"Was tust du da?", murmelte ich in die Decke. Er saß, zu meinem Bedauern, in Jeans und T-shirt, am Wohnzimmertisch und stierte in meinen Laptop. Ich ließ ihn noch immer nicht in mein Zimmer. Dass er mein Passwort kannte, wunderte mich nicht. Komisch, jetzt war er erst zwei Nächte bei mir und es fühlte sich an, als wäre er nie weg gewesen. Das war nicht gut. Absolut nicht.
"Recherchieren.", sagte er, drehte sich zu mir um und seufzte, "Sam ist eindeutig besser darin."
"Huh?", fragte ich verwirrt und rieb mir die Augen. Er wandte sich zu mir und lächelte mich an: "Mein Bruder."
"Stimmt.", brummte ich und setzte mich auf, "Der existiert ja auch noch. Wo springt er gerade rum, huh?"
"Ich hoffe, er tötet gerade den Guhl in Ostberlin. Irgendwie sind eure Monster... anders." Er zog eine Augenbraue hoch, "Sie sind ziemlich leicht zu töten. Aber schwerer zu finden."
"Tjah! Der Charm unserer Realität.", schmunzelte ich, erleichtert, dass unsere Monster feige Weicheier waren. Gähnend streckte ich mich und blinzelte Dean entgegen.
"Wie spät ist...", ich brach ab, als ich seinen abwesenden Blick bemerkte.
"Dean!", rief ich und musste lachen, als ich diesen typischen und abgewetzten Spruch tatsächlich ein Mal verwenden durfte: "Meine Augen sind hier oben!"
Er wurde nicht ein Mal rot- was erwartete ich auch. Nach der letzten Nacht, sollte wohl eher ich rot werden.
"Das hat dich gestern auch nicht gestört.", schmunzelte er und kam auf mich zu gekrabbelt. In mich hinein giggelnd und mit einem platzendem Herzen, legte ich mich hin. Langsam tauchte er über mir auf und murmelte leise und mit dieser verdammt verführerischen Stimme: "Und da habe ich ganz andere Dinge mit ihnen gemacht."
Ich brachte keinen Ton hervor, als er sich zu mir herunter beugte und mich küsste. Ja- er hat die Oberhand nach noch nicht Mal 48 Stunden wieder erlangt. Aber das war mir nur Recht. In dieser Rolle fühlte ich mich sicherer. Auch, wenn sie im Bett wohl eher das Gegenteil hervorrufen sollte.
Sanft liebkoste Dean meine Lippen. Seine Hand fasste gerade in meinen Nacken, als sein Handy klingelte. Brummend löste er sich von mir.
"Wirklich?", seufzte ich und stützte mich auf die Ellenbogen, um ihn strafend ansehen zu können.
"Es ist Sammy.", sagte er, "Es-es ist wichtig."
"Wichtig.", wiederholte ich skeptisch. Er gab mir nur hastig einen entschuldigenden Kuss und verschwand telefonierend aus dem Zimmer. Ich zog mich gerade an, als nach etwa einer halben Stunde ein "Ich bin weg!" kam. Ich stürzte zur Tür, aber zu spät! Er war weg. Bevor der Wahnsinn über mich hereinbrechen konnte, schlug ich mir so heftig ins Gesicht, dass ich Sternchen sah. Schnaufend lief ich auf nackten Füßen in die Küche. Dean Winchester. Dean Winchester. Verschiedene Realitäten. Die existieren! Früher dachte ich immer, sich die Unendlichkeit vorzustellen, täte am meisten im Kopf weh. Aber wie sich meine Gedanken um diese Tatsachen wanden, das war noch schlimmer! Vielleicht auch einfach nur, weil es Dean war. Der Typ...der Typ. Ich hatte mir gerade einen Kaffee fertig gemacht, als es an die Tür klopfte. Heftig. Ich rollte mit den Augen und ging noch immer nackt zur Tür. Hatte er sich es also anders überlegt? Als ich durch den Spion sah, entdeckte ich keine grünen, sondern riesige dunkelbraune Augen. Maria. Scheiße! Sofort schloss ich auf. Sie flog mir in die Arme, ungeachtet meiner Nacktheit.
"Gott, dir geht es gut.", keuchte sie. Ich verschüttete Kaffee über ihren Mantel und fluchte wieder.
"Maria! Es tut mir so Leid! Ich habe deinen Geburtstag vergessen. Die Torte, ich habe sie..."
Sie hatte mich an der Hand genommen und zog mich in mein Zimmer. Sie war die einzige, dich ich rein ließ.
"Du wirst es nicht glauben.", fuhr ich fort, während sie sich an meinen PC setzte und wild auf die Tastatur hämmerte.
"Die Torte. Rate, wer sie gegessen hat."
"Dean.", gab sie trocken zurück, ohne mich anzusehen. Ich bekam einen Herzschlag und setzte die Tasse ab.
Bevor ich etwas fragen konnte, begann sie zu erzählen. Sie erzählte mir, dass ich nicht die einzige wäre, die in den letzten 6 Jahren Forschungen in Bezug auf Dean betrieben hätte. Meine sahen natürlich anders aus. Maria hatte ganz sicher keine Wände voll mit Pinnwänden, Fotos von Dean und Jensen Ackles und dessen Doppelgänger. Oder von Berichten über Löcher in Realitäten. Tunnel oder Brunnen. Artikel über plötzlich verschwundene Menschen, als hätten sie sich in Luft aufgelöst. Hunderte von verschiedensten Kombinationen von verschiedensten Dingen, um ein Loch im Kontinuum zu finden. Aber sie hatte geforscht. Und was sie mir dann zeigte, brachte mich für mindestens eine Stunde außer Gefecht. Es war nichts, im Vergleich zum Wahnsinn. Es war die pure Haltlosigkeit. Nichts existierte mehr. Ward ihr schon mal im Meer baden und es war so heftige See, das ihr von einer Welle erfasst wurdet? Untergetaucht und umhergewirbelt wurdet? Nicht mehr wusstet, wo oben und unten war, oder ob ihr es überhaupt an die Luft schafft? Stellt euch dieses Gefühl 10 Mal so heftig vor. Sie zeigte mir verschiedene Fotos und Beweise, aber ich sah nichts. Hörte nur ihre Stimme, als schrie sie mich durch ein Megaphon an.
"Die Morde vor sechs Jahren haben eine Woche, bevor du mir von Dean Winchester erzählt hast, begonnen. Sie haben eine Spur aufgenommen und weißt du, wann sie sie verloren haben? Wann die Morde aufhörten? An dem Tag, als du mir sagtest, er wäre fort!"
Ich keuchte und zitterte am ganzen Leib. Na und? Na und?! Zufall. Ich wollte es ihr entgegen schleudern, aber brachte keinen Ton hervor.
"Als du von diesen Typen angegriffen wurdest- das eine Mal an der Schule und das andere Mal im Hotel- da habe ich dich untersuchen lassen. Beide Male haben sie, zum Glück, eine fremde DNA gefunden und weißt du was? Sie stimmt mit der überein, die sie an den Toten gefunden haben."
"Dann war mein Angreifer- der Waldmann- eben auch...", begann ich lahm und unsicher, aber sie unterbrach mich.
"Gestern haben sie wieder einen Toten gefunden. Und alles deutet auf den Mörder, vor sechs Jahren hin. Und weißt du, wen ich heute an mir vorbeifahren sehe? Dean! Samantha! Verstehst du nicht!"
Sie sprang von ihrem Stuhl und schüttelte mich an den Schultern.
"Oh doch, ich verstehe.", brachte ich hervor, "Du glaubst, Dean Winchester wäre der Waldmann. Der Mörder meiner Familie."
"Nein!", rief sie, "Ich glaube nicht mal annähernd daran, dass dieser Typ Dean Winchester ist oder überhaupt Dean heißt, geschweige denn vom FBI und auf diesen Fall angesetzt ist! Ich glaube-"
"Halt die Fresse!", rief ich aus und stieß sie zurück in den Stuhl. Adrenalin pumpte durch meine Adern. Ich hatte die Oberfläche des Wassers wieder erreicht und kam zurück ins Leben.
"Das ist überhaupt kein Beweis, Maria!", brüllte ich.
"Das war auch noch nicht alles-", begann sie wieder, aber nun unterbrach ich sie.
"Nein! Hör mir mal zu!", ich straffte meine Schultern und sie blinzelte vollkommen perplex, "Das mag sich ja alles sehr logisch anhören, aber warum sollte der Mörder meiner Familie, mich versuchen zu töten, um dann sechs Jahre wieder zu verschwinden? Und abgesehen davon: Wenn er mich hätte töten wollen, Maria, dann hätte er schon etliche Gelegenheiten dazu gehabt. Er hätte mich schon in der Bar töten können."
Sie atmete tief ein und aus und nickte: "Das war auch mein Gedanke. Deswegen habe ich die Befürchtung, dass er dich gar nicht töten will."
"Und warum hast du davor Angst?", fragte ich verwirrt.
"Weil du einen Mörder liebst, einen Wahnsinnigen. Und er dich will."
Ich atmete tief ein und aus. Wie erklärte man einem Menschen, der an nichts glaubte, was er nicht anfassen konnte, dass eine Person aus einer Serie echt wahr? Real!
"Wenn er dieser Mörder ist, Maria, dann wird er seine Gründe gehabt haben. Er ist, sozusagen, ein Geisterjäger. Diese Menschen waren vermutlich-"
"Kinder?! Ja?!", brüllte sie mich an und stand auf. Sie sah mir direkt in die Augen und ihre Stimme wurde jetzt leise und liebevoll.
"Ich habe dir Jahre dabei zugesehen, wie du zwar wahnsinnig wurdest, aber gleichzeitig- wie auch immer du das angestellt hast- in der Realität geblieben bist. Du hast wieder Struktur und Ordnung in dein Leben bringen können."
"Was willst du mir damit sagen?", fragte ich verwirrt.
"Beweise mir, dass er nicht der Mörder dieser Menschen ist, und ich will euch eine Chance geben."
Ich sah etwas in ihren Augen- ein Blitzen- was ich nicht zuordnen konnte. Und nach ihrem Vortrag kam mir diese Chance etwas seltsam vor. Warum sollte sie das tun, wenn sie sich doch sicher war, dass Dean der Waldmann war? Aber ich verdrängte die Fragen, vielleicht lag es daran, dass sie abgelenkt von meiner Nacktheit war oder etwas in der Art. Es war egal, denn was zählte, war, dass sie mich scheinbar zu ihm ließ. Und das war alles, was ich brauchte, um mit ihm zu fliehen.
Sie denken, sie passen auf mich auf? Ha.
Was schlecht ist, gehört verbessert! :D Freu mich, über eure Meinung!
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Life is not what it seems.
FanfictionTW: Gewalt, Alkoholabhängigkeit, toxische Beziehungen, Mord, Manipulation, Depressionen, Sex, KEIN HAPPY END Ein grauenvoller Mord an ihrer Familie machte Samantha Wolf schlagartig zu einer Waise. Alkohol, Maria und ihre Lieblingsserie "Supernatural...