unschuldige Menschen töte. Dass ich Kinder töte!"
"D-das..Dean, das ist nicht so einfach. D-du.."
Er fasste mich jetzt an den Schultern und beugte sich tief zu mir herunter. Blickte mir direkt ins Herz und verbrannte alles darin. 
"Ich liebe dich und du machst mich wahnsinnig." Seine Augen waren rot und da waren sie tatsächlich. Tränen. Geschockt blinzelte ich ihn an, während er im Bad verschwand. Die Tür hart hinter sich zuschlagend. 
-Was zum...Was ist gerade passiert?- 



Was schlecht ist, gehört verbessert! ;) 

Life is not what it seems.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt